Mit Christina Hammock Koch schickt die NASA die erste Frau im Team von Artemis 2 zur Mond-Umrundung. Warum es höchste Zeit wird, dass auch deutsche und österreichische Astronautinnen ihre Chance auf einen Weltraumflug bekommen und die Ersatzbank verlassen.
So sehr ich das Stadtleben genieße, die Momente bei meiner Familie auf dem Land sind etwas Besonderes. Nicht zuletzt wegen des fantastischen Sternenhimmels, der ohne die Lichter der City um uns herum dort häufig ganz klar zu sehen ist. Vielleicht hängt meine Begeisterung für Raumfahrt, Satelliten und Co. ja damit zusammen? Zwar hob „unsere“ Rakete, deren Start ich vor 20 Jahren mit einem Journalistenteam vom Raumfahrtzentrum Guayana bei Kourou beobachten sollte, aufgrund eines technischen Problems nicht ab. Doch die Faszination ist geblieben.
Besonders aufmerksam verfolge ich natürlich die aktuelle Artemis 2-Mission der NASA, die im kommenden Jahr ein vierköpfiges Team auf die Umrundung des Mondes schickt. Artemis 2 bereitet die erste Mondlandung seit mehr als 50 Jahren vor, die mit Artemis 3 ab 2026 als realistisch gilt. Gemeinsam mit internationalen Partnern soll im Zuge der gesamten Artemis-Mission ein dauerhaftes Basislager auf dem Trabanten errichtet werden, und zusammen mit dem Lunar-Gateway, einer Raumstation in der Mond-Umlaufbahn, wird der nächste große Schritt vorbereitet: der erste Flug eines Teams zum Mars.
Doch bei aller Begeisterung, dass mit Christina Hammock Koch nun die erste Frau zum Mond reist (auf Instagram zu finden unter @astro_christina) – die Astronautin, die mit 328 Tagen bereits den bislang längsten Weltraumaufenhalt einer Frau und gemeinsam mit Jessica Meir den ersten Außenbordeinsatz eines rein weiblichen Teams absolviert hat: Aus der Perspektive von Gleichberechtigung und Diversity ist die Luft in der Raumfahrt-Welt noch immer ziemlich dünn. Speziell aus europäischer Sicht gibt es hier viel Nachholbedarf.
Seit Jahren lenkt die deutsche Raumfahrttechnikerin Claudia Kessler mit der Initiative „Die Astronautin“ die Aufmerksamkeit auf das Thema. Mehr Frauen in der Raumfahrt, das wäre wichtiger denn je. Zum einen um Mädchen zu zeigen, dass die Begeisterung für technische und wissenschaftliche Berufe sie eines Tages sogar bis ins All bringen kann. Zum anderen, weil die Erforschung des Weltalls noch immer männlich geprägt ist. 500 Astronauten gab es bisher, aber nur 60 Astronautinnen. Dadurch entgehen uns wichtige Daten, die etwa für Therapien eine Rolle spielen können, mahnt nicht nur Claudia Kessler.
Im vergangenen November hat die Europäische Raumfahrtagentur ESA im neuen 17-köpfigen Nachwuchsteam acht Frauen und neun Männer aus mehr als 22.500 Bewerber:innen ausgewählt, darunter Carmen Possnig aus Österreich sowie Nicola Winter und Amelie Schoenenwald aus Deutschland. Die drei sind jedoch zunächst Teil der so genannten Astronauten-Reserve, die quasi auf der „Ersatzbank“ spielt. Nur langsam kommt Bewegung in das Thema. „Beim Thema Gleichberechtigung in der Raumfahrt leben wir leider noch immer hinter dem Mond“, so Claudia Kessler. Carmen Possnig sieht es etwas positiver: „Gerade entwickelt sich sehr schnell sehr viel in der Raumfahrt“, sagt sie. Ein Flug könne deshalb „machbar“ sein.