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Funktioniert Gehaltstransparenz?

Das Transparentmachen von Gehaltsrichtlinien über das ganze Unternehmen hinweg ermöglicht nicht nur berufliches Wachstum, sondern versachlicht schwierige Performance-Diskussionen. Dennoch ist es schwierig zu implementieren, weiß Fair-Pay-Expertin Martina Ernst.

Anlässlich ihrer Umfrage #geheimGEHALTen zum Thema Gehaltstransparenz hatte die Kommunikationsagentur Ketchum Austria einen Mann zitiert, der meinte, Gehalt sei ein ähnliches Tabuthema wie Sex. Und wenn man vielen psychologischen Studien glauben dürfe, dann erhöhe sich die Qualität, indem man offen darüber spricht. Die Frage ist nur, warum sich dann so viele Unternehmen davor scheuen, das Thema Gehalt offen anzugehen?

Fakt ist:

  1. Die Generation Z nennt das Gehalt an erster bis maximal dritter Stelle (je nach
    Umfrageinstitut) in ihrer Wunschliste an den künftigen Arbeitgeber bzw. als Grund für die Wechselbereitschaft.
  2. Die ESG-Berichtspflicht fordert klare Kennzahlen für Equal Pay und angemessene Gehälter.
  3. Die EU hat eine neue Richtlinie zu Equal Pay und Lohntransparenz verabschiedet, wonach Unternehmen ab 2026 sechs Monate Zeit haben, um einen Gender-Pay-Gap, der größer als fünf Prozent ist, zu beheben – um nur eine der nötigen Vorschriften aufzuzeigen.
  4. Es gibt längst recht gute Gehaltsübersichten am Markt, die jede Bewerberin
    leicht online findet.

Wie können Firmen dieses für sie heikle Terrain betreten?

Wer an Gehalt denkt, denkt an womöglich nicht leistbare Mehrkosten fürs Unternehmen. Stattdessen sollte man die folgenden vier Aspekte im Blick haben:

  1. Wer attraktiver Arbeitgeber sein will, wird ein Klima der Inklusion schaffen, in dem Werte wie Gemeinschaft, Fairness und Chancengleichheit eine Selbstverständlichkeit sind – und Equal Pay, also gleiche Bezahlung für gleiche Jobs und vergleichbare Leistung, ist dabei ein absolutes Muss.
  2. Nachvollziehbare, transparente Vergütungsregeln, nach denen Bezahlung
    und Gehaltserhöhungen funktionieren, verhindern unnötig hohe Gehaltserhöhungen und erlauben es Unternehmen, die Personalkosten im Griff zu haben. Klingt sonderbar? Oft pushen einzelne Führungskräfte bestimmte Mitarbeiter*innen und wollen sie um jeden Preis halten – egal, ob das Gehalt dann noch dem Marktwert entspricht oder nicht. Wer keine klaren Policies hat, hat schnell ein komplettes Chaos bei den Gehältern und tut sich umso schwerer bei Themen wie Equal Pay und Inklusion.
  3. Nachvollziehbare, transparente Karrierepfade und Entwicklungschancen bilden die Grundlage für berufliches Wachstum jedes und jeder Einzelnen: Wann kann ich befördert werden, unter welchen Bedingungen, und was bedeutet das finanziell? All das sollte kein Geheimnis sein. Je transparenter, desto einfacher ist es für jede Einzelne, ihren Beitrag zu leisten – und für das Unternehmen, seine Top-Talente zu halten.
  4. Das Transparentmachen von Gehaltsrichtlinien über das ganze Unternehmen hinweg ermöglicht nicht nur berufliches Wachstum, sondern versachlicht die schwierigen Performance-Diskussionen, die leider allzu oft von einer Führungskraft zur anderen stark divergieren und damit unnötig demotivieren.

Warum das alles?

Regulatorischer Druck ist die ungeliebte Seite der Medaille, aber die gute Nachricht kommt auf der anderen Seite: Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Vergütungsregeln erhöhen das Gefühl von Fairness und steigern das Engagement der Mitarbeitenden, was letztendlich zu einer höheren Produktivität im Unternehmen führt.


Über die Autorin:

Martina Ernst hat nach ihrer Tätigkeit als Personalchefin der Erste Bank die Gehalts-und Karriereberatungsfirmen salarynegotiations.at, fairandequalpay.com und colourfulcareer.com gegründet, ist Career-Partnerin der WU Executive Academy und Präsidentin des „WU EA Female Leaders“- Netzwerks mit 1.500 Alumnae.


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