Die ÖBB-Infrastruktur nimmt als eines der spannendsten und traditionsreichsten Unternehmen in Österreich eine Vorreiterrolle im technischen Fortschritt und als Wirtschaftsmotor ein. Zusätzlich will das Unternehmen auch Vorreiter im menschlichen Miteinander werden. Die Teilnahme am Frauen-Karriere-Index (FKi) ermöglicht es, die Frauenförderung klar zu messen, transparent zu machen und gezielt weiterzuentwickeln. Insbesondere wird dabei auf Maßnahmen gesetzt, die internen Karrierechancen für Frauen erhöhen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Männer und Frauen verbessern. Im Gespräch erfuhren wir mehr über den FKi.
Was ist die ÖBB-Insfrastruktur genau und wie sieht die Geschlechterverteilung aus?
Silvia Angelo: Die ÖBB-Infrastruktur ist der größte Teilkonzern der ÖBB, mit 18.000 Mitarbeiter*innen. Wir sind in ganz Österreich aufgestellt und traditionell ein Unternehmen mit vielen männlichen Angestellten. Das ist historisch gewachsen, weil wir ein technisch, handwerkliches Unternehmen sind. Über 90 Prozent unserer Belegschaft sind Männer. Da wollen wir für die Zukunft fitter werden und das Arbeitskräftepotential besser ausnutzen.
Was wird getan um die Geschlechterverteilung ins Gleichgewicht zu bringen?
Angelo: Wir adressieren ganz stark Frauen am Arbeitsmarkt und wollen vor allem die Frauen im Unternehmen halten und fördern. Der Frauenanteil von 9,2 Prozent ist uns noch zu wenig. Eine der wichtigsten Maßnahmen dahingehend waren ganz konkrete Zielsetzungen, die in der ÖBB-Diversity-Charter 2023 festgehalten sind. Bis dorthin möchte die ÖBB-Infrastruktur einen Frauenanteil von 10,5 Prozent erreichen. Das klingt vielleicht noch nicht nach viel, aber in unserem Bereich ist ein moderater Anstieg des Anteils realistischer.
Woher kam die Entscheidung den Frauenanteil zu erhöhen?
Angelo: Seit 2019 bin ich neben den Finanzen auch personalzuständige Vorstandsdirektorin. Ziemlich bald erkannten wir hier Handlungsbedarf und haben deshalb im Herbst 2019 das Projekt “Vielfalt“ initiiert. Eine der Hauptaufgaben war es ein Management-Tool zu etablieren, um dieses soziale Thema auch in greifbaren Daten darzustellen. Das Thema Frau ist uns deswegen wichtig, weil daran Diversität am besten gemessen werden kann. Frauen im Unternehmen stehen auch sehr stark für Vielfalt und wie Unternehmen mit diesem Thema umgehen.
Wie wird ermittelt ob die Jobattraktivität für Frauen bei der ÖBB-Infrastruktur tatsächlich zugenommen hat?
Angelo: Dazu wurde der Frauen-Karriere-Index implementiert. Das Modell beruht auf einer Balance-Score-Card-Basis, an dem mittlerweile 250 Unternehmen aus 11 Staaten teilnehmen. Das sind große Konzerne aus verschiedensten Unternehmensbereichen. Mit der Teilnahme hatten wir den Vorteil auch einen Vergleich zu haben, wie wir gegenüber anderen Unternehmen dastehen. Zum anderen haben wir dadurch auch einen zeitlichen Vergleich, aus dem herauskam, dass wir uns in diesem Bereich verbessert haben. Was mich ganz besonders freut. In Zahlen ausgedrückt, wir haben uns von 74 Punkten auf 78 Punkte in diesem Index gesteigert. Maximal können 100 Punkte erreicht werden.
In welchen Bereichen hat der Index, neben der Erhöhung der Jobattraktivität, auch eine reale Erhöhung des Anteils an weiblichen Mitarbeiterinnen bewirkt?
Angelo: In schweren handwerklichen Bereichen wie den Verschub oder im Sicherheitsdienst ist der Frauenanteil nach wie vor gering. Bei Bürotätigkeiten und Verwaltungsarbeiten sind wir teilweise schon sehr hoch. Wir schauen uns aber auch gewisse Berufsgruppen an. Dazu gehören die Fahrdienstleiter*innen, wo der Frauenanteil sukzessive erhöht wird. In diesem Berufsfeld haben sich auch aufgrund der Digitalisierung die Jobanforderungen geändert. Die Weichenstellung in Handarbeit geschieht jetzt computergesteuert. Auch dadurch wird dieser Beruf für Frauen attraktiver. Auch Bahntechniker*innen sollen zusätzlich gewonnen werden. Immer mehr Frauen absolvieren die HTL, technische Studien oder IT-Ausbildungen. Diese Frauen wollen wir für unsere Berufsfelder mobilisieren.
Welche Maßnahmen werden zur Steigerung der Jobattraktivität umgesetzt?
Angelo: Wir haben eine Kommunikationskampagne in der wir weibliche Role-Models zeigen die bereits in technischen Berufen tätig sind. Wir zeigen auf, dass es möglich ist diesen Karriereweg einzuschlagen und bieten auch Mentor*innen-Programme an, aber auch interne Weiterbildungsmöglichkeiten. Unser Ziel ist es nicht nur extern Mitarbeiter*innen anzuwerben, wir wollen auch Frauen im Betrieb die Möglichkeit geben sich umzuorientieren. Zusätzlich haben wir auch Initiativen in Richtung Kindergärten, Betreuungen und Railmap-Karenz die eine flexible Gestaltung der Elternteilzeit ermöglichen.
Verändert sich durch den Index und die Erhöhung des Frauenanteils auch die Unternehmenskultur?
Angelo: Die Unternehmenskultur wird offener. Das Arbeitsklima und der Ton, der miteinander gesprochen wird, ist laut Rückmeldungen die wir erhalten, respektvoller geworden.