StartBusinessEntrepreneurStudie: Wertschöpfung von Startups in Österreich

Studie: Wertschöpfung von Startups in Österreich

Wie würde es sich auf Österreichs Wirtschaft auswirken, wenn es mehr Startups gäbe? Eine neue Studie stellt dies erstmals in Zahlen dar. „Die Politik muss endlich beginnen, auf die Forderungen der Startup-Szene zu hören“, sagt Lisa-Marie Fassl.

Rund 6.200 Startups gibt es in Österreich, auf eine Million Einwohner:innen kommen somit 687. Damit liegt Österreich im europäischen Mittelfeld, hinter den meisten westeuropäischen und skandinavischen Ländern. „Wenn wir es als Wirtschaftsstandort Österreich jetzt nicht schaffen, die richtigen Impulse zu setzen, dann werden wir im internationalen Vergleich noch weiter zurückfallen“, warnt Lisa-Marie Fassl, Vorstandsmitglied der Austrian Angel Investors Association (aaia), Co-Founderin von Female Founders und Startup-Beauftragte der Bundesregierung.

Dies war der ausschlaggebende Grund für eine neue Studie, die die Wertschöpfung von Startups in Österreich beleuchtet. Durchgeführt wurde sie vom Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria im Auftrag von der Austrian Angel Investors Association (aaia), AVCO, Junge Wirtschaft, WKO und AustrianStartups. „Die Ergebnisse machen deutlich, dass Startups nicht nur heute schon einen Milliarden Wirtschaftsfaktor darstellen, sondern sie in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren zum wesentlichen Faktor unserer Wirtschaft aufsteigen werden. Nun gilt es die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen und strukturelle sowie institutionelle Faktoren anzupassen“, sagt Amelie Groß, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

Screenshot: EcoAustria / Studie Wertschöpfung von Start-ups in Österreich

„Startups sind zwar ein kleiner Bereich der Wirtschaft, aber ein wichtiger“, so die Direktorin von EcoAustria, Monika Köppl-Turyna. Der nachfrageseitige Effekt von Startups auf die Wirtschaftsleistung sei zwar überschaubar, ihre Bedeutung liege jedoch in der Erweiterung der technologischen Basis einer Volkswirtschaft. Gerade innovative Jungunternehmen würden aufgrund ihres Wachstumspotenzials eine große Rolle für die Innovationskraft einer Volkswirtschaft spielen. „Die Markt-Disruption durch Startups treibt nachhaltiges Wirtschaftswachstum voran“, sagt Köppl-Turyna.

Mehr Beschäftigung, höheres BIP…

Konkret untersuchte die neue Studie, welche Auswirkungen es auf unsere Wirtschaft hat, wenn die Zahl der Startup-Gründungen in Österreich auf das Niveau der europäischen Spitzenreiter – das Vereinigte Königreich (Szenario 1) und die Niederlande (Szenario 2) – steigen würde. Im ersten Szenario wurde die Startup-Anzahl pro Million Einwohner:innen im Vereinigten Königreich mit der Einwohner:innen-Zahl Österreichs multipliziert. Österreich hätte somit statt 6.200, knapp 16.200 Startup-Gründungen. Dies hätte folgende Effekte: Innerhalb von zehn Jahren würde die Beschäftigung um 8.000 steigen, die Inventionen würden sich um 0,8 Prozent erhöhen. Nach 20 Jahren würden sich beide Werte zumindest verdoppeln. Auch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) würde sich in diesem Szenario um 3,8 Milliarden Euro bzw. nach 20 Jahren um 7,8 Milliarden Euro erhöhen.

Fände eine Anhebung der Gründungs-Rate auf das Niveau der Niederlande statt, wären die wirtschaftlichen Auswirkungen noch stärker. Es würde bedeuten, dass der Wirtschaftsstandort Österreich rund 21.400 Startups beheimaten würde, dass es innerhalb einer Dekade 12.000 mehr Beschäftigte gäbe und die Investitionseffekte auf 1,3 Prozent steigen würden. Nach 20 Jahren würden die Werte auf 26.000 bzw. 2,5 Prozent klettern. Das BIP läge nach zehn Jahren um 5,7 Milliarden, nach 20 Jahren um 11,9 Milliarden Euro höher.

… Doch noch ist es nicht soweit 

Warum liegt Österreich bisher nur im Mittelfeld? Heimische Startups hätten derzeit mit restriktiven Regulierungen bei der Gründung und beim Marktzugang zu kämpfen, begründen die Studienautor:innen. Darüber hinaus würden bürokratische Erfordernisse die typischen Aktivitäten von Startups erschweren, wie etwa den Verkauf von Unternehmensanteilen, die Einbringung von Investor:innen oder die Incentivierung von Mitarbeitenden. Auch die mangelnde Verfügbarkeit von Fachpersonal wird als Hürde für viele Startups erachtet. Amelie Groß sieht neben der Reform der Rot-Weiß-Rot-Card Bedarf nach weiteren Maßnahmen, um Österreich als attraktives Land für ausländische Arbeitskräfte zu positionieren.

Von links nach rechts: Lisa-Marie Fassl (aaia), Amelie Groß (WKÖ) und Monika Köppl-Turyna (EcoAustria) bei der Studienpräsentation. | © aaia

Weitere Forderungen sind: die elektronische Firmengründung, die Möglichkeit, Dokumente in englischer Sprache einzureichen, sowie die Herabsetzung des Mindestkapitals zur Gründung einer GmbH, ein schnelleres Verfahren bei der Eintragung ins Firmenbuch, die Mitarbeiter:innenbeteiligung und die Einführung eines Beteiligungsfreibetrags. Den letzten Punkt hebt Lisa-Marie Fassl besonders hervor: „Wir haben in Österreich ein massiv ausgeprägtes Fördersystem, gleichzeitig haben wir einen kaum existierenden Kapitalmarkt. Das Vermögen ist da, allerdings liegt es in Immobilien oder Stiftungen, und nicht dort, wo es Arbeitsplätze schaffen würde. Das ist eine Verschwendung von Potenzial.“ Ein Beteiligungsfreibetrag würde einen steuerlichen Anreiz für private Investor:innen darstellen und sei deshalb eine zentrale Forderung. Im Bereich des Risikokapitals wünscht sich Fassl außerdem eine Veränderung der Investmentszene und mehr Frauen an den Hebeln. „Obwohl wir aus Studien wissen, dass diverse Teams am besten performen, geht immer noch mehr als 90 Prozent des Angel- und VC-Kapitals an rein männliche Teams“, so Fassl. Um die Anzahl der Gründerinnen und Unternehmen mit weiblicher Beteiligung zu erhöhen, brauche es deshalb mehr Frauen als Business-Angels, die direkt in Startups investieren, oder Frauen in Managementpositionen von Venture-Capital-Fonds.

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