StartBusinessLeidenschaft als Erfolgstreiber in Familienunternehmen

Leidenschaft als Erfolgstreiber in Familienunternehmen

Tausende Familienunternehmen suchen in den nächsten Jahren eine Nachfolge. Nur selten werden das Frauen. Warum das eine verpasste Chance ist, wenn es um langfristigen Erfolg geht, beleuchtet Andrea Hartmair im ersten Teil unserer neuen Serie zum Thema Unternehmensnachfolgerinnen.

Eine reibungslose Nachfolgeregelung, im besten Fall innerhalb der Familie: der Wunsch vieler Familienunternehmen. Oftmals sieht die Praxis jedoch anders aus. Aktuell bleibt ein Generationenwechsel nur bei rund der Hälfte der Unternehmen in Familienhand. Ein zweiter Blick verrät: Frauen in der Nachfolge sind rar. Eine verpasste Chance, wenn es um langfristigen Erfolg geht – denn die weibliche Leidenschaft kann ein wahrer Erfolgstreiber sein.

In Österreich sind 51 Prozent und in Deutschland 88 Prozent der Unternehmen eigentümergeführt. Allerdings werden die Unternehmer*innen der Generation Babyboomer immer älter und die Frage nach der Nachfolge immer lauter. Tausende von Familienunternehmen stehen in den kommenden Jahren vor der Herausforderung, eine geeignete Nachfolge zu finden. In Österreich sind bis zum Jahr 2029 etwa 51.500 Unternehmen von einer Nachfolge betroffen. In Deutschland stehen im Zeitraum von 2022 bis 2026 rund 190.000 Unternehmen zur Übergabe an.

Leidenschaft als Erfolgsfaktor

Unternehmertum aus Leidenschaft über mehrere Generationen hinweg sowie starke Werte und solide Geschäftsmodelle – das zeichnet viele Familienunternehmen aus. Es gibt eine Reihe an Faktoren, die zum langfristigen Erfolg von Unternehmen beitragen – weit über den Generationenwechsel hinaus. Ein wesentlicher Treiber ist dabei, neben neuen Technologien und Arbeitsweisen, die Leidenschaft. Für Unternehmer*innen ein ausgewiesener Kernwert. In Familienunternehmen beginnt das mit der Leidenschaft schon bei der Gründung, schließlich handelt es sich dabei um das eigene Baby. In den Nachfolgegenerationen zieht es sich fort: Nachfolger*innen tragen diesen und weitere mit der strategischen Ausrichtung verwoben Werte in die Zukunft weiter. Die Leidenschaft spiegelt sich neben dem Erfolg in vielen Familienunternehmen in einer engagierten und innovativen Unternehmenskultur wider. Familieninterne Nachfolger*innen wachsen oftmals von klein auf in das Unternehmertum rein inklusive des Bewusstseins für Chancen und Herausforderungen, aber auch dieser magischen Begeisterung.

Für mich ist Leidenschaft das intensive Gefühl der Begeisterung und Hingabe für etwas, das jemandem am Herzen liegt. Es ist die treibende Kraft, die motiviert, über das Gewöhnliche hinauszuwachsen und in Unternehmungen außergewöhnliche Ergebnisse zu erzielen und Erlebnisse zu erfahren.

Und da kommt das Besondere an der weiblichen Nachfolge, den Töchtern, Nichten oder Enkelinnen: Frauen setzen Leidenschaft stärker in der Führung ihres Unternehmens und ihrer Teams ein als Männer. Außerdem orientieren sich Frauen häufig an anderen Zielen als ihr männliches Pendant – das betrifft nicht die Unternehmensziele, sondern besonders persönliche, zwischenmenschliche und emotionale Komponenten. Dieser Fokus und die Fähigkeit, Leidenschaft zu transportieren und einzusetzen, sind bei Frauen stärker ausgeprägt. Das führt zu einer Kette positiver und heutzutage vielseits entscheidender Erfolgskriterien: mehr Motivation, höhere Loyalität und Mitarbeiterbindung, weniger Fehlzeiten und schließlich mehr Effizienz und Produktivität – sprich in Summe zu mehr Erfolg.

Zentraler Schlüssel ist dabei die Mitarbeitermotivation. Sie ist nicht nur ein kleiner Funke, sie ist das Feuerwerk, das Unternehmen zum Erfolg führt. Motivierte Teams sind innovativ, leisten hervorragende Arbeit und meistern Herausforderungen mit intrinsischem Engagement. Motivierte Mitarbeitende sind nicht nur eine Bereicherung, sondern das Geheimrezept, das aus einem Unternehmen eine erfolgreiche Marke macht.

Meta-Kompetenzen bereichern die Nachfolge

Die positiven Auswirkungen von Leidenschaft beginnen intern und wirken attraktiv nach außen auf potenzielle Mitarbeitende. Bereits 2012 erklärte Robert Markey, Partner bei Bain & Company, im Harvard Business Review, dass loyale, leidenschaftliche Mitarbeitende einem Unternehmen ebenso viel Nutzen wie loyale, leidenschaftliche Kund*innen bringen.

Unternehmensnachfolgerinnen schaffen es auf zwei Weisen, diesen Wert besonders erfolgsbringend einzusetzen:

  1. Durch ihre eigene intrinsische Motivation und die Leidenschaft im Familiengen stecken sie ihr Umfeld an. Man spürt einfach, wenn jemand für eine Sache brennt. Bleibt sich eine Nachfolgerin selbst treu und lässt sich nicht von externen Erwartungen in eine andere Richtung führen, ist es ein Leichtes, dieses Feuer weiterzutragen und diesen Spirit an die Teams zu übertragen.
  2. Durch Wertschätzung, Lob, Eigenverantwortung, aber auch die Vereinbarkeit von persönlichen und beruflichen Interessen. Dazu kommt die Nähe zu und das echte Interesse an den Mitarbeitenden oder das Lesen zwischen den Zeilen – selbstverständlich neben den Zahlen, Daten und Fakten, die ein Unternehmen mittragen.

Neben der Leidenschaft forcieren sogenannte Meta-Kompetenzen den langfristigen Erfolg.  Dazu zählen Empathie, Kommunikation oder Beziehungsgestaltung. Soziale Kompetenzen, die von keiner KI oder Technologie übernommen werden können – zumindest noch nicht – denn Mitarbeitende wollen von Menschen geführt werden. Der Fit zwischen den Werten eines Mitarbeitenden und des Unternehmens bleibt entscheidend für beiderseitige Zufriedenheit – und somit den langfristigen Erfolg eines Unternehmens. Alles Kompetenzen, die oftmals stärker Frauen zugesprochen werden.

Mehr Unternehmensnachfolgerinnen – (noch) Fehlanzeige

Frauen entwickeln, genau wie Männer, innovative Lösungen durch ihr kreatives Denken. Nur die Anerkennung ist nicht dieselbe, wie bei Männern. Das spiegelt sich auch in Unternehmensnachfolge wider. Oftmals tun sich Entscheider im Generationswechsel schwer, einem weiblichen Part die Unternehmensnachfolge zuzusprechen, bestätigt der aktuelle Bericht der AllBright Stiftung. Ich sehe das definitiv als eine verpasste Chance, wenn es um eine erfolgreiche und nachhaltige Übergabe geht. Denn ein starkes Werteverständnis und die extra Portion Leidenschaft sorgen für nachhaltigen Erfolg. Gerade einmal zwei der 100 größten Familienunternehmen werden erfolgreich von familieninternen Nachfolgerinnen geführt: B. Braun Melsungen von Anna Maria Braun und Trumpf von Nicola Leibinger-Kammüller. Dennoch: Paradebeispiele, dass Töchter das große Erbe der Familie erfolgreich weiterführen können.

Die jüngst veröffentlichte Studie besagt weiter: Der Frauenanteil in den 100 größten deutschen Familienunternehmen liegt derzeit bei nur 12,6 Prozent. Diese Zahl lässt sich nicht von heute auf morgen ausgleichen: Ein Hauptgrund für den geringen Anteil weiblicher Führungskräfte und Nachfolgerinnen in deutschen Familienunternehmen sind aus meiner Sicht weiterhin bestehende Rollenbilder und tradierte Denkmuster, die es Frauen erschweren, eine aktive Rolle in der Unternehmensführung einzunehmen. Frauen müssen oft mehr Überzeugungsarbeit leisten, um ihre Fähigkeiten und Leidenschaften zu demonstrieren. Wir bei Goldstück haben uns zur Aufgabe gemacht, dies zu zeigen und Unternehmensnachfolgerinnen auf diesem Weg zu unterstützen.


Zur Autorin:

Andrea Hartmair verbrachte 15 Jahre in Familienunternehmen, zuletzt als Chief Communications Officer. Seit Anfang 2021 ist die Marketing- und Kommunikationsexpertin selbständig mit ihrer eigenen Boutique-Beratung Goldstück. Nicht zuletzt als Initiatorin ihres Blogs Manager Mama liegt ihr Schwerpunkt schon seit vielen Jahren auf Frauen und deren Karrieren sowie Sichtbarkeit. Mehr dazu lest ihr auch im sheconomy-Interview.

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