Ich bin Optimistin und bin – was mir Weggefährt:innen gerne bescheinigen – mit einer ordentlichen Portion Mut unterwegs. Beides für mich Grundvoraussetzung für erfolgreiches Unternehmertum. Aber zugegeben: in den vergangenen zwölf Monaten ist meine optimistische Grundhaltung durchaus auf die Probe gestellt worden. Unter uns: bislang fehlen mir die Anzeichen dafür, dass uns das vor uns liegende Jahr die Zuversicht zurückbringen kann, mit denen wir uns – rückwirkend betrachtet – motiviert und die Zukunft gestaltet haben. Das sich dem Ende neigende Jahr 2023 markiert in meinen Augen einen drastischen Wendepunkt der jüngeren Geschichte, steht für eine jähe Zäsur. Und ja – daran habe ich keinen Zweifel: wir werden uns für das vor uns liegende Jahr 2024 warm anzuziehen haben. Denn selbst bei positiver Betrachtungsweise werden wir uns alle ehrlich machen und resümieren müssen: es ist die Zeit gekommen, um Abschied zu nehmen von einer Leichtigkeit des Seins, die die vergangenen Jahrzehnte und auch unsere Arbeitskultur geprägt haben. Neues Denken ist gefragt, Ballast gehört über Bord geworfen.
„Wandel durch Handel“ – so lehren uns die abgelaufenen Monate – war eben wohl doch nicht das wirkungsvolle Patentrezept für ein friedliches Zusammenleben und eine prosperierende Wirtschaft. Und die Gefahr, dass geopolitische Krisen rund um den Globus und in unserer europäischen Nachbarschaft vieles von dem begraben werden, was wir bereits als gesetzt betrachtet haben, ist allerorten greifbar. Von der notwendigen grünen Transformation, der Förderung von Frauen in der Wirtschaft bis zu Fragen der Menschenrechte. Und ob mit Blick in den Nahen Osten, in die Ukraine, bei den drängenden Fragen der Immigration oder den sich immer weiter verschärfenden Auswirkungen auf unsere Wirtschaft durch den Mangel an Fachkräften – finale und für alle Seiten zufrieden stellende Lösungen können von der Politik auch im Jahr 2024 kaum erwartet werden. Im Gegenteil: in den vergangenen Monaten haben sich die aktuell politisch Verantwortlichen in unseren Ländern kein überzeugendes Zeugnis ausgestellt: Vertrauen oftmals verspielt, Versetzung gefährdet! Und das vor uns liegende Jahr birgt eher die Gefahr, dass sich die Politiker:innen mit sich selbst beschäftigen: die Wahlen zum Europäischen Parlament im Sommer, die Nationalratswahl in Österreich im Herbst sowie deutschen Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg werden für erheblichen Wirbel sorgen und die Aufmerksamkeit von drängenden gesellschaftlichen Fragen ablenken. Ganz zu schweigen von dem US-Wahlkampf, der heute bereits seine Schatten voraus wirft. Und aus dem ein Mann als neuer (und alter) Präsident hervor gehen könnte, der nichts Gutes verheißt.
Warten, bis düstere Prognosen wahr werden, Kapitulation vor der Zukunft? Nicht mit mir, nicht mit uns! Ich denke es ist an der Zeit, aufzuwachen und uns selbst neu zu erfinden. Unser wirtschaftliches und gesellschaftliches „Geschäftsmodell“ zeigt gegenwärtig offenkundig Risse und Abnutzungserscheinungen auf, gehört auf den Prüfstand, schreit förmlich nach neuen Wachstumsstrategien. Und wir alle wissen: die jetzt notwendigen radikalen Reformen werden schmerzen, sind ohne den Willen zu Veränderungen nicht möglich. Es wird jedoch nicht „nur“ darum gehen, unsere Wirtschaft und die Standorte Deutschland und Österreich für die Zukunft aufzustellen und uns auf unsere Stärken zu besinnen. 2024 wird vielmehr ein wichtiger Prüfstein, um die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie unter Beweis zu stellen. 2024 sollte als Jahr in die Geschichte eingehen, in dem unsere Gesellschaft klare Kante gegenüber Antisemitismus und Rassismus gezeigt hat. Gehen wir es an – unerschrocken, mutig und zuversichtlich. Wenn nicht wir, wer dann?
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