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Wie man in der Krise ein guter Arbeitgeber ist

Bei Employer Branding ist Gleichstellung und Diversität ein großes Thema. SHEconomy-Kontributorin Dr. Astrid Nelke über die Herausforderungen für Arbeitgeber in der Pandemie. Plus Gewinnspiel: Wir verlosen drei Exemplare ihres neuen Buches „Handbuch Employer Branding“.

Fakten zur Corona-Pandemie in Europa

Seit Januar 2020 hat sich das neuartige Virus COVID-19 rund um die Welt ausgebreitet. Dadurch veränderte sich das Leben und die Arbeitssituation sowohl in Europa als auch auf allen anderen Kontinenten signifikant. Im März wurde in vielen Ländern Europas der so genannte 1. Lockdown beschlossen, d. h. es kam zu drastischen Einschränkungen des wirtschaftlichen und öffentlichen Lebens, die Schulen und Universitäten schlossen und Millionen von Beschäftigten arbeiteten aus dem Homeoffice.

Ganze Wirtschaftszweige, wie die Eventbranche und Hotellerie, stehen seitdem quasi still, andere, wie Lebensmittelhändler und Gesundheitsberufe, waren systemrelevant und arbeiteten unter deutlich erschwerten Bedingungen weiter. Nach Lockerungen über die Sommermonate wurden ab Herbst 2020 in vielen europäischen Ländern erneut Lockdowns ausgerufen. Dies hält bis heute größtenteils an und es wird immer deutlicher, dass sich in vielen Branchen das Arbeiten selbst grundlegend verändert hat und dies zukünftig so bleibt.

Die Arbeitsweise der Zukunft – das „New Business Normal“

Es ist davon auszugehen, dass sich in vielen Branchen eine hybride Arbeitsweise durchsetzt. Die Beschäftigten arbeiten flexibel und ortsunabhängig – Büro, Homeoffice, Co-Workingspace und mobiles Arbeiten werden sich abwechseln [1]. Damit einher geht der Anspruch, sich selbst zu organisieren, selbst zu bestimmen, wie viel Arbeit in welcher Zeit zu schaffen ist und zu welcher Tageszeit die Person am produktivsten arbeitet. Die Bereiche Privates und Berufliches verschwimmen stärker, Eltern müssen Kinder im Homeschooling betreuen und trotzdem im Homeoffice Zeit sowie Ruhe für ihre Arbeit finden. Es wird noch wichtiger, dass die Beschäftigten eine gute Balance zwischen den Bereichen erreichen und sich selbst reflektieren. In der Realität kommen viele Frauen und Männer mit den Anforderungen des ‚New Business Normal‘ gut zurecht, einige fühlen sich zeitweise überfordert, andere gewinnen durch die neue Arbeitsweise mehr Zufriedenheit und Motivation.

Genau wie die Beschäftigten müssen Unternehmen erst lernen, mit den neuen Gegebenheiten professionell umzugehen: Alles wird digitaler und agiler, damit aber auch volatiler. Hier gilt es, die Beschäftigten mitzunehmen, auf individuelle Bedürfnisse von Frauen und Männern einzugehen und neue Konzepte der kreativitätsfördernden und integrativen Führung auszuprobieren.

Employer Branding in Unternehmen

Nach Baumgartl [2] verschiebt sich das Machtverhältnis auf dem Arbeitsmarkt zunehmend in Richtung Beschäftigte. Mussten sich noch vor einigen Jahren in den meisten Branchen Talente bei den Unternehmen bewerben, so sind es heute immer häufiger die Unternehmen, die sich bei qualifizierten Fach- und Führungskräften ‚bewerben‘ müssen.

Der demografische Wandel ist ein bedeutender Treiber dieser Veränderungen in der Arbeitswelt. Die sich verändernde Altersstruktur der Bevölkerung führt zu einer immer relevanteren Verknappung qualifizierter Arbeitskräfte.

Ein weiterer Treiber für die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt ist die Digitalisierung, die sowohl einen Stellenwegfall, aber auch die Entstehung veränderter Jobprofile mit sich bringt. Die neu entstehenden Stellen werden insgesamt ein höheres Qualifikationsniveau sowie umfassende Kompetenzen im Umgang mit neuen Technologien erfordern [3].

Dabei wird aber nicht nur das Finden der Right Potentials zunehmend schwierig, auch das Binden bestehender Beschäftigter fällt schwer, denn eine emotionale Bindung ans Unternehmen gibt es kaum. Die Folgen sind eine höhere Fluktuation, mehr Fehltage und eine geringere Produktivität. Viele Unternehmen wünschen sich eine divers ausgerichtete Belegschaft und streben Gleichstellung von Frauen und Männern auf allen Hierarchieebenen an.

Daher werden sowohl das Finden als auch das Binden der richtigen Beschäftigten für immer mehr Unternehmen zur zentralen Business-Herausforderung [4].

Aus diesem Grund hat das Employer Branding in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen [5]. Aufbau und Pflege einer attraktiven Arbeitgebermarke helfen den Organisationen, die richtigen Talente zu begeistern und für eine hohe Identifikation aller Beschäftigten mit ihrem Arbeitgeber zu sorgen.

Die Corona-Pandemie hat das Employer Branding vieler Organisationen durcheinandergeworfen. In einer qualitativen Befragung der Autorin im Sommer 2020 identifizierten die meisten Befragten die immense Wichtigkeit einer gezielten Employer Branding Strategie zu Coronazeiten: die passenden Kanäle und die genau auf die Zielgruppen zugeschnittene Ansprache sind entscheidend für die Erfolge der Employer Branding Aktivitäten gerade in Zeiten der verstärkten Online-Kommunikation. Hier scheint es den meisten Unternehmen noch an professionellen Kampagnen zu mangeln. In Zukunft wird es mehr persönliche, virtuelle Formate sowohl im Recruiting als auch in der Beschäftigtenkommunikation geben. Agiles Arbeiten, diverse Teams, Gleichstellung, die individuelle Ansprache von Frauen und Männern sowie eine bessere Einbindung der vorhandenen Beschäftigten in die Prozesse führe zu mehr Arbeitszufriedenheit, die sich dann wieder positiv auf die Arbeitgebermarke auswirkt. Diese Assets sollten strategisch für die Arbeitgeberkommunikation genutzt werden.

Fazit

Wie Unternehmen mit den Herausforderungen und Chancen umgehen, die mit den pandemiebedingten Veränderungen für die Arbeitsweise und die Führungskultur einhergehen, wird über ihre zukünftige Wettbewerbsfähigkeit entscheiden. Es wird noch wichtiger, die Beschäftigten individuell zu fördern und ihnen Umgangsweisen mit dem ‚neuen‘ Arbeiten an die Hand zu geben. Dies kann sowohl in 1:1-Coachings als auch in virtuellen Teamworkshops stattfinden. Auf die HR-Abteilungen kommt noch mehr die Aufgabe zu, mit den Beschäftigen zusammen die individuell gebrauchten Tools zu identifizieren und umzusetzen.

Der Aufbau und die Pflege divers aufgestellter Teams kann in Zeiten hybriden Arbeitens in der Praxis sogar noch besser gelingen – die Beschäftigten können zusammenarbeiten, ohne örtlich zusammen zu sein. Frauen und Männer, die von den Organisationen dabei unterstützt werden, ihre private Lebenswelt und ihre Arbeitswelt in guter Balance zu halten, werden gerne bei der Organisation arbeiten und damit so oft auch länger im Team bleiben.

Somit birgt das ‚New Business Normal‘ für die Organisationen als Arbeitgeber Chancen, aber auch Risiken. Nur ergonomisch ausgestattete Homeoffices werden dabei nicht reichen – mit einer individuellen Begleitung, den passenden Weiterbildungsinstrumenten und dem richtigen Kommunikationskonzept können aber die Beschäftigten und die Arbeitgebermarke durch die beschriebenen Veränderungen gewinnen.

Text: Dr. Astrid Nelke

Dr. Astrid Nelke ist Autorin und Unternehmensberaterin mit den Schwerpunkten Employer Branding, interne Kommunikation und Innovationskommunikation. Sie studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaft und war sechs Jahre lang Professorin für Unternehmenskommunikation und Innovationsmanagement an der FOM Hochschule für Ökonomie & Management in Berlin. Als Geschäftsführerin der auf Employer Branding und interne Kommunikation spezialisierten Unternehmensberatung kombiniert die Autorin ausgewiesene praktische Erfahrungen mit aktuellen Ergebnissen aus eigenen wissenschaftlichen Studien.

Zum Gewinnspiel: Mail an news@sheconomy.at. Unter allen Einsendungen verlosen wir drei Exemplare. Einsendeschluss ist am 31. März, die Gewinner werden am 1. April via Mail kontaktiert. Teilnahme ab 18 Jahren. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Wir wünschen viel Erfolg!

Verweise:

1. CSMM: COVID-19 läutet neue Ära in der Arbeitswelt ein, 2021.
2. BAUMGARTL, C.: Employer Brand Experience. Theoretische Grundlagen und empirische Erkenntnisse zum Erleben der Arbeitgebermarke von Mitarbeitern, 2019.
3. BITKOM: Arbeit und Qualifizierung in der digitalen Welt, 2017.
4. NELKE, A., FISCHER, M.: 30 Minuten Employer Branding, 2018.
5.NELKE, A.:  Handbuch Employer Branding, PRAXIUM Verlag, 2020.
6. INSTITUT DER DEUTSCHEN WIRTSCHAFT: Die Deutschen und ihr Büro, 2020.

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