In unserer Serie „Hätte ich das bloß früher gewusst“ teilen erfolgreiche Gründerinnen und Führungspersönlichkeiten ihre wichtigsten Erkenntnisse und Erfahrungen. Diese wertvollen Lektionen, die sie im Laufe ihrer Karriere gesammelt haben, wären für sie selbst ein entscheidender Vorteil gewesen, hätten sie sie schon zu Beginn gewusst.
Barbara Covarrubias Venegas hat sich als internationale Keynote-Speakerin und Unternehmerin einen Namen gemacht und wird für ihre innovativen Ansätze zu neuen Arbeitsweisen, positiver Führung und Organisationskultur geschätzt. Als Expertin für Remote-Arbeit und interkulturelle Teamdynamik berät sie Unternehmen weltweit und zeigt mit ihren Konzepten, wie „Dancing into Leadership“, neue Wege im Leadership-Ansatz auf.
Im Gespräch mit uns gibt sie einen Einblick in ihre wichtigsten Learnings und erklärt, was sie auf ihrem Karriereweg anders gemacht hätte, wenn sie diese Erfahrungen früher gemacht hätte.
Gab es einen Moment, in dem Sie dachten, „hätte ich das doch nur früher gewusst“?
Ich hätte mir wirklich gewünscht, schon viel früher mit einem Coach zu arbeiten, der mich unterstützt, sowie mit einer Psychologin, um persönliche Muster zu reflektieren. Gerade als Unternehmerin ist man oft mit so vielen Entscheidungen, Unsicherheiten und Erwartungen konfrontiert – und dabei vergisst man leicht, sich selbst Raum zu geben. Ein:e gute:r Business Coach ist für mich heute wie ein Sparringspartner: neutral, ehrlich, unterstützend und gleichzeitig herausfordernd.
Und auch die psychologische Begleitung hat mir geholfen, manche Muster zu verstehen, alte Glaubenssätze zu hinterfragen und mit mehr Klarheit durch stürmische Zeiten zu gehen. Ich bin überzeugt: Eigentlich sollte jede:r so jemanden an der Seite haben – nicht erst, wenn’s brennt, sondern viel früher.
Wenn Sie an den Beginn Ihrer Karriere zurückdenken, welchen Rat hätten Sie Ihrem jüngeren Ich gegeben?
Ich würde meinem jüngeren Ich sagen: „Werde dir frühzeitig deiner Stärken bewusst – und sprich darüber.“ Heute arbeite ich viel mit dem Ansatz des Positive Leadership, wo genau das im Zentrum steht: den Fokus auf das, was gut läuft, was Menschen auszeichnet und wie sie ihre Stärken wirksam einsetzen können.
Wenn ich das schon am Anfang meiner Karriere so klar gewusst hätte, hätte ich mich viel früher sichtbar gemacht – auch auf Social Media. Denn Netzwerken und Präsenz sind kein Ego-Ding. Es geht darum, mit den eigenen Themen in Resonanz zu gehen, Wirkung zu entfalten und gemeinsam weiterzukommen. Ich hab das intuitiv schon ganz gut gemacht, aber wenn ich den Wert dieser Sichtbarkeit früher wirklich verstanden hätte… ich hätte noch viel bewusster auf Beziehungen gesetzt und früher begonnen, meine Inhalte zu teilen.
Welche Fehler oder Rückschläge waren rückblickend entscheidend für Ihren Erfolg – und warum?
Einer der größten Rückschläge war meine Dissertation. Ich habe lange gebraucht, viel gezweifelt und oft gedacht: ‚Warum tue ich mir das an? Ich hab da gelernt, mit Unsicherheit umzugehen, dran zu bleiben, auch wenn’s zäh ist und kein schnelles Ergebnis kommt.
Rückblickend war diese Zeit entscheidend für meinen Erfolg – nicht wegen des Titels, sondern weil ich in dieser Phase gelernt habe, wie wichtig Struktur, Selbstführung und Pausen sind. Und ich hab verstanden: Entwicklung passiert nicht, wenn alles leicht ist – sondern genau in diesen zachen Phasen, wo man über sich hinauswächst.
Wie hat sich Ihr Blick auf das Thema Erfolg im Laufe Ihrer Karriere verändert?
Ich bin klassisch mit dem Konzept von Erfolg aufgewachsen: gute Noten, Karriere machen, Geld verdienen. Das war lange mein innerer Kompass. Heute denke ich da ganz anders. Erfolg bedeutet für mich vor allem: Work-Life-Harmony. Dass ich Zeit mit meiner Familie und meinem Freundeskreis habe. Dass ich meine Stärken leben kann. Dass ich wirksam bin – im Job und privat.
Natürlich bin ich als Unternehmerin und Mutter von zwei kleinen Kindern auch realistisch: Finanzielle Stabilität ist wichtig, gar keine Frage. Aber sie ist nicht alles. Ein Buch, das mich dazu sehr inspiriert hat, ist „The 5 Types of Wealth“ von Sahil Bloom. Er beschreibt darin, dass wahrer Reichtum eben nicht nur aus Geld besteht, sondern auch aus Zeit, sozialen Beziehungen, mentaler und physischer Gesundheit.
Gibt es eine bestimmte Gewohnheit oder Routine, die Sie erst spät entwickelt haben und die Sie heute nicht mehr missen möchten?
Eine Gewohnheit, die ich erst spät entwickelt habe, aber heute nicht mehr missen möchte, ist meine Morgen- und Abendroutine. In der Früh starte ich mit einem halben Liter Wasser (mindestens 30 Minuten vor dem ersten Kaffee), ein paar tiefen Atemzügen im Liegen – wie eine kleine Meditation – und einem Moment der Dankbarkeit, wenn meine Füße den Boden berühren.
Diese Achtsamkeit teile ich auch mit meinen Kindern: Bei uns hängt an der Tür ein kleines Schild mit Affirmationen. Bevor wir rausgehen, lese ich es meinem 4-Jährigen vor – HEUTE IST EIN SCHÖNER TAG.
Am Abend nehme ich mir ein paar Minuten, um drei Dinge aufzuschreiben, bei denen ich Fortschritte gemacht habe, inspiriert vom Progress Principle von Teresa Amabile. Zusätzlich frage ich mich auch: Wo konnte ich heute meine Stärken gut einsetzen? Und genau das versuche ich – kindgerecht – auch mit meinem Sohn zu üben. Dankbarkeit, Selbstwahrnehmung, Freude an kleinen Momenten. Für mich ist das heute gelebter Erfolg.