StartBusinessKarriereFrauen in Führungspositionen: Schluss mit dem Mythos vom "doppelten Druck"

Frauen in Führungspositionen: Schluss mit dem Mythos vom „doppelten Druck“

Schluss mit veralteten Klischees. Lea Baptista, Geschäftsführerin der DAB, zeigt in ihrem Gastbeitrag, warum der Mythos vom „doppelten Druck“ für Frauen in Führungspositionen nicht mehr haltbar ist – und weshalb es höchste Zeit für neue Perspektiven ist.

Social Media und gefühlt die ganze Welt sind voll mit Business-Heldinnen. Doch wie echt ist diese Darstellung wirklich? Frauen in der Wirtschaft sehen sich immer wieder mit der These konfrontiert, dass sie es als Führungskräfte schwerer haben als ihre männlichen Kollegen. Der „doppelte Druck“, von dem oft die Rede ist, basiert auf der Annahme, dass Frauen sich ständig beweisen müssen – sowohl gegenüber ihren Teams als auch innerhalb der traditionell von Männern dominierten Businesswelt. Doch ist das wirklich so? Oder ist es an der Zeit, diese Sichtweise grundlegend zu hinterfragen? Alte Debatten grätschen in die neue Leichtigkeit, die im Grunde ganz nah sein könnte.

Ein Narrativ, das Frauen nicht hilft

Die Vorstellung, dass Frauen es in Führungsrollen grundsätzlich schwerer haben, ist tief in unserer Gesellschaft verankert. Doch diese Annahme ist nicht nur überholt, sondern kann auch zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden. Wer permanent davon ausgeht, benachteiligt zu sein, wird Herausforderungen nicht als Entwicklungschancen, sondern als Bestätigung des eigenen Nachteils wahrnehmen.

„Oft neigen Frauen dazu, strukturelle Probleme mit individuellen Schwächen zu verwechseln.“

Führung bedeutet, Verantwortung zu übernehmen, Entscheidungen zu treffen und das eigene Team zu unterstützen – unabhängig vom Geschlecht. Doch oft neigen Frauen dazu, strukturelle Probleme mit individuellen Schwächen zu verwechseln. Wenn Mitarbeitende Aufgaben nicht wie erwartet erfüllen oder Konflikte entstehen, liegt es selten daran, dass eine Frau an der Spitze steht, sondern vielmehr an fehlender Klarheit in der Kommunikation oder an unklar definierten Prozessen. Hier helfen Reflexion und Weiterentwicklung – keine Selbstzweifel.

Ein weiteres Problem ist, dass sich Frauen häufig an überkommenen Erwartungen messen lassen. Es wird erwartet, dass sie gleichermaßen durchsetzungsfähig wie empathisch sind, ihre Teams fordern und fördern, ohne dabei als „zu hart“ oder „zu weich“ zu gelten. Diese Gratwanderung kann zu einem ständigen inneren Druck führen. Doch statt sich diesen fremden Maßstäben zu unterwerfen, ist es sinnvoller, den eigenen Führungsstil bewusst zu entwickeln und selbstbewusst zu vertreten.

Frauen haben auch Vorteile als Führungskräfte

Anstatt sich auf vermeintliche Nachteile zu konzentrieren, lohnt es sich, die Stärken von Frauen in Führungsrollen in den Fokus zu rücken. Studien zeigen, dass Empathie, Wertschätzung und eine klare Kommunikationsstrategie entscheidende Faktoren für gutes Leadership sind. Eigenschaften, die oft mit weiblicher Führung in Verbindung gebracht werden.

Eine gute Führungskraft zeichnet sich nicht durch Dominanz aus, sondern durch die Fähigkeit, Teams so zu unterstützen, dass jede:r Einzelne sein volles Potenzial entfalten kann. Mitarbeiter:innen, die sich gesehen und wertgeschätzt fühlen, sind motivierter und produktiver – und genau hier können Frauen punkten. Studien belegen, dass weibliche Führungskräfte häufig einen kooperativeren und mitarbeiterzentrierten Ansatz verfolgen, der sich positiv auf die Unternehmenskultur auswirkt.

Zudem verfügen Frauen häufig über ausgeprägte Soft Skills, die in der modernen Arbeitswelt immer wichtiger werden. Zuhören, Konflikte deeskalieren, Teamdynamiken verstehen – all das sind Qualitäten, die eine starke Führungskraft auszeichnen. Unternehmen, die Frauen gezielt in Führungspositionen bringen, profitieren von einer diverseren, inklusiveren und letztlich innovativeren Unternehmenskultur.

Wertschätzung als Führungsprinzip

Ein Schlüssel zu erfolgreicher Führung ist die bewusste Pflege einer Kultur der Wertschätzung. Dies kann auf unterschiedlichste Weise geschehen: durch gezieltes, ehrliches Feedback, durch kleine Gesten der Anerkennung oder auch durch das aktive Zuhören und Ernstnehmen von Anliegen.

In vielen Unternehmen wird das Thema Wertschätzung jedoch noch immer unterschätzt. Führungskräfte, die sich nicht bewusst mit dem Klima in ihrem Team auseinandersetzen, riskieren eine hohe Fluktuation und Demotivation ihrer Mitarbeitenden. Dabei sind es oft die kleinen Dinge, die den Unterschied machen: eine aufrichtige Dankes-Mail, die öffentliche Anerkennung einer besonderen Leistung oder ein Gespräch, das zeigt, dass sich die Führungskraft für die Belange ihrer Mitarbeiter interessiert.

„Eine starke Führungspersönlichkeit wächst aus einer reflektierten, gefestigten inneren Haltung heraus – unabhängig vom Geschlecht.“

Wertschätzung ist dabei kein geschlechtsspezifisches Konzept, sondern ein Prinzip der Geisteshaltung. Sie ist eng mit der persönlichen Entwicklung und der eigenen Arbeit an sich selbst verknüpft. Wer sich selbst mit Respekt und Anerkennung begegnet, wird auch im Umgang mit anderen ein natürliches Gespür für Fairness und Anerkennung entwickeln. Eine starke Führungspersönlichkeit wächst aus einer reflektierten, gefestigten inneren Haltung heraus – unabhängig vom Geschlecht.

Einige Unternehmen gehen sogar noch weiter und setzen auf gezielte Programme zur Förderung weiblicher Führungskräfte. Diese reichen von Mentoring-Programmen bis hin zu Netzwerken, in denen Frauen sich gegenseitig unterstützen. Der Austausch mit Gleichgesinnten kann dabei helfen, Unsicherheiten zu überwinden und eine starke, selbstbewusste Führungsrolle zu entwickeln.

Die Herausforderung der Vereinbarkeit von Karriere und Familie

Ein Aspekt, der oft zum Narrativ des „doppelten Drucks“ beiträgt, ist die Herausforderung, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Während männliche Führungskräfte oft als selbstverständlich wahrgenommen werden, sehen sich viele Frauen mit unausgesprochenen Erwartungen konfrontiert: Karriere ja – aber bitte nicht auf Kosten der Familie. Dies führt dazu, dass Frauen sich oft zwischen zwei Welten zerreißen und das Gefühl haben, in keiner Rolle vollständig aufzugehen.

Hier sind jedoch nicht die Frauen selbst gefordert, sondern vielmehr die Strukturen in Unternehmen und der Gesellschaft. Flexible Arbeitsmodelle, Elternzeit für beide Geschlechter und eine neue Definition von Erfolg sind zentrale Stellschrauben, um die Gleichstellung im Berufsleben voranzutreiben. Eine moderne Führungskraft – egal ob männlich oder weiblich – sollte sich nicht zwischen Karriere und Privatleben entscheiden müssen, sondern beides in Einklang bringen können.

Fazit: Die Debatte neu führen

Es ist an der Zeit, das Narrativ zu verändern. Frauen sind nicht per se benachteiligt, wenn sie eine Führungsrolle übernehmen – sie haben sogar vielfältige Vorteile. Entscheidend ist, sich nicht von äußeren Klischees beeinflussen zu lassen, sondern bewusst den eigenen Weg zu gehen. Selbstreflexion, klare Kommunikation und eine Kultur der Wertschätzung sind dabei die besten Mittel, um nachhaltig erfolgreich zu sein – nicht nur als Frau, sondern als Führungskraft insgesamt.

Letztlich braucht es eine neue Definition von Leadership, die weniger an Geschlechterrollen gebunden ist und vielmehr auf Kompetenzen und Persönlichkeit setzt. Wer das verinnerlicht, kann nicht nur sich selbst weiterentwickeln, sondern auch einen positiven Wandel in der Unternehmenskultur anstoßen.

Fünf konkrete Learnings für den eigenen Führungsstil

  1. Klare Kommunikation etablieren – Erwartungen und Ziele sollten offen und präzise formuliert werden, um Missverständnisse zu vermeiden und Mitarbeitende bestmöglich zu unterstützen.
  2. Wertschätzung gezielt einsetzen – Anerkennung und konstruktives Feedback fördern Motivation und Loyalität im Team.
  3. Den eigenen Führungsstil definieren – Wer authentisch bleibt und sich nicht von externen Erwartungen beeinflussen lässt, strahlt Souveränität und Kompetenz aus.
  4. Netzwerke nutzen und Mentoring suchen – Der Austausch mit anderen Führungskräften hilft, neue Perspektiven zu gewinnen und Herausforderungen besser zu bewältigen.
  5. Flexibilität als Stärke sehen – Beruf und Privatleben lassen sich nur dann erfolgreich verbinden, wenn man sich von überholten Rollenbildern löst und moderne Arbeitsmodelle nutzt.

Über die Autorin:

Lea Baptista ist Geschäftsführerin der DAB – Deutsche Akademie für berufliche Weiterbildung, Autorin und Coach. Sie unterstützt Menschen bei beruflichen Herausforderungen und begleitet Unternehmen dabei, ihre Vertriebsprozesse aufzubauen und nachhaltig zu skalieren. Als Expertin für Prozessoptimierung schult sie Mitarbeitende in Kommunikation, Recruiting und Persönlichkeitsentwicklung. Zudem engagiert sie sich in der Startup-Szene, berät Gründer:innen und fördert nachhaltiges Wachstum. Mit praxisnahen Programmen und Workshops legt sie den Fokus auf persönliche Entwicklung und unternehmerischen Erfolg.

 

 

 

 

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