StartOpinionSorry, not sorry

Sorry, not sorry

Frauen entschuldigen sich deutlich häufiger als Männer. Welche Auswirkungen hat das auf unser Selbstbewusstsein und unsere Wahrnehmung? Ein Plädoyer, mit dem inflationären „Entschuldigung“ aufzuhören und sich selbst mehr Wertschätzung entgegenzubringen.

Ein „Entschuldigung, dass ich mich erst jetzt melde.“ hier, ein „Tut mir leid, dass ich dir da nicht weiterhelfen kann.“ da. Haben Sie schon einmal mitgezählt, wie oft Sie sich im Alltag entschuldigen? An wie viele Aussagen Sie ein „sorry“ hängen? Und dann fragen Sie sich doch einmal: Wie viele dieser Entschuldigungen sind wirklich erforderlich?

Laut einer aktuellen Umfrage des österreichischen Traditionsunternehmens „Palmers“ haben sich 76 Prozent der befragten Frauen schon einmal entschuldigt, obwohl sie es eigentlich nicht für notwendig empfunden haben. Die heimischen Ergebnisse bekräftigen internationale Studien, wonach sich Frauen deutlich häufiger entschuldigen als Männer. Die Gründe für den inflationären Sorry-Gebrauch reichen von Entschuldigungen aus Höflichkeit, zum Vermeiden von Konflikten, aus gesellschaftlicher Erwartung bis hin zu aus Angst vor Gewalt.

Warum entschuldigen sich Frauen häufiger?

Gesellschaftliche Normen und historische Prägungen sind die Ursachen, aber auch ein mangelndes Selbstwertgefühl spielt eine Rolle beim Entschuldigungsverhalten. Menschen, die sich ständig entschuldigen, streben danach, alles richtig zu machen. Sie zögern, ihre Bedürfnisse zu kommunizieren, aus Angst, Konflikte zu verursachen oder als fordernd wahrgenommen zu werden. Mit der Kampagne „End of Sorry“ möchte Palmers Frauen dazu ermutigen, sich nicht mehr für ihr Handeln, ihren Charakter, ihre Emotionen oder ihr Aussehen zu entschuldigen, und sich stattdessen selbst zu feiern. „Be sexy, not sorry“ lautet der Slogan, unter dem etwa Autorin und UN-Sonderbotschafterin Waries Dirie, Model und Aktivistin Bianca Rosemarie oder Extremsportlerin Stefanie Millinger präsentieren, wofür sie sich nicht mehr entschuldigen.

Zahlen und Fakten zur Palmers-Umfrage

Auch die Kulturwissenschaftlerin und Autorin Tara-Louise Wittwer hat „sorry“ weitgehend aus ihrem Wortschatz gestrichen. In ihrem jüngst erschienen Buch „Sorry, aber …: Eine Verzichtserklärung an das ständige Entschuldigen“ setzt sie sich mit dem Phänomen des Überentschuldigens auseinander und plädiert etwa dafür, Entschuldigungen durch ein „Danke“ zu ersetzen. Seit ihrem persönlichen „End of sorry“ gehe es ihr deutlich besser. Man müsse verstehen, dass man sich nicht kleiner machen müsse, um gehört zu werden. Vielmehr führt häufiges Entschuldigen dazu, dass wir als weniger selbstbewusst und kompetent wahrgenommen werden. Und das kann wiederum zu verpassten Beförderungsmöglichkeiten, niedrigeren Gehältern und einem Mangel an Anerkennung führen. Es ist also höchste Zeit, dass wir aufhören, uns für unser Dasein zu entschuldigen und anfangen, unsere Meinung zu vertreten und unsere Leistungen anzuerkennen – sorry, not sorry!


Dieser Kommentar stammt aus unserem wöchentlichen SHEbriefly Newsletter. Jetzt abonnieren und wöchentlich die neuesten Storys, spannende News aus der sheconomy Redaktion sowie Goodies für unsere Community bequem in Euer Postfach erhalten.

STAY CONNECTED