StartBusiness„Meine Leidenschaft ist es, Frauen zum Leuchten zu bringen“

„Meine Leidenschaft ist es, Frauen zum Leuchten zu bringen“

Mit ihrem Beratungsunternehmen begleitet Andrea Hartmair Managerinnen auf ihrem Weg zu mehr Sichtbarkeit. Im Interview erzählt die Gründerin, warum ihr Fokus auf Unternehmensnachfolgerinnen liegt, wie Sichtbarkeit zum Geschäftserfolg beiträgt und wie ihr Vier-Phasen-Modell funktioniert.

Wie bist du auf die Idee gekommen, deine Boutique-Beratung „Goldstück“ zu gründen?

Vor der Gründung von Goldstück habe ich 20 Jahre lang im Bereich Marketing und Kommunikation gearbeitet, davon 15 Jahre lang in Familienunternehmen. Seit gut zwei Jahren bin ich jetzt selbstständig. Im Jahr bevor ich mich selbstständig gemacht habe, habe ich meinen eigenen Blog „Manager Mama“ gestartet, weil mir klar geworden ist, dass diese Vereinbarkeit von Mutter und Managerin oder Führungskraft sein überhaupt keine Selbstverständlichkeit ist. Ich wollte damit andere Frauen motivieren, ebenfalls ihren Weg zu gehen.

Zum Start meiner Selbstständigkeit habe ich als Kommunikationsexpertin und Ghostwriterin Unternehmer*innen in Sachen Sichtbarkeit und Personal Branding unterstützt. Im letzten Jahr habe ich mir überlegt, wofür ich mit meinem Unternehmen eigentlich stehe und mich entschieden, meine Zielgruppe deutlich einzuschränken. Mit meinem Fokus auf Unternehmensnachfolgerinnen ist dann „Goldstück“ entstanden.

Was hat es mit dem Namen „Goldstück“ auf sich?

Für mich sind Unternehmensnachfolgerinnen aus mehreren Gründen „Goldstücke“. Zum einen sind Familienunternehmen per se das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Zum anderen sind Frauen an der Spitze eine Rarität. Meine Leidenschaft ist es, Frauen zum Leuchten zu bringen. So bin ich auf den Namen gekommen. Und weil wir Beratung und Agentur sind, haben wir uns für die Bezeichnung „Boutique-Beratung“ entschieden. Beratung ist immer der Grundbestandteil, wir gehen aber weiter in die kreative Umsetzung und bleiben dran, bis sich der Erfolg einstellt.

Warum hast du dich auf Unternehmensnachfolgerinnen spezialisiert? Gibt es hier einen besonderen Bedarf an Unterstützung?

Zum einen war ich selbst in einem Familienunternehmen tätig und habe mitbekommen, was ein Generationenwechsel eigentlich bedeutet. Das ist etwas ganz anderes, viel emotionaler und verwobener in der Struktur, als wenn in einem Konzern eine neue Stelle besetzt wird. Bei meinem letzten Arbeitgeber habe ich den Generationenwechsel hautnah mitbekommen und das hat mich fasziniert.

Nur 15 Prozent der aktuellen Unternehmensnachfolgerinnen sind Frauen. Dazu gibt es eine ganze Menge an Zahlen und Fakten, die zeigen, dass Frauen in Sachen Sichtbarkeit noch großen Aufholbedarf haben. Mein ganzes Team besteht aus Frauen, außerdem waren wir alle in Familienunternehmen tätig und deshalb können wir uns natürlich gut in unsere Kundinnen hineinversetzen.

„Sichtbarkeit ist heutzutage ein absoluter Hebel für Erfolg.“

Warum ist Sichtbarkeit gerade für Unternehmensnachfolgerinnen von so großer Bedeutung und was braucht es, um sie sichtbarer zu machen?

Sichtbarkeit ist heutzutage ein absoluter Hebel für Erfolg. Natürlich gibt es die „Invisible Heros“ oder „Hidden Champions“, aber die werden es in Zukunft schwerer haben. Gerade Frauen lassen oft die anderen vor und zeigen sich nicht groß, aber dann tun es eben andere und überholen dich. Du kannst dich zwar zurückhalten und im Verborgenen agieren, aber dann kannst du in Zukunft nicht mehr mithalten. Drastisch gesagt bin ich der Meinung, dass es ohne Sichtbarkeit keine Zukunft für Unternehmen geben wird.

Unternehmensnachfolgerinnen zu begleiten und dann auch noch auf ihren Geschäftserfolg positiv einwirken, ist für mich eine Herzensangelegenheit. Wir öffnen ihnen Türen zu Kommunikationskanälen und Plattformen, wo sie als Frauen besonders sichtbar werden können. Das ist nicht für jede LinkedIn und es ist auch nicht für jede eine Bühne, aber da, wo ihre Zielgruppe ist, wo sie gehört werden soll, muss sie hin. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass ich Sichtbarkeit messbar machen möchte. Ganz oft ist es mit Kommunikation und Sichtbarkeit eher so „schauen wir mal“ und keiner weiß so richtig, was es bringt. Wir haben ganz klare Messmethoden und stellen danach die richtigen Hebel, die auf den Geschäftserfolg positiv einwirken.

Ihr arbeitet nach einem eigens entwickelten Vier-Phasen-Modell. Wie genau läuft so eine Zusammenarbeit zum Thema Sichtbarkeit ab?

Als erstes analysieren wir, wo die Person und ihr Unternehmen aktuell stehen. Dafür beobachten wir unterschiedlichen Dimensionen, die auf die Sichtbarkeit einwirken. Die wichtigsten sind für mich die interne Kommunikation, externe Kommunikation, Personal Branding, Employer Branding und Corporate Branding. Wenn wir uns ein Bild vom Status quo gemacht haben, ermitteln wir einen Sichtbarkeitsindex. Daraus leiten wir ab, wo wir Sichtbarkeit aufbauen. Danach folgt die Designphase, in der wir Konzepte entwickeln, um die Sichtbarkeit zu steigern. Die dritte Phase ist die Kreativphase, da gehen wir in die Umsetzung.

Auch für das heute so wichtige Thema Employer Branding hat das Gesicht einer Unternehmensnachfolgerin einen großen Einfluss, sowohl nach innen als auch nach außen. Ein weiteres großes Thema ist Personal Branding. Das erfordert sehr viel Begleitung, weil Unternehmerinnen ja auch noch ein Unternehmen zu leiten haben. Da ist es wichtig einen Partner an der Hand zu haben, der einen leitet, aber so, dass es trotzdem noch authentisch wirkt und zum Auftritt der Person passt. Die vierte Phase ist die Meisterphase, wo wir uns kontinuierlich verbessern und prüfen, was wirklich wirksam ist.

Du verwendest spezielle Messmethoden, um zu analysieren, welche Maßnahmen auf den Unternehmenserfolg einzahlen. Welche Parameter werden dafür herangezogen?

Das sind zum Beispiel Leads, die durch eine entsprechende Mehrkommunikation generiert werden. Im Bereich Employer Branding messen wir unter anderem die Mitarbeiterzufriedenheit oder die Kundenzufriedenheit mittels Net Promotor Score. Weiters erkennt man am Bewerbungseingang, ob die Art der Kommunikation wirksam ist. Gerade im digitalen Bereich ist Messung ja fast überall möglich.

„Frauen sehen es oft nicht als notwendig an, selbst sichtbar zu sein.“

Warum tun sich viele Frauen und im Speziellen Unternehmensnachfolgerinnen so schwer, sich selbst zu vermarkten?

Bleiben wir zuerst bei Familienunternehmen. Oft ist das Thema Sichtbarkeit etwas, das von Vater oder Mutter abgeschaut wird. Wenn der Vater sehr dominant geführt hat und sich auch gezeigt hat, und die Tochter übernimmt, dann hat sie vielleicht das Vorbild des Vaters und tut sich da auch leichter. Wenn Mutter und Vater das Unternehmen gemeinsam geführt haben, dann gab es oft schon eine klare Rollenaufteilung. Die Tochter tendiert tendenziell eher dazu, die Rolle der Mutter zu übernehmen. Da stellt sich dann zuerst die Frage, wie haben es die Vorbilder vorgelebt. Eine Frau ist dann in vielen Fälle nicht diejenige, die sich in den Vordergrund stellt. Nachfolgenetzwerke können dazu beitragen, dass Nachfolgerinnen sich gegenseitig supporten, davon gibt es aber noch viel zu wenige. Frauen legen eher den Fokus darauf, dass es dem Team gut geht, dass alles rund läuft, sie sind empathisch, gehen aber im Zweifel einen Schritt zurück und treten nicht in den Vordergrund. Männer sagen eher, „hier bin ich, das mache ich“. Frauen sehen es oft nicht als notwendig an, selbst sichtbar zu sein, und konzentrieren sich mehr auf die Kernaufgaben im Unternehmen.

Ich selbst habe in der Zeit vor meiner Selbstständigkeit die Erfahrung gemacht, dass wir Frauen uns selbst viel weniger zutrauen als Männer es tun. Als ich die Anfrage für ein Panel zum Thema Innovation erhalten habe, habe ich gedacht, ich habe dazu nicht viel zu sagen, denn ich leite ja das Marketing-Team. Meine Reaktion war, „ich frage meinen Chef, der ist auf Innovation spezialisiert.“ Die Veranstalter wollten aber mich als Speakerin haben. Viele Männer haben da ein anderes Selbstbewusstsein und vielleicht auch mehr Mut. Dazu kommt der Aspekt Erfahrung. Wenn man die noch nicht hat, egal ob auf der Bühne zu stehen, Presseinterviews zu geben oder ein LinkedIn Posting zu schreiben, dann ist es eine große Hürde. Man muss lernen, seine Selbstzweifel abzustellen und es einfach machen.


Zur Person

Andrea Hartmair verbrachte 15 Jahre in Familienunternehmen, zuletzt als Chief Communications Officer. Seit Anfang 2021 ist die Marketing- und Kommunikationsexpertin selbständig mit ihrer eigenen Boutique-Beratung Goldstück. Nicht zuletzt als Initiatorin ihres Blogs Manager Mama liegt ihr Schwerpunkt schon seit vielen Jahren auf Frauen und deren Karrieren sowie Sichtbarkeit.


sheconomy Career Sessions

Am Montag, 13.05. um 17:00 findet die nächste Ausgabe unserer Webinar-Serie „Career Sessions“ mit Andrea Hartmair zum Thema „Mut zur Sichtbarkeit“ statt. Weitere Informationen und den Link zur Anmeldung findet ihr hier. Seid dabei, wir freuen uns auf euch!

 

Fotomaterial(c) Goldstück

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