StartMoneyLänger arbeiten - wie und weshalb?

Länger arbeiten – wie und weshalb?

Wer die Pension aufschiebt, hat nicht unbedingt Vorteile. Auch das Arbeiten in der Pension sollte durchgerechnet werden.

Wer beim Gedanken an den Ruhestand innere Ruhe empfindet, hat wohl ein starkes Nervenkostüm: Die Pension, genauer gesagt deren finanzielle Absicherung, ist sowohl für jede Einzelne als auch für Politik und Wirtschaft ein zentrales Thema. Fix ist: In den nächsten Jahren wird das Pensionsalter sukzessive angehoben, um die Finanzierung der Pensionen nachhaltig zu sichern. Das österreichische Pensionssystem basiert auf einem Umlageverfahren: Aktuelle Beitragszahler:innen finanzieren größtenteils die Pensionen der Bezieher:innen. In anderen Ländern wie Schweden werden zum Teil auch Veranlagungen am Kapitalmarkt genutzt, um die Pensionen abzusichern – das wurde in Deutschland bereits diskutiert, ist aber ebenso wie hierzulande derzeit kein Thema.

Das Regelpensionsalter von derzeit 60 Jahren für Frauen wird bis 2033 schrittweise angehoben. Für jene, die vorzeitig in Pension gehen möchten, gibt es Optionen wie die Korridorpension, die jedoch mit Abschlägen verbunden ist. Langzeitversicherte Frauen und Männer haben die Möglichkeit einer abschlagsfreien Pension nach 45 Versicherungsjahren. Aber ist es überhaupt reiz- und sinnvoll, länger zu arbeiten? Abgesehen von körperlichen und geistigen Auswirkungen des längeren Arbeitens stellt sich diese Frage auch in finanzieller Hinsicht: De facto verzichtet man ja dadurch für mehrere Jahre auf seine Pension und zahlt weiterhin ins System ein. Im Gegenzug erhöht jedes weitere Jahr in der Beschäftigung langfristig wiederum die Pension, wenn auch in überschaubarem Maß.


1.310,74 Euro beträgt die durchschnittliche Pension einer Frau in Österreich, die eines Mannes 1.856,08 Euro.
1.333,00 Euro beträgt die durchschnittliche Pension einer Frau in Deutschland, die eines Mannes 1.800 Euro (Stand 2023).

Anerkennung und Sinnstiftung

Sollen Menschen länger arbeiten? Ingrid Korosec, Präsidentin des ÖVP-nahen Seniorenbunds, unterstützt das: „Weil Arbeit, die man gerne macht, Freude und Anerkennung bringt und sinnstiftend ist.“ Es müsse aber freiwillig erfolgen und die Arbeitsplätze müssten altersgerecht sein. Es liege im individuellen Ermessen, ob längeres Arbeiten sinnvoll sei oder nicht, sagt Peter Kostelka, Präsident des SPÖ-nahen Pensionistenverbands. „Jede Beschäftigung, ob entlohnt oder nicht, trägt wesentlich dazu bei, aktiv und gesund alt zu werden, den Organismus am Laufen zu halten und steigert auch das Selbstwertgefühl.“ Es gäbe aber einige Parameter, die zu beachten seien – etwa ob es physisch bzw. psychisch überhaupt möglich sei, einer Beschäftigung weiterhin nachzugehen. „Die vielzitierte Pflegerin, die 40 Jahre lang körperliche Schwerstarbeit mit hoher psychischer Belastung geleistet hat, wird irgendwann im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr können.“ Es mangle derzeit an der altersgerechten Ausgestaltung der Arbeitswelt, moniert Kostelka.

Die grundsätzliche Frage lautet also: Länger arbeiten und die Pension hinauszögern oder doch in Pension gehen und nebenbei arbeiten? Beides hat Vor- und Nachteile:

Wer länger arbeitet (also über das Regelpensionsalter hinaus), erhöht für maximal drei Jahre die nachfolgende Pension um 5,1 Prozent je Jahr, also um insgesamt maximal 15,3 Prozent; außerdem wird das Pensionskonto aufgefettet und die Pensionsbeiträge von Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen werden in diesem Fall gesenkt, wodurch mehr Nettolohn bleibt.

Wer neben der Pension arbeitet, bekommt eben seine Pension ausbezahlt und darf bis zu rund 1000 Euro monatlich dazuverdienen, ohne dafür wiederum Pensionsbeiträge zu bezahlen. Allerdings muss für den Zuverdienst Lohnsteuer bezahlt werden – und für deren Berechnung werden sowohl Pension als auch Zusatzeinkommen herangezogen.

Staat sollte Anreize schaffen

Arbeiten neben der Pension soll nach Ansicht des Seniorenbunds jedenfalls stärker forciert werden: Dass die Pensionsbeiträge für erwerbstätige Pensionist:innen mit einem Zuverdienst bis rund 1000 Euro abgeschafft wurden, sei immerhin ein wichtiger kleiner Schritt gewesen, meint Ingrid Korosec: „Wir wollen aber volle Steuer- und Abgabenfreiheit – also netto für brutto.“ Außerdem sollte der Bonus für jene, die über das Regelpensionsalter hinaus arbeiten, erhöht werden. Peter Kostelka wiederum bezeichnet den Freibetrag bei der Pensionsversicherung für alle, die neben der Pension arbeiten, als „Mogelpackung“, weil dieser dazu führe, dass die Grundlage für die Steuerbemessung steigt. „Das heißt: Was man sich an der Sozialversicherung erspart, nimmt einem zu einem guten Teil der Finanzminister über die Steuer wieder weg.“ Der Vorschlag des Pensionistenverbands: Ein Steuerfreibetragsmodell, das sich an der Höhe der geleisteten Sozialversicherungsbeiträge orientiert. „Auch das längere Arbeiten ohne die Alterspension anzutreten sollte durch eine Erhöhung des entsprechenden Pensions-Bonus für die zukünftige Pension noch attraktiver gemacht werden.“


35,45 Jahre beträgt die durchschnittliche Versicherungsdauer bis zum Pensionsantritt in Deutschland
35,6 Jahre in Österreich (Stand 2023)

Fragen und Antworten zum (Un-) Ruhestand

Wie oft bekommt man die Pension?

Die Pension wird in Deutschland und Österreich 14-mal jährlich ausgezahlt, einschließlich zweier Sonderzahlungen im Jahr.

Wie müssen Zuverdienste neben der Pension versteuert werden? (Stand Ö.)

Weiterarbeitende Pensionist*innen zahlen für jenen Teil des Zuverdiensts Pensionsbeiträge, der über der doppelten Geringfügigkeitsgrenze liegt (2024: rund 1037 Euro pro Monat); für den restlichen Teil springt der Bund ein. Achtung: Ab bestimmten Einkommensgrenzen können außerdem Steuernachzahlungen fällig werden.

Zahlt man für Pension Lohnsteuer? (Stand Ö.)

Ja, auch die Pension ist steuerpflichtig; die Steuer wird gleich von der auszahlenden Stelle einbehalten. Dabei heißt es aufpassen: Der gesamte Verdienst (Pension und eventueller Zuverdienst) wird besteuert, was zu einer höheren Steuerlast führen kann. Die Lohnsteuer für eine Pension wird genauso wie die Lohnsteuer für einen Arbeitslohn nach dem Einkommensteuertarif berechnet. Für Jahreseinkommen (Pension inklusive zusätzlichen Einkommen) bis zu 12.816 Euro fällt keine Lohnsteuer an.


Korridorpension (Ö.)

Bei einer langen Versicherungsdauer ermöglicht diese einen früheren Pensionsantritt, ist für Frauen aber erst ab 2028 möglich – davor können Sie zum jeweiligen Regelpensionsalter in Alterspension gehen. Wer aber nicht mindestens 540 Versicherungsmonate erworben hat, bekommt weniger Pension (minus 5,1 Prozent pro Jahr).

Frühpension

Antritt der Pension vor dem eigentlichen Pensionsalter. Neben der Korridorpension ist das bei Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension, Schwerarbeitspension oder beim Frühstarterbonus möglich (Ö.). In D. ist eine Frührente nach 35 Jahren Ewerbstätigkeit möglich – mit Abschlägen.

Regelpensionsalter

Das Regelpensionsalter beträgt derzeit für Frauen in D. 67 Jahre (für nach 1964 Geb.) – für die Jahrgänge 1958 bis 1964 wurde es stufenweise auf 66 Jahre und 10 Monate angehoben. In Ö. liegt es, je nach Geburtsjahr, zwischen 60 und 65 Jahre (wird seit Anfang 2024 bis 2033 schrittweise auf 65 Jahren angehoben).


Renten in Deutschland

Bisweilen nennen deutsche Politiker:innen das österreichische Pensionssystem als Vorbild, denn dieses biete mehr Sicherheit. Ist das wirklich so und was sind die Unterschiede? Hier die Fakten: Insgesamt bietet das österreichische Pensionssystem tatsächlich einen umfassenderen Altersschutz als das deutsche System, was sich in höheren Pensionsleistungen widerspiegelt; insgesamt hat Österreich ein deutlich höheres Rentenniveau im Vergleich zu den letzten Nettoeinkünften. Außerdem sind in Österreich beinahe alle Erwerbstätigen mit vergleichbaren Beitrags- und Leistungskonditionen in die Pensionsversicherung integriert, während in Deutschland verschiedene Gruppen wie freiberuflich tätige Personen differenziert abgesichert sind.

Unterschiede gibt es auch bei Wartezeit und Beitragsregelungen: In Österreich beträgt die Mindestwartezeit 15 Jahre, in Deutschland nur fünf. Das führt dazu, dass in Österreich zwar höhere Pensionen gezahlt werden, Personen mit weniger Beitragsjahren jedoch keinen Anspruch haben, während sie in Deutschland sogenannte „Minirenten“ erhalten können. Stichwort Steuern: Die Renten in Deutschland werden nach dem Prinzip der nachgelagerten Besteuerung besteuert. Der steuerfreie Anteil der Rente sinkt derzeit mit jedem neuen Renteneintrittsjahr, sodass bis 2040 Neurentner:innen ihre Rente vollständig versteuern müssen. Aktuell bleibt ein Rentenfreibetrag von 17 Prozent bestehen, während 83 Prozent der Rente steuerpflichtig sind. Zudem können steuerliche Entlastungen wie der Altersentlastungsbetrag unter bestimmten Bedingungen geltend gemacht werden. Und auch deutsche Rentner zahlen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.

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