StartBalanceLifestyle & ArtKunst und Unternehmertum: Neues RischArt-Projekt "Mischen" startet in München

Kunst und Unternehmertum: Neues RischArt-Projekt „Mischen“ startet in München

Es ist die letzte Möglichkeit, die prämierte ehemalige Gläserne Backstube der Traditionsbäckerei Rischart im Münchner Glockenbachviertel zu erleben, das Gebäude wurde vom renommierten Architekten Professor Kiessler gestaltet : Mit dem RischArt-Projekt "Mischen" setzen Unternehmer Magnus Müller-Rischart und Kuratorin Katharina Keller erneut ein Zeichen, um Kunst in die Breite zu bringen.

Wo vor kurzem noch Brot und Kuchen gefertigt wurden, liegen derzeit elf LkW-Ladungen Mutterboden, ein Kunstwerk von Hans Schabus. Er gehört zu den Kunstschaffenden, die Unternehmer Magnus Müller-Rischart mit den „RischArt“-Projekten fördert. Seit mehr als 40 Jahren sorgt die Traditionsbäckerei dabei gemeinsam mit Kuratorin Katharina Keller immer wieder mit ungewöhnliche Kunstaktionen für Aufmerksamkeit, meist im öffentlichen Raum. Ein Besuch im Münchner Glockenbachviertel.

Frau Keller, seit 42 Jahren kuratieren Sie die „RischArt_“-Projekte, gerade startet das aktuelle Projekt unter dem Oberthema „Mischen“. Was unterscheidet dieses Kunst-Engagement von dem anderer Unternehmen?

Katharina Keller: Rischart als mittelständisches Münchner Unternehmen sammelt die Kunst nicht und baut keinen Bestand auf, will damit also keinen Gewinn machen oder Kapital anlegen, sondern fördert Künstler:innen temporär für ein Oberthema, das wir festlegen und die Künstler:innen dann ausfüllen. Die Werke bleiben im Besitz der Kunstschaffenden.

Sie waren erst 21 Jahre und haben die Verbindung zum Unternehmen Rischart von Ihrer Mutter übernommen…

Katharina Keller: Ja, ich war bis 1987 in der Dany Keller Galerie tätig und konnte diese Aufgabe übernehmen. Das war ein riesiger Vertrauensvorschuss, den ich vom Unternehmen bekommen habe, den ich aber auch einlösen konnte. Bis heute habe ich 14 der insgesamt 16 Ausstellungen kuratiert.

Warum investieren Sie in dieser Form in Kunst Herr Müller-Rischart – weil Ihr Vater Ihnen dieses Erbe hinterlassen hat, oder aus eigenem Antrieb?

Magnus Müller-Rischart: Als Kind war ich gefühlt mehr in der Galerie von Katharinas Mutter gegenüber, als in der Backstube, so fasziniert war mein Vater von der Kunst. Er wollte sie für die Allgemeinheit zugänglich machen, aus der isolierten Atmosphäre von Museen und Galerien herausholen und in das tägliche Leben einbeziehen. Bis hinein in die Tiefgarage fanden sich in unserem ehemaligen Backhaus überall Kunstwerke. In meiner Ausbildung als Bäcker habe ich beim Auftragen von Glasur den Pinsel wie einen Malpinsel gehalten, da hieß es dann: „Ach ja, Sie sind doch der mit der Kunst.“

Was ist das Ziel der Aktionen?

Katharina Keller: Es ist uns wichtig, die Menschen zu erreichen, indem wir ihnen die Kunst, die wir ausstellen, erlebbar machen. Wir suchen Themen, die alle Menschen beschäftigen, wir wollen nicht elitär sein. Die Arbeiten sind meist für eine begrenzte Zeit Teil des öffentlichen Raums. Aber natürlich schauen wir auch, welche Künstler:innen zum Unternehmen passen. In der aktuellen Ausstellung spielen die Kunstschaffenden mit der besonderen Architektur des ehemaligen Backhauses, etwa wie der Künstler Hans Schabus, der eine riesige Menge Mutterboden in der Installation „Schwerkraft der Verhältnisse“ in der großen ehemaligen Produktionshalle eingebracht hat.

Sie haben in der Vergangenheit der eher konservativen Stadt München auch einige Überraschungen beschert…

Katharina Keller: Wir haben insgesamt 36 Orte in der Innenstadt Münchens bespielt und mehr als 150 Künstler:innen gefördert. Ja, tatsächlich wäre vieles heute wohl nicht mehr genehmigungsfähig bzw. konnten wir nur mit Sondergenehmigungen durchführen. Aber damit haben wir München auch deutlich bunter gemacht, vor allem in den 1980er und 1990er Jahren. Zum Beispiel haben wir die Wände der U-Bahn-Station Marienplatz für die  Aktion „Bilder im Vorbeifahren“ bemalen lassen, die Bahnsteige wurden zum Atelier, die Fahrgäste mit einbezogen – das wäre heute undenkbar.

Wieso ist Ihnen so etwas als Unternehmer wichtig?

Magnus Müller-Rischart: Kunst ist immer Innovation, und solche Anregungen brauchen wir auch in unserer täglichen Arbeit. Stillstand ist Rückschritt. Außerdem sehen wir die Förderung der Künstler:innen als gesellschaftliches Engagement. Wir wollen nicht nur wirtschaftlich etwas beitragen, sondern auch kulturell. Wir wollen ein breites Spektrum an Kunst zeigen, um so viele Menschen wie möglich zu erreichen, auch Menschen, die nur wenig Kontakt zur Kunst haben. Außerdem sehen wir es als Zeichen des Respekts für unsere Beschäftigten, unserer Arbeit noch einen weiteren Sinn zu geben.

Katharina Keller: Und es bereichert auch die Unternehmenskultur, manche Beschäftigte interessieren sich aus diesem Grund für eine Stelle. Das Oberthema „Mischen“ des Projekts 2025 wird zu einem Statement für eine offene und diverse Gesellschaft: Mischen verbindet. Mischen statt trennen!

Wie hat sich die Kunst über die Jahre verändert?

Katharina Keller: Es sind mehr Disziplinen hinzugekommen, dadurch werden die Projekte vielschichtiger, es ist viel mehr möglich.

Nach welchen Kriterien suchen Sie die Beteiligten aus?

Katharina Keller: Die Werke müssen kraftvoll sein, etwas Besonderes, und Erzählungen bieten. Wir schauen nicht nach der Vita, oder bei wem die Künstler:innen gelernt haben  – sondern ob wir die Überzeugung dahinter spüren.

Warum sollten nicht nur Interessierte aus München sich die aktuelle Ausstellung anschauen?

Magnus Müller-Rischart: Es ist die letzte Möglichkeit, die prämierte ehemalige Gläserne Backstube im Münchner Glockenbachviertel zu erleben, die vom renommierten Architekten Professor Kiessler mit gestaltet wurde und u.a. viele Mies-van-der-Rohe-Elemente und ungewöhnliche Formen mitbringt. Im Zusammenspiel von Kunst und Architektur und vor dem Hintergrund, dass wir hier ja tatsächlich lange Jahre täglich produziert haben und nun durch den Umzug auf das neue Gelände an der Theresienhöhe der Raum komplett frei bespielt werden konnte, entstehen aus meiner Sicht einzigartige Eindrücke.

Katharina Keller (Jg 1961) ist u.a. seit 1983 für die unterschiedlichen RischArt_Projekte als freie Kuratorin verantwortlich. Magnus Müller-Rischart übernahm 2009 nach der Ausbildung zum Bäcker- und Konditormeister und anschließendem Betriebswirtschaftsstudium die Münchner Firma in fünfter Generation von seinem Vater Gerhard, dem Initiator der RischArt_Projekte.
16. RischArt_Projekt: …MISCHEN, 20. März bis 16. April 2025, Gläserne Backstube, Buttermelcherstraße 16, 80469 München, kostenlos, täglich 11:00 Uhr bis 19:00 UhrKünstlerinnen und Künstler: Gabi Blum, Veronika Günther, Tina Haase, Claudia Holzinger, Rosa Luckow, Beate Passow, Pegasus Product, Hans Schabus
Gast: Radio 80000

Fotomaterial@Jochen Splett

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