StartRolemodels„Zeigt, was ihr könnt!“

„Zeigt, was ihr könnt!“

Unter der Führung von Elisabeth Geyer-Schall wurde die Raiffeisen Bank International (RBI) fit für die Herausforderungen der Digitalisierung gemacht. Im Interview erzählt sie, wie das gelungen ist und wieso es gerade für Frauen wichtig ist, sich mehr Verantwortung zuzutrauen.

Sie haben eine wichtige Transformation bei der RBI eingeläutet. Worum ging es da?

Ich habe 2017 die Umstellung auf agiles Arbeiten initiiert und verantworte seither die agile Transformation bei der RBI. Damals war der Bankensektor im Umbruch, die Digitalisierung hat alle Parameter verändert. In einer großen Bank mit langer Tradition muss man einiges verändern, damit sie in punkto Innovation das kann, was etwa Tech-Player wie Amazon und Netflix von Haus aus mitbringen. Wir wollten daher an unserer Innovationsstärke arbeiten, um uns neuen Rahmenbedingungen rascher anpassen zu können. Das Wichtigste war dabei, die Kund:innen und ihre Bedürfnisse stärker ins Zentrum zu setzen.

Welche Veränderungen der Arbeitsweise wurden dazu konkret durchgeführt?

Es ging vor allem um die Zusammenarbeit zwischen Business und IT. Agiles Arbeiten bedeutet dabei konkret, dass Fachbereiche und IT nicht mehr getrennt sind, sondern in gemeinsamen Teams für dasselbe Ziel arbeiten und in engem Austausch stehen. So können wir unseren Kunden in viel kürzeren Zyklen Innovationen liefern. Banken haben früher oft sechs bis neun Monate für neue Releases gebraucht. Mit der agilen Arbeitsweise können wir alle 14 Tage den Kund:innen Verbesserungen zur Verfügung stellen. Dafür ist auch eine starke Lernkultur nötig, wir stellen uns regelmäßig die Frage: „Was hat gut funktioniert? Was nicht so gut? Was müssen wir ändern?“ Dank agiler Arbeitsweise sind wir nun viel mutiger und auch ganz vorne mit dabei, wenn es um neue Technologien geht. Außerdem schätzen unsere Mitarbeiter:innen das agile Arbeiten dafür, dass sie autonom in Teams arbeiten können, kontinuierlich lernen und ihr volles Potential einbringen können.

Was ist wichtig, wenn man so große Änderungen durchführt, die viele Mitarbeiter:innen betreffen?

Aus meiner Sicht war es sehr wichtig, den Mitarbeiter:innen verständlich zu machen, warum wir uns verändern müssen. Dann ging es darum, ein möglichst klares Bild zu geben, was wir vorhaben. Jeder muss verstehen: „Was bedeutet Agilität konkret? Was bedeutet das für mich als Mitarbeiter:in? Was wird künftig anders?“. Kommunikation ist das Um und Auf und – was noch viel wichtiger ist – Unterstützung der Mitarbeiter:innen in diesem Veränderungsprozess. Dieser Prozess war für uns nicht nur ein Set von tollen Powerpoint-Folien, sondern wir haben Wert darauf gelegt, die Menschen wirklich in der Umsetzung zu begleiten. Dazu haben wir stark mit Agilen Coaches gearbeitet, die unsere Kolleg:innen in den Teams dabei unterstützt haben, agile Arbeitsmethoden- und -prinzipien umzusetzen. Es hat mich sehr gefreut, dass das Feedback von den einzelnen Abteilungen und Kolleg:innen dann sehr gut war. Zusätzlich haben wir in der IT als Führungsteam intensiv zusammengearbeitet, um den Veränderungsprozess gemeinsam zu ermöglichen. In Summe entstand eine große positive Aufbruchstimmung.

Sowohl in Spitzenpositionen bei Banken, als auch in der IT-Branche ist der Frauenanteil nach wie vor gering. Was braucht man, um sich da als Frau durchzusetzen? Was würden Sie jungen Frauen raten?

Ich glaube, drei Zutaten sind wichtig: Erstens, mit der eigenen Leistung und Expertise etwas bewirken zu können. Zweitens, Mut, den nächsten Schritt zu machen und mehr Verantwortung zu übernehmen. Und drittens, die eigenen Chancen zu nutzen. Da sind Frauen leider manchmal noch ein bisschen zu zurückhaltend. Darum würde ich raten: Übernehmt Verantwortung und zeigt, was ihr könnt. Zusammenarbeit ist dabei aber auch enorm wichtig. Ich bin eine große Unterstützerin einer Team-Kultur und halte wenig von Ego-Kultur. Speziell in einer agilen Organisation ist es leichter für junge weibliche Talente, in eine Führungsposition zu kommen, z.B. Product OwnerIn. Hier ist nicht die Anzahl Dienstjahre und die Position in der Linie entscheidend, sondern die Fähigkeit wirtschaftlich zu denken und mutige Entscheidungen zu treffen.

Wie fördert die RBI Frauen und generell Diversität? Haben Sie selbst von Unterstützung profitiert?

Die RBI fördert Frauen und Diversität ziemlich gut, ich bin sehr froh über die Angebote in der Bank. Wir haben Communities für die verschiedensten Themen geschaffen, von Diversität über klassische Frauenthemen wie „Women in IT“. Bei uns kümmert man sich darum, den Frauen einerseits Netzwerke aufzubauen, in denen sie sich austauschen und gegenseitig stärken können. Und andererseits Impulse zu bringen, mit denen wir die Leute in ihrem Fachbereich stärken, etwa mit Impulsvorträgen, aber auch mit Learning Journeys. Da geht es um Selbstbewusstseinsthemen à la „Wie trete ich auf?“. In Summe bietet die RBI also viel an, um Frauen auf ihren Entwicklungswegen zu begleiten.

Wie haben Sie selbst in Führungspositionen Frauen gefördert?

Zum einen habe ich Woman Empowerment Journeys und Hearing Simulations in unserer Fraueninitiative etabliert. Zum anderen versuche ich viele Frauen aktiv zu unterstützen, den richtigen nächsten Schritt zu setzen und Verantwortung zu übernehmen. In unserem agilen Setup gibt es viele verschiedene Rollen in denen Führung gelebt wird. Führung ist bei uns längst nicht mehr auf Linienfunktionen allein reduziert. So finden sich Frauen in Führungsfunktionen in verschiedensten Rollen, wie zB.: Scrum Master, Delivery Manager, Product Owner/Platform Owner, Linien Manager. In der IT ist uns darüber hinaus aber auch die Karriere zur Expertin gleichermaßen wichtig wie eine Führungskarriere.

Wie wichtig sind Frauen in Spitzenpositionen als Vorbilder?

Vorbilder sind definitiv wichtig. Mein Eindruck ist, dass Frauen sich oft Gedanken machen, ob sie alles abdecken können und ob sie perfekt qualifiziert für eine Position sind. Und da hilft es natürlich, wenn sie sehen: Es gibt Frauen, die haben es geschafft, die machen ihren Weg, bewirken dabei etwas – und das, obwohl sie auch nicht alles perfekt können. Denn niemand kann alles perfekt. Als solches Vorbild sehe ich mich gerne – nicht perfekt in jeder Hinsicht, aber sehr engagiert, in meiner Führungsrolle einen Unterschied für die Bank, die Kund:innen und Kolleg:innen zu machen.


Elisabeth Geyer-Schall verantwortet in der RBI den Bereich Group Core IT, Data & Platforms

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