StartBalanceEva Muellers Sunday Artletter: 90% ungenutzes Potenzial

Eva Muellers Sunday Artletter: 90% ungenutzes Potenzial

Wieviel unseres Potentials schöpfen wir wirklich aus? Lange Zeit gab es in der Gehirnforschung die Vorstellung, wir würden nur 10% der vorhandenen Kapazität nutzen. Andere Forschungen widersprechen. Weil es ganz schwierig ist, die Gehirnaktivität zu messen. Bei bestimmten Tätigkeiten eben auch nur ein Teil aktiv wird.

Der Vergleich mit dem Eisberg überzeugte trotzdem. 10% sind sichtbar. 90% verborgen. In besonders herausfordernden Situationen wachsen viele über sich hinaus. Zeigen sich plötzlich Kräfte, die zuvor nicht für möglich gehalten wurden. So scheint es nicht verwunderlich, dass wir zumindest ahnen: Da gibt es noch ungenutzes Potential. Das vielleicht nicht unbedingt nur im geistigen Bereich liegen muss.

Wir limitieren uns. Haben Normen und Grenzen verinnerlicht. Sind vielleicht nur auf materiellen, sichtbaren Erfolg gepolt. Gesellschaftlich stehen Bereiche im Vordergrund, die eher der linken Gehirnhälfte zugerechnet werden (obwohl auch diese Verortung so nicht ganz zutrifft). Sogenanntes begriffliches, logisches Denken. Tatsachen-Orientierung. Detailwissen. Sprachvermögen. Beurteilungen und Regelkonformität.

Bildhaftes Denken, Visualisierung, Fokussierung auf Zusammenhänge werden eher den Zonen der rechten Gehirnhälfte zugeschrieben. Körpersprache, Muster- und Gesichtererkennung gehören dazu. Gefühle. Intuition. Nonverbales. 

Am Besten natürlich wir nutzen beides. Im Sinne des vollen Potentials, das wir in uns tragen.

Ein Verständnis für Kunst, Visuelles, Emotionales, Intuitives ergänzt gerade im Arbeitsalltag die einseitige Orientierung. In diesem Sinne erweitert die Kuratorin Cecilia Alemani der diesjährigen Biennale in Venedig in ihrer Ausstellung „Die Milch der Träume“ den Blick. Die surrealistische Künstlerin Leonora Carrington beschrieb im gleichnamigen Buch eine Welt der Träume und Alpträume. Körperschemata verändern sich ebenso wie Ideale, Realität und Fiktion. 

Ungewöhnliche Erzählungen helfen uns, Wahlmögichkeiten des Zusammenlebens zu entdecken. Die Beziehungen zu Erde, Umwelt, Technik, Tier und Pflanzenwelt neu zu definieren.

Mit einem herzlichen Gruss aus Venedig,

Ihre Eva Mueller


Abb. im Header: „Sunset Light“ von Laura Grisi auf der Biennale in Venedig. Die Künstlerin vermittelt uns mit ihren Lichtobjekten den – oft nur als konträr beschriebenen – Zusammenhang von Natur, Kunst und Technik. 

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