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Die Renten-Fresser

Zeit und Inflation „fressen“ derzeit ordentlich an der Rente – aber auch sonst lohnt es sich kaum, in Österreich länger zu arbeiten. Denn wie so oft wird auch hier ein Mehr an Leistung mit einem unverhältnismäßigen Mehr an Abgaben „bestraft“.

Die Diskussion über unser Pensionssystem scheint in einer Lose–Lose-Situation zu münden. Länger zu arbeiten, ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Wirksamkeit unseres Wirtschafts- und Sozialsystems. So gilt bei Beamt:innen immer schon, dass sie nicht in Pension, sondern nur in den „Ruhestand“ gehen, aus dem der Staat sie im Bedarfsfall zurückholen kann. Wie gut täte es vielen Unternehmen, auch ihre ehemaligen Mitarbeiter:innen von ihren Malkursen, Weltreisen, Bridge- und Golfrunden in den Betrieb zurückholen zu können. Und etliche Pensionist:innen können sich Teilzeit- oder projektbezogene Arbeit in ihrer Pension durchaus vorstellen.

Aber allzu viele unlustige Randbedingungen sprechen gegen einen Nebenverdienst zur Pension. Erwähnt seien nur die weiter zu bezahlenden hohen Beiträge in der SVS für Pensionsversicherungszeiten, die niemals lukriert werden können. Aktuell gilt, wer 65 Jahre alt ist und 45 Jahre gearbeitet hat, darf weiterhin mit 80 Prozent Pension rechnen. Wer weniger Arbeitsjahre vorweisen kann, oder früher in Ruhestand gehen will, muss Abschläge in Kauf nehmen. Nur so am Rande für uns Frauen: Jahrgang 1968 ist der erste, der gleichgestellt mit Männern das Regelpensionsantrittsalter von 65 Jahren erreichen muss.

Länger arbeiten lohnt sich nicht

So weit, so gut. Doch jetzt droht die Inflation dem einen Strich durch die Rechnung zu machen. Sollen nämlich die steigenden Preise nicht gleichzeitig zu einer Minderung der Pension führen, ist der Zeitpunkt des Pensionsantritts entscheidend. Schuld daran ist die vom Staat herangezogene Berechnung der Aliquotierung und der Wertsicherung.

Um das zu verstehen, schauen wir uns die Situation von Gabi an, der guten Seele der Kanzlei: Vor Jahrzehnten als Lehrling begonnen, hat sie in den letzten Jahren durchschnittlich verdient und laufend auf ihr Pensionskonto eingezahlt, weil sie ja Monat für Monat arbeiten geht. Das Gesetz sieht vor, dass jedes Jahr die gesamten Pensionsbeiträge aufgewertet werden, damit es dem heutigen Lebensstandard gerecht wird. Der Staat setzte damit sein Versprechen um, wonach lebenslanges Arbeiten zu belohnen sei. Gabis Pension schien gesichert.

Doch dieses Versprechen scheint nun nicht mehr zu gelten. Zum Jahreswechsel werden für Indexierungen die Lohnerhöhungen von vor zwei Jahren herangezogen. Die Inflation 2022 fiel aber fast dreimal so hoch aus wie in den Jahren davor. Dies bedeutet, dass die hohen Gehaltsabschlüsse aufgrund der hohen Inflation erst mit dem Rentenantritt 2025 Eingang in die Pensionen finden. Wer zwischen heute und dem Jahr 2025 in Rente geht, bekommt de facto statt der versprochenen 80 Prozent – wenn überhaupt – nur 72 Prozent Pension ausbezahlt.

Nur, wer im Jänner in Pension geht, erhält im folgenden Jahr die volle Erhöhung. Der Wert reduziert sich dann von Monat zu Monat. Würde sich die Kanzleihilfe Gabi entscheiden, länger zu arbeiten, und ginge erst im November oder Dezember in Pension, erhielte sie im ersten vollen Pensionsjahr überhaupt keine Erhöhung – länger zu arbeiten lohnt sich nicht. Die Künstliche Intelligenz Chat GPT wird da nicht helfen – der gute alte Hausverstand und ein Miteinanderreden in der Politik sind jetzt gefragt.


Foto: beigestellt

Über die Autorin: Claudia Stadler ist Gesellschafterin-Geschäftsführerin der Steuerberatungskanzlei www.cSt-causa.at in Wien und bietet Klient:innen individuell maßgeschneiderte Lösungen an. Sie ist seit 2017 gerichtliche Mediatorin und daher auch Expertin für konfliktfreie Lösungen.

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