StartInnovationEnergiewende: Auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft

Energiewende: Auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft

Für eine umweltschonende Zukunft ist die Energiewende von immenser Bedeutung, das legen zahlreiche wissenschaftliche Studien nahe. Konkret bedeutet das: Schluss mit der Nutzung fossiler Brennträger wie Kohle, Erdöl und Gas, hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung durch erneuerbare Energien wie Wind, Wasser oder Geothermie. Doch, wie sieht es in der Praxis aus? Welche Maßnahmen werden gesetzt, welche sind geplant? Und welche Rolle spielen dabei Frauen in der Energiebranche? Wir haben mit zwei Key Playerinnen gesprochen.

Alma Kahler ist seit rund einem Jahr bei Wien Energie beschäftigt. Ihr Tätigkeitsbereich: Erneuerbare Energien. Darunter fällt die Gesamtverantwortung für den Bereich Wasser, Photovoltaik und Wind. Dabei arbeitet sie eng mit Linda Kirchberger zusammen, ein regelmäßiger Austausch untereinander und mit ihren Teams gehört für die beiden ganz klar dazu. Kirchberger ist studierte Geophysikerin und ebenfalls seit 2022 bei Österreichs größtem Energieversorger tätig, sie verantwortet den Bereich Dekarbonisierung und Neue Technologien. Diese beiden aktuell getrennten Geschäftsbereiche waren früher vereint, die Leitung darüber hatte Gudrun Senk inne, die mittlerweile Teil des Geschäftsführerinnen-Trios der Wiener Linien ist. 2022 hieß es: „Aus eins mach‘ zwei“, so entstand die aktuelle Struktur der beiden Bereiche.

Die Energiewende ist naturgemäß ein großes Thema beim Unternehmen. 2022 verkündete Wien Energie, dass die produzierte Wärme und der Strom in Zukunft CO2-neutral erzeugt werden sollen. Für das deklarierte Ziel der Stadt Wien, bis 2040 klimaneutral zu werden, spielt dieses Vorhaben eine wichtige Rolle. Aktuell wird dabei auf zwei Stoßrichtungen gesetzt: „Mittels Geothermie, also der Nutzung von Wärmeenergie, die in rund 3.000 Metern Tiefe in der Erde gespeichert ist, möchten wir die Fernwärme dekarbonisieren“, so Kirchberger.

Die zweite Richtung sei die Abwärmenutzung. „Dabei ist von Abwärme die Rede, die bisher praktisch ungenutzt ist in der Stadt, sei es von Rechenzentren, Öfen oder Abwasser. Diese wollen wir aufgreifen und als Grüne Fernwärme den Haushalten der Wiener:innen zur Verfügung stellen“, erklärt Kirchberger. Auf der Seite der Stromerzeugung wird auf Wind-, Sonnen- und Photovoltaikanlagen sowie Wasserkraftwerke gesetzt – beziehungsweise auf die Mischung dieser Energiequellen. „Dabei gibt es ganz klare Ausbaupläne bis 2040“, ergänzt Alma Kahler. Momentan wird Ökostrom für rund 700.000 Wiener Haushalte produziert. Außerdem werden circa 40 Prozent der Wiener Haushalte durch Fernwärme versorgt. Bis 2040 soll dieser Anteil auf 56 Prozent gesteigert werden.

Auch der Wunsch nach einem Ausstieg aus der Gasversorgung ist dabei relevant. „Viele Gasthermenbesitzer:innen möchten jetzt auf Fernwärme umstellen“, so Kirchberger. Auf Maßnahmen wie die verstärkte Nutzung von grünem Wasserstoff im öffentlichen und im Schwerverkehr wird bei der Dekarbonisierungsstrategie ebenfalls gesetzt. Projekte wie Energiegemeinschaften oder das geplante Klimaschutzquartier „Village im Dritten“, in dem in den kommenden Jahren unter anderem rund 2.000 Wohnungen, Gewerbeflächen und Bildungseinrichtungen entstehen sollen, sind weitere Teile des Plans. Im Village im Dritten soll so viel Energie wie möglich vor Ort sowohl produziert als auch verbraucht werden.

Wettlauf gegen die Zeit

Problematisch für das Gelingen der Energiewende könnte allerdings die Zeitkomponente werden. „Wir haben aktuell ein kleines Zeitfenster, in dem wir alles umstellen wollen. Die Technologie und das Wissen sind da, die gesellschaftliche Akzeptanz ist gestiegen, die Motivation und die Energie für die Umsetzung sind vorhanden. Wichtig ist, dass wir alle gemeinsam in eine Richtung ziehen und das Ziel umsetzen“, appelliert Kirchberger. Auch rechtliche und politische Rahmenbedingungen müssen angepasst werden, meint Kahler „Die aktuell langjährigen Planungszeiten für Projekte erschweren das Ganze“, sagt sie. Beispielsweise muss bei Bohrungen im Rahmen der Geothermie die Zustimmung aller Grundeigentümer:innen eingeholt werden – egal, wie tief gebohrt wird. Verglichen mit Öl- und Gasbohrungen, wo nur das Einverständnis der Grundeigentümer:innen des Bohrplatzes an der Oberfläche benötigt wird, fällt der Zeitaufwand dadurch deutlich größer aus.

Die Akzeptanz in der Gesellschaft bezüglich erneuerbare Energieprojekte sei hingegen bewiesenermaßen gestiegen, das legt eine 2023 durchgeführte repräsentative Stimmungsumfrage der WU Wien in Kooperation mit dem Beratungsunternehmen Deloitte und der Wien Energie nahe (Studie „Erneuerbare Energien Österreich 2023“). Der Klimawandel wird laut der Umfrage von der Mehrheit der 1.000 Befragten als größtes Problem der kommenden Jahrzehnte gesehen. Dadurch steigt auch die Zustimmung für erneuerbare Energieprojekte – diese sei so hoch wie nie zuvor, wird in einer gemeinsamen Presseaussendung bekannt gegeben. Vor allem Photovoltaikprojekte und Kleinwasserkraftwerke sowie Windkraftanlagen weisen eine hohe Beliebtheitsrate auf.

Leidenschaft und Netzwerke

Man merkt, sowohl Kahler als auch Kirchberger bringen eine große Portion Leidenschaft für den Inhalt ihres Berufs mit. Eigentlich kommt Kahler aus einer anderen Richtung, sie war zuletzt in der Baubranche tätig. Dabei sei es viel um Projektabwicklung gegangen und das sei im Prinzip gar nicht so anders als in der Energiebranche. Den Entschluss, in diese Richtung zu gehen, habe sie erst letztes Jahr getroffen. „Ich habe über mich selbst, über meine Tochter und über die Gesellschaft nachgedacht und habe mir gedacht: Okay, wenn du schon mit Leidenschaft dabei bist, wenn du gerne Projekte umsetzt, dann soll es für etwas Sinnstiftendes sein. Für uns alle, für die nächste Generation. Das klingt jetzt sehr idealistisch, ist aber tatsächlich so passiert“, erzählt sie über ihre Entscheidung. Für Kirchberger sind es die Faktoren Mitgestaltung und der Zukunftsgedanke, die sie anspornen. Auf die Frage nach einem Tipp für Frauen, die eine ähnliche Richtung anstreben, sind sie sich einig: Nicht zu selbstkritisch sein und mutig die gebotenen Möglichkeiten wahrnehmen. Und: Netzwerken, sich die Zeit für den Austausch mit anderen Frauen nehmen, und zwar systematisch.

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