StartShedailyDienstagÜber Bubenspiele und Frauenstatements. Kein Aprilscherz. - "Brennpunkt" von Michaela Ernst

Über Bubenspiele und Frauenstatements. Kein Aprilscherz. – „Brennpunkt“ von Michaela Ernst

Als der deutsche Satiriker Jan Böhmermann vor zwei Jahren, anlässlich der Verleihung des österreichischen Film- und Fernsehpreises, „Romy“, vom „österreichischen Kinderkanzler“ sprach, ging ein Raunen hoch. Wie unhöflich es doch sei, ein Gastgeberland derart vor den Kopf zu stoßen. Nach den nun publik gewordenen SMS von Thomas Schmid, Ex-Generalsekretär im Finanzministerium und jetziger Alleinvorstand der Staatsbeteiligungsgesellschaft ÖBAG, möchte man fast sagen: Böhmermann bewies damals hellseherische Fähigkeiten.

Denn viel anders als kindisch lassen sich die Smartphone-Korrespondenzen zwischen dem Verwalter der gesamten (!) Bundesindustriebeteiligungen und seinem Kanzler wohl kaum beschreiben. Anlässlich der Bestellung Schmids zum Alleinvorstand der Staatsholding hatte Kurz ihm die Nachricht geschickt: „Kriegst eh alles, was du willst“ – gespickt mit drei Emojis mit O-Mund. Schmids Antwort – zwei Smileys und: „ich bin so glücklich J Ich liebe meinen Kanzler!“ In anderen Chat-Protokollen versendete Schmid an Kurz Küsschen-Emojis. Oder erhielt im Gegenzug Lob à la „Du gehörst zur Familie“ (© Finanzminister Gernot Blümel) oder „Super, danke… Du Aufsichtsratssammler (© Bundeskanzler Sebastian Kurz). All dies legt den Eindruck nahe, das Land werde von einer juvenilen Truppe regiert, die ausprobiert, wie es sich anfühlt, wenn man die Muskeln spielen lässt (selbst dazu gibt es Emojis). Dazu passt auch der „Babyelefant“ als Abstandsmaßstab in Corona-Zeiten, der anfänglich noch der Wähler Seelen berührte oder der „Ketchup-Effekt“ – man fragt sich, ob mit oder ohne Pommes – in Zusammenhang mit der verfehlten Impfpolitik.

Wären die Zeiten so locker-flockig wie vor einigen Jahren, könnte man das Ganze ja noch für einen besonders lang andauernden Aprilscherz halten. Aber sie sind kritisch und für viele bedrohlich, da würde man sich doch etwas mehr Ernsthaftigkeit seitens der Machthaber wünschen, um „im Zeitalter der Zumutungen bestehen zu können“ (© Die Zeit).

Nicht, dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Lösung in der Tasche hätte. Aber sie ist zumindest weit entfernt von adoleszenter Lächerlichkeit. Sie übernahm Verantwortung für die zuletzt verkorkste „Osterruhe“ und entschuldigte sich bei den Bürgern in der für sie typischen sachlichen, aber nicht unmenschlichen Art. Nüchtern, abwägend, bedacht, der Selbstkritik nicht fern aber auch fordernd gegenüber Länderchefs und Mitstreiter*innen. Es war einmal, da wurden diese Eigenschaften erfolgreichem, männlichem Leadership zugeordnet. In letzter Zeit findet man sie klar und ausgeprägt – bei Frauen.

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