Als Direktorin der Europäischen Zentralbank (EZB) ist die Meinung von Isabel Schnabel zur aktuellen Zinspolitik sehr gefragt. Die Preise sind in der Euro-Zone im Dezember um fünf Prozent gestiegen und somit hat sie alle Hände voll zu tun. Dazu kommt auch noch der Kampf gegen den Klimawandel und damit einhergehend höhere Kosten für Energie.
Die EZB wird derzeit vielerorts dafür kritisiert, dass sie an ihrer Nullzinspolitik festhält. Eine Erhöhung der Zinsen sieht Isabel Schnabel dennoch nicht als den richtigen Weg. „Das könnte dazu führen, dass der Aufschwung abgewürgt wird“, sagte Schnabel im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Laut EZB wird die Inflation in ein bis drei Jahren wieder deutlich sinken, besonders Sprit und Gas haben sich zuletzt stark verteuert. „Wenn wir heute Maßnahmen ergreifen, wirken diese erst mit Verzögerung. Die Geldpolitik kann den Öl- oder Gaspreis nicht senken“, sagte Schnabel. Die Kritik an der Nullzinspolitik der EZB hat für Schnabel ihre Ursache in einem Kommunikationsproblem. „Wir bemühen uns, komplexe Zusammenhänge möglichst einfach zu erklären. Manchmal gelingt uns das vielleicht nicht.“ Daraus könne aber nicht folgen, „dass wir eine aus unserer Sicht falsche Geldpolitik betreiben, nur weil wir Sorge haben, dass unsere Maßnahmen schwierig zu erklären sind“, sagte die EZB-Direktorin. „Das würde großen Schaden anrichten.“
Vor Energiearmut schützen
Während die Energiepreise in der Vergangenheit oft ebenso schnell fielen wie sie stiegen, könnte die Notwendigkeit, den Kampf gegen den Klimawandel zu verstärken laut Schnabel, bedeuten, dass die Preise für fossile Brennstoffe jetzt nicht nur hoch bleiben, sondern sogar weiter steigen müssen, wenn die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden wollen. Ihrer Ansicht nach wird das Angebot an billigeren und umweltfreundlicheren Energiequellen nur allmählich in der Lage sein, die rasch steigende Nachfrage zu decken. Schnabel argumentiert weiter, dass die Regierungen die Energiewende vorantreiben und gleichzeitig die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft vor Energiearmut schützen müssen. Die Zentralbanken wiederum müssen laut Schnabel beurteilen, ob der grüne Übergang Risiken für die Preisstabilität birgt und inwieweit Abweichungen von ihrem Inflationsziel aufgrund eines steigenden Beitrags des Energiesektors zur Gesamtinflation tolerierbar und mit ihrem Preisstabilitätsmandat vereinbar sind.
Zur Person:
Nach ihrer Ausbildung zur Bankkauffrau bei der Deutschen Bank in Dortmund begann Schnabel 1992 ihr Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim. Im Jahr 2014 wurde sie zum Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ernannt und lehrt seit 2015 Finanzwirtschaft an der Universität Bonn. Auf Vorschlag von Finanzminister Olaf Scholz nominierte die Bundesregierung Schnabel als Nachfolgerin von Sabine Lautenschläger für das Direktoriums der Europäischen Zentralbank im Jahr 2019. Kurz darauf unterstützte die Eurogruppe Schnabels Kandidatur für eine nicht verlängerbare Amtszeit von acht Jahren.