StartInnovationTechDie Zukunft in der IT heißt Quantencomputing

Die Zukunft in der IT heißt Quantencomputing

Binäre Rechenverfahren adé: Komplexe Berechnungen werden künftig von Quantencomputing übernommen. Am World Quantum Day wollen Expert:innen zeigen, welche Lösungen die Technologie bringen könnte.

Quantumcomputing? Noch ein Begriff im IT-Technologiedschungel, mögen viele denken. Um das Bewusstsein für die Zukunftstechnologie zu schärfen, gibt es immer am 14. April den „World Quantum Day“. Eine Initiative von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus mehr als 60 Ländern will an diesem Tag das öffentliche Verständnis für Quantencomputing und -technologien stärken. Laut einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom hat fast die Hälfte der Deutschen (44 Prozent) den Begriff Quantencomputer noch nie gehört. Nur jeder und jede zehnte (12 Prozent) hat schon mal von Quantencomputern gehört und kann erklären, was sich dahinter verbirgt.

Quantumcomputing, dahinter verbirgt sich ist eine Art von Computern, die auf den Prinzipien der Quantenphysik basieren. Im Gegensatz zu herkömmlichen Computern, die mit Bits arbeiten, die entweder 0 oder 1 sein können, verwenden Quantencomputer Qubits, die sowohl 0 als auch 1 gleichzeitig sein können. Dies ermöglicht es ihnen, bestimmte Aufgaben viel schneller und effizienter als herkömmliche Rechner zu erledigen.

Vereinfacht gesagt versteht und verarbeitet ein Quantencomputer Informationen also anders als ein normaler Computer – dadurch kann er viel schneller rechnen oder Informationen finden. „Quantencomputing hat zuletzt große Fortschritte gemacht, in der breiten Öffentlichkeit ist das Thema aber oft noch gänzlich unbekannt“, bestätigt Natalia Stolyarchuk, Bereichsleiterin Future Computing & Microelectronics beim Bitkom.

Und das, obwohl die Technologie für die Wirtschaft immer relevanter wird. Ob Medikamentenforschung, Lieferkettenoptimierung oder Voraussage von Finanzkrisen: Die potenziellen Einsatzfelder von Quantencomputing sind vielfältig. Stolyarchuk: „Quantentechnologien sind der nächste bedeutsame technologische Schritt, vergleichbar mit der Einführung von Computern in der Industrie. Trotz beträchtlicher Förderungen in Deutschland und Europa besteht aber die Gefahr, dass Investitionen zurückgehen und der Fortschritt stagniert, wenn der wirtschaftliche Nutzen des Quantencomputing in den kommenden Jahren nicht nachgewiesen wird.“ Einige Beispiele für solche Aufgaben sind etwa die Simulation von Molekülen und das Lösen komplexer Probleme in Bereichen wie Finanzen und Wettervorhersage.

Europäische Player

Zu den aktiven Start-ups in diesem Bereich gehört etwa Quantagonia, gegründet von Prof. Dr. Sabina Jeschke (ehemaliges Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn), Sebastian Pokutta, Dirk Zechiel und Philipp Hannemann. Das Team will die Vorteile von Quantencomputer-Algorithmen für Geschäftsprobleme für Unternehmen schon heute zugänglich machen. „Derzeit müssen wir bei komplexen Systemen, wie der Modellierung von DNA-Faltung, der Modellierung des Weltalls oder einem Klimamodell, sehr viele Vereinfachtungen an den Modellen vornehmen, da wir sonst Rechenzeiten erhalten, die in der Größenordnung von 20000 Jahren liegen würden. Mit Quantencomputern können wir diese Simulationen korrekt rechnen“, beschreibt Jeschke die Relevanz des Themas in einem aktuellen Interview.

Auch das österreichische Unternehmen ParityQC, ein Spin-off der Uni Innsbruck, hat große Ziele. Das Quantenarchitektur-Unternehmen verfolgt einen Entwicklungsansatz für Hardware und Software, der Quantenchips und Algorithmen aufeinander abstimmt. Die fünf Projektpartner (ParityQC, eleQtron, NXP® Semiconductors Deutschland, QUDORA Technologies und Universal Quantum Deutschland) bauen innerhalb der nächsten vier Jahre Prototypen von Quantenrechnern im Rahmen einer Initiative des DLR. Laut den Mitbegründer:innen und Co-CEOs Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser könnte das Unternehmen als Leuchtturmprojekt wichtig für die künftige Wettbewerbsfähigkeit Europas.

Die will auch das Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) in München-Garching stärken. Das LRZ ist Teil des „Munich Quantum Valley“ und will Quantumcomputing erforschen und später in die Anwendung bringen, der Fokus liegt u.a. in der Verbindung mit den dort vorhandenen Supercomputern. „Im Quantencomputing sind wir an elf unterschiedlichen Projekten zur Erforschung der neuen Prozessoren, zur Entwicklung von Softwarestacks und Programmierumgebungen sowie zur Integration des Quanten- ins Supercomputing beteiligt“, so Prof. Dr. Dieter Kranzlmüller, Leiter des Leibniz-Rechenzentrums (LRZ). Auch in Zukunft sollen wachsende Datenmengen möglichst in Echtzeit ausgewertet werden, das High Performance Computing (HPC) braucht neue Konzepte, um Rechenkraft weiter zu erhöhen und das Computing für mehr Energieeffizienz zu beschleunigen. „Die Integration von Quanten- in Supercomputer sowie das Zusammenspiel von HPC, Künstlicher Intelligenz und Quantum könnte für den notwendigen Leistungsschub sorgen.“

Im Sommer 2022 wurde der erste Kryostat im Quantenintegrationszentrum (QIC) des Leibniz-Rechenzentrums (LRZ) installiert. Kryostate unterstützen das Quantencomputing und kühlen die in ihnen enthaltenen Quantenprozessoren. Der erste Quantenprozessor (Quantum Processing Unit, QPU) auf Basis von supraleitender Technologie steht für Experimente und Tests im LRZ bereit.

Ausbildung stärken

Noch ist offen, wo genau das neue Quantencomputing seine Vorteile am besten ausspielen kann. Die gewünschte Leistungssteigerung der neuen Prozessoren weckt allerdings schon Hoffnungen in der Materialwirtschaft, in der (Molekular-)Chemie und Biologie, auch bei der Überprüfung von Software und IT-Sicherheitsmaßnahmen oder bei Optimierungsproblemen – in Forschungsdisziplinen also mit bislang unlösbaren Fragen.

Sicher dagegen sind auch die Risiken, die Quantencomputing mitbringt. Zwar stehen die Vorteile der Technologie nicht im Zweifel. Doch klar ist auch, dass beispielsweise heutige Verschlüsselungen in ein paar Jahren unbrauchbar werden. Cyber-Kriminelle haben das bereits erkannt und verfahren nach dem Prinzip, Daten heute zu stehlen, um sie künftig entschlüsseln zu können.

Umso wichtiger, so Bitkom-Expertin Stolyarchuk, sei die Ausbildung von Fachkräften. Das beschreibt auch das aktuelle Positionspapier zu Quantumcomputing des Bitkom. Denn für den Betrieb von Quantencomputern werden künftig Fähigkeiten nötig, die von Schulen und Hochschulen bislang kaum adressiert werden. „Um neue Expertinnen und Experten für Quantencomputing zu gewinnen und zu begeistern, braucht es neben neuen Aus- und Weiterbildungsangeboten auch eine stärkere öffentliche Wahrnehmung für diese Zukunftstechnologie.“ Um speziell mehr Frauen für Quantencomputing zu begeistern und zu vernetzen, hat Nithyasri Srivathsan das Nonprofit – Quantum Edtech-Startup „She Quantum“ gegründet – die CEO will die Ausbildung leichter zugänglich machen und mehr Diversity in diesem Tech-Feld schaffen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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