StartBusinessTschüss Fachkräftemangel, hallo Employer Branding

Tschüss Fachkräftemangel, hallo Employer Branding

Teil drei unserer Serie "Succession Stories": Employer Branding gilt als ein echter Gamechanger für erfolgreiche Mitarbeitersuche und -bindung. Ein Trend, der überbewertet wird? Ein klares Nein – denn jüngere Generationen suchen regelrecht attraktive Arbeitgeber. Punkten können dabei eigentlich besonders Familienunternehmen: eine ausgeprägte Arbeitskultur und starke Werte sind wichtige Wegbereiter für eine erfolgreiche Arbeitgebermarke.

Doch Fakt ist: Familienunternehmen haben in Sachen Arbeitgeberattraktivität einige Hausaufgaben auf dem Schreibtisch. Eine PwC-Studie belegt, dass 40 Prozent der Bewerbenden Start-ups gegenüber Familienunternehmen vorziehen. Vor allem bei den jüngeren Generationen fehlt es Familienunternehmen an der Anerkennung, wenn es um internationale Wettbewerbsfähigkeit, wirtschaftliche Stärke, Innovationskraft und Krisenfestigkeit geht. Start-ups hingegen sind für junge Arbeitnehmende das Synonym von Flexibilität und Innovation. Was dabei oft verschwimmt: Flexibilität heißt nicht, dass es nur um flexible Arbeitsmodelle geht. Es bedarf kreative Lösungen und smarte Konzepte für Vielseitigkeit am Arbeitsplatz, um als Arbeitgeber zu punkten. Ebenso eine wichtige Rolle spielen Sinnstiftung, ein wertschätzendes Miteinander und Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden und am hart umkämpften Arbeitsmarkt mithalten zu können, brauchen Unternehmen attraktive, vielfältige und individuelle Maßnahmen – ein starkes Employer Branding. Nur so erreichen sie potenzielle Bewerbende und überzeugen Mitarbeitende, am richtigen Ort zu sein.

Demografischer Wandel macht Druck

Auch wenn Employer Branding kein neues Thema ist, ist es heute besonders aktuell. Der Druck am Arbeitsmarkt ist branchenübergreifend zu spüren – Fachkräfte und Talente fehlen überall. Warum das so ist, verdeutlichen die Geburtenraten: 1,357 Millionen Geburten im Jahr 1964 stehen 765.000 Geburten im Jahr 1995 gegenüber. Keine Überraschung, dass ein regelrechter Kampf um Fachkräfte herrscht. Fehlende Mitarbeitende müssen erst einmal gefunden werden. Wie sich diese Lücke schließen lässt? Surprise – unter anderem durch ein starkes Employer Branding.

Dabei können Familienunternehmen punkten und die Arbeitgebermarke als Chance für sich nutzen. Unternehmerischer Mut, gewachsene Werte und innovative Impulse – mit diesem Potenzial können sich Unternehmerfamilien abheben und Start-ups auf der Strecke lassen. 

Verstaubt war gestern

Neben der Pflicht des einfach machen, ist ein besonders idealer Moment für Familienunternehmen der Generationswechsel. Er kann der Treiber sein, neue Wege einzuschlagen und moderne Konzepte zu etablieren, die schon lange in der Schublade schlummern. Der frische Blick der nachfolgenden Generationen bringt innovative Ideen mit sich und ist näher an den jüngeren Zielgruppen dran. Die bestehende und sinnstiftende Kultur von Traditionsunternehmen bekommt frischen Schwung und kann anhand der Anforderungen weiter ausgebaut werden. Die Mischung zwischen Tradition und Offenheit für Neues macht den Unterschied und ist eine besondere Stärke von Unternehmensnachfolger*innen.

Die Traditionslinie aus der Unternehmerfamilie ist wichtig für eine stabile Arbeitgebermarke – und ja, Employer Branding gehört zu den Erfolgstools für Unternehmen. Weitere wichtige Punkte sind die menschlichen Aspekte und der weibliche Blick auf das Unternehmen und die Mitarbeitenden. In meinen Augen nicht zu unterschätzen und sehr wertvoll. 

Unternehmensnachfolgerinnen haben dank ihrer Empathie und Intuition meist einen stärkeren persönlichen Bezug zu ihren Teams. Diese Nähe und der persönliche Austausch werden heute immer öfter und gezielt eingefordert – und geben der Employer Branding-Strategie die persönliche Note.

Ein gutes Fundament ist das A&O

Es gibt sie: Die Geheimnisse, die eine gute Arbeitgebermarke aus- und erfolgreich machen. Dazu braucht es den EVP als Ausgangsbasis, eine klare Strategie, bei der ein Blick auf die Mitbewerber durchaus erlaubt ist, sowie Personen, die sich fokussiert um die konsequente Umsetzung der Employer Branding Aktivitäten kümmern. 

Das Fundament ist entscheidend, denn unter anderem erwarten Mitarbeitende heutzutage:

  • individuelle, zielgruppenspezifische Benefits, um sich von Marktbegleitern abzusetzen. Denn am Ende kochen alle nur mit Wasser. Beispiel: IT-Leasing oder Mobilitätsangebote.
  • Einen starken Unternehmenspurpose und darauf basierend eine fundiert definierte Employer Value Proposition (EVP) – sie muss die Menschen begeistern und nach innen und außen wirken. 
  • Eine Unternehmenskultur mit Werten, die nicht nur Lippenbekenntnis sind, sondern täglich erlebbar sind. Beispiel: Arbeitsgemeinschaft des dm Drogeriemarkts
  • Attraktive Arbeitsmodelle: die Facetten über alle Branchen hinweg sind immens vielfältig. Hier braucht es Mut, Vorbilder und Kreativität. Beispiel: Remote-Arbeit, Doppelspitzen in der Führung.
  • Kreative Ansätze für stationäre Geschäftsmodelle wie Verkaufsläden oder Arztpraxen. Beispiel: Der Samstags-Job von HOFER.

Neben den Klassikern wie Karriereseite, Candidate Experience oder Storytelling gibt es spannende Trend-Themen, die Unternehmen einen Vorsprung verschaffen können. Mitarbeitende als Markenbotschafter des Unternehmens einzusetzen, Fertility Benefits rund um die Lebensphasen einer Frau (ein Trend aus USA und Skandinavien) anzubieten und natürlich die künstliche Intelligenz. 

Soft Skills wie Kommunikation, Empathie oder Teamfähigkeit gehören für die meisten Arbeitnehmenden zum unausgesprochenen Standard. Denn bei aller Kreativität, Flexibilität und Trends bleiben der Austausch und die Nähe zu Kolleg*innen und Führungskräften von zentraler Bedeutung. Der familiäre Background in Familienunternehmen und die über eine lange Zeit aufgebaute Kulturlandschaft bleibt ein entscheidender Treiber für den menschlichen Umgang. 

So bekommt die Arbeitgebermarke ordentlich Schwung und der Erfolg wird dem Investment Rechnung tragen.

Feinheiten machen den Unterschied

Was macht also den Unterschied, um im Wettbewerb zu bestehen? Meiner Meinung nach überzeugen Unternehmen, die neben klassischen Aktivitäten individuelle Highlights anbieten. Ein Beispiel von uns bei Goldstück: Mir ist es wichtig, dass Sport und Bewegung im Alltag des Berufslebens ihren Platz finden, denn beides sind aus meiner Sicht absolute Leistungsbooster und somit ein win-win. Fünf Prozent ihrer Arbeitszeit sind Goldstück-Mitarbeitende für Sport und Bewegung freigestellt. Das ist der einzige halb-private Termin, der im Kalender stehen muss, um die Zeit dafür wirklich freizuhalten.

Dass Sport und Bewegung als fixer Termin im Kalender stehen sollen, hat nicht nur praktische und organisatorische Gründe. Das Vorgehen verdeutlicht auch, wie wichtig Transparenz beim Thema Employer Branding ist. Beide Seiten müssen ihre Erwartungen klar formulieren. Denn dann passiert das, was die beste Werbung für Unternehmen ist. Mitarbeitende sprechen über ihre Lieblingsarbeitgeber und werden so zu Markenbotschafter*innen. Ein zentraler Bestandteil im Employer Branding.

Und manchmal ist weniger mehr: Mit kreativen Konzepten und der richtigen Employer Branding Strategie lässt sich der Fachkräftemangel nicht entschärfen, doch es gewinnen die Unternehmen, die für ihre Talente besonders attraktiv sind.


Zur Autorin:

Andrea Hartmair verbrachte 15 Jahre in Familienunternehmen, zuletzt als Chief Communications Officer. Seit Anfang 2021 ist die Marketing- und Kommunikationsexpertin selbständig mit ihrer eigenen Boutique-Beratung Goldstück. Nicht zuletzt als Initiatorin ihres Blogs Manager Mama liegt ihr Schwerpunkt schon seit vielen Jahren auf Frauen und deren Karrieren sowie Sichtbarkeit. Mehr dazu lest ihr auch im sheconomy-Interview, im ersten Teil der Serie Leidenschaft als Erfolgstreiber in Familienunternehmen und in Teil zwei, Souveräner Bühnenwechsel: die nächste Generation im Rampenlicht.

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