In unserer Serie „Hätte ich das bloß früher gewusst“ teilen erfolgreiche Gründerinnen und Führungspersönlichkeiten ihre wichtigsten Erkenntnisse und Erfahrungen. Diese wertvollen Lektionen, die sie im Laufe ihrer Karriere gesammelt haben, wären für sie selbst ein entscheidender Vorteil gewesen, hätten sie sie schon zu Beginn gewusst.
Nach Jahren intensiver Auseinandersetzung mit ihrem eigenen Körper und unzähligen Versuchen, Schmerzen und Einschränkungen zu überwinden, fand Luise Walther einen neuen Zugang zu Gesundheit und Wohlbefinden. Eine Bandscheiben-Not-OP und die damit verbundenen Ängste wurde für sie zum Wendepunkt. Dieser Moment brachte sie dazu, ihre Perspektive auf Bewegung, Schmerz und Erfolg grundlegend zu überdenken. Als Performance Coach und Expertin für Neurozentriertes Training teilt sie heute ihre Erkenntnisse, die sie aus ihrer persönlichen Reise gewonnen hat, und hilft anderen, den eigenen Körper und die Verbindung zwischen Geist und Bewegung neu zu verstehen.
Im Interview teilt Luise Walther ihre persönlichen Einsichten und erklärt, wie ihre berufliche und gesundheitliche Reise sie zu der Arbeit geführt hat, die sie heute macht. Sie spricht über entscheidende Wendepunkte, was sie im Rückblick über ihre Karriere gelernt hat und welche Lektionen sie selbst aus ihren Fehlern und Rückschlägen gezogen hat.
Was war die wichtigste Lektion, die Sie in Ihrer Karriere gelernt haben – und wie hat sie Ihre Sichtweise verändert?
Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit. Wenn du wirklich willst, kannst du unglaublich viel bewegen. Und wenn du neugierig bleibst, öffnen sich immer wieder Türen – ganz oft da, wo vorher keine waren. Die größte Veränderung in meiner Sichtweise war: Ich muss nicht warten, bis mich jemand fragt oder einlädt. Ich kann losgehen. Und das Beste daran: Wenn man selbst weitergeht, kann man diese Türen für andere gleich mit offen halten.
Gab es einen Moment, in dem Sie dachten: „Hätte ich das doch nur früher gewusst“?
Oh ja. Der Switch vom Controller zum Surfer. Früher wollte ich planen, vorbereiten, absichern. Heute weiß ich: Wenn ich gut vorbereitet bin, kann ich loslassen. Und dann entsteht Flow. Für mich bedeutet das: Gut vorbereiten – und dann Mut zur Lücke. Improvisation. Kreativität. Co-Creation. Ich bin nicht perfektionistisch. Ich bin neugierig. Und genau daraus entstehen oft die besten Dinge – im echten Kontakt, im Ungeplanten, im Moment.
Welche falschen Annahmen über Ihre Branche oder Karriere mussten Sie erst durch Erfahrung widerlegen?
Dass es reicht, viel zu wissen. Dass Expertise allein Menschen überzeugt. Ich habe gelernt: Es geht nicht um Daten. Es geht um Bedeutung. Menschen wollen sich verstanden fühlen, nicht belehrt. Sie brauchen Kontext, nicht nur Konzepte. Persönlichkeit schlägt Perfektionismus. Und Verbindung schlägt Fakten.
Wenn Sie an den Beginn Ihrer Karriere zurückdenken: Welchen Rat hätten Sie Ihrem jüngeren Ich gegeben?
Sei du selbst – alle anderen gibt’s schon. Wirklich: Keine Rolle, kein Vergleich, kein Warten. Ich würde mir sagen: Du darfst rausgehen, und sein wie du bist. Was dich besonders macht, ist nicht deine Anpassung, sondern dein eigener Zugang, deine Haltung, deine Energie. Dafür muss man sich nur trauen.
Welche Fehler oder Rückschläge waren rückblickend entscheidend für Ihren Erfolg – und warum?
Der wirkliche Wendepunkt war mein eigener Körper. Schmerz war der Moment der Ehrlichkeit. Und vor der Not-OP – als nichts mehr ging – habe ich gespürt, wie endlich das alles ist. Diese Erfahrung hat alles verändert: meine Klarheit, meine Prioritäten, mein Anspruch. Seitdem will ich keine Zeit verschwenden. Ich will gestalten.
Gibt es eine bestimmte Gewohnheit oder Routine, die Sie erst spät entwickelt haben – und heute nicht mehr missen möchten?
8 Stunden Schlaf. Kalte Dusche. Punkt. Ich verhandle das nicht mehr. Früher war ich stolz auf vier Stunden Schlaf und volle Tage. Heute weiß ich: Wer Zukunft gestalten will – im Körper, im Business, im Denken – braucht Erholung. Schlaf ist meine Superpower. Und mein neuronaler Sicherheitsgurt.
Wie hat sich Ihr Blick auf das Thema Erfolg im Laufe Ihrer Karriere verändert?
Früher: Projekte. Kundenzahl. Wachstumskurven. Heute: Gestaltungsfreiheit. Wirkung. Tiefe. Erfolg heißt für mich: Ich darf Dinge anders machen. Ich darf neue Wege ausprobieren – und andere dazu einladen. Ich denke in Systemen, nicht in To-dos. In Impulsen, nicht in Likes. Wenn Menschen sich bewegen – emotional oder körperlich – weil ich sie berührt habe, ist das mein größter Erfolg.
Gab es einen Menschen, ein Buch oder eine Erfahrung, die Ihre Karriere maßgeblich beeinflusst haben?
Mein Gamechanger war ganz klar: Mein eigener Körper. Die Not-OP, die Taubheit in den Beinen, die Angst, dass nichts mehr geht – das hat alles in mir neu sortiert. Ich habe verstanden: Ich habe nur dieses eine Leben. Und diesen einen Körper. Und ich will beides nicht nur erhalten – ich will es genießen. Spüren. Ausleben. Voll. Diese Haltung hat meine gesamte Arbeit geprägt. Alles, was ich weitergebe, kommt aus genau diesem Impuls.
Was hätten Sie gerne über Work-Life-Balance gewusst, bevor Sie in Ihre jetzige Position kamen?
Dass sie ein Mythos ist – zumindest, wenn man sie statisch versteht. Ich glaube nicht an das Bild von zwei getrennten Welten. Ich glaube an Integration. Ich will nicht ausgleichen, ich will verknüpfen. Wenn Arbeit mich inspiriert und Leben mir Energie gibt, dann entsteht Rhythmus – kein Balanceakt. Energie folgt Sinn. Das ist mein neuer Maßstab.
Welche Überzeugung oder Regel, die Sie zu Beginn Ihrer Karriere hatten, haben Sie inzwischen über Bord geworfen – und warum?
Dass ich erst perfekt sein muss, bevor ich sichtbar werden darf. Dass ich warten muss, bis jemand sagt: „Du bist jetzt Expertin.“ Heute weiß ich: Sichtbarkeit ist kein Status, sondern eine Entscheidung. Ich habe gelernt: Ich wachse in dem Moment, in dem ich auftauche. Nicht in dem, in dem ich warte. Mut schlägt Zweifel. Immer.
Gibt es einen Gamechanging Moment in Ihrem Leben?
Definitiv. Ich lag in einem Krankenhausbett, konnte meine Beine nicht bewegen. Die Diagnose: Bandscheibenvorfall mit Lähmungserscheinung. Und da wurde mir klar: Ich hab nur dieses eine Leben. Und ich will es nicht nur überleben – ich will es genießen und spüren. Jetzt. Dieser Moment hat mir meine eigene Kraft zurückgegeben. Seitdem ist alles, was ich tue, verkörpert. Echt. Und kompromisslos lebendig.