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Die Oma-Falle

Sommerferien bedeuten viele Tage, an denen die Kinder frei und die Eltern doch auch einen Job haben. Oft sind es die Großeltern, die die Versorgung der Kinder übernehmen. Aber: Das Bild scheint sich zu wandeln. Nadia Weiss über einen gesellschaftlichen Trendwandel und „die Oma-Falle“.

Vielerorts ist nun jene Jahreszeit eingetreten, in der Kinder jubeln und berufstätige Eltern Notfallpläne austüfteln. Fünf bis acht Wochen Sommerferien – in Italien sind es sogar knapp drei Monate – bedeuten viele Tage, an denen die Kinder frei und die Eltern doch auch einen Job haben.

Neben teuren Camps und Ferienspielen sind es häufig die Eltern der Eltern, die in die Bresche springen und die Versorgung der übernächsten Generation übernehmen. Für Familien mit engen Finanz-Budgets und insbesondere für Alleinerziehende kann diese Unterstützung existentiell sein.

Nun lese ich in einem Artikel auf derstandard.at, dass sich die Großmütter emanzipieren und die Care-Arbeit nicht mehr freudestrahlend erfüllen, um auf diese Weise für die Gesellschaft noch etwas nützlich sein zu dürfen. Im Gegenteil: Lieber wollen sie Freundinnen im Theater treffen, reisen oder sogar auf Dates gehen. Wortwörtlich heißt es, dass sie „nicht mehr mit silberfarbenen Löckchen lächelnd den Kochlöffel schwingen“. Dazu passt es, dass die „Bild“ angeregt von Michele Hunzikers neuem Dasein als Nonna die „Sexiest Oma Deutschlands“ sucht. Selfie und Selfcare statt Enkeldienst und Haushalt für die erwachsenen Kinder erledigen – ist das der Trend der Zeit?

Das Thema ist natürlich vielschichtiger. Viele Menschen wollen oder müssen heute weitaus länger arbeiten als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Sie können daher nicht eben mal schnell einspringen, wenn es einen Babysitter braucht oder wochenlang Betreuungspflichten übernehmen. Die gestiegenen Lebenskosten schlagen sich auch auf die Spesen nieder, die dafür anfallen würden – so zum Beispiel für die Anreise.
Was mich freut ist, dass das „Oma-Bild“ neu diskutiert werden muss. Wir wissen, dass ältere Menschen in unserer Gesellschaft gebraucht, aber zu wenig wertgeschätzt werden. Dass Altersarmut grassiert und weiblich ist. Und nicht zuletzt: Dass der Generationenvertrag nur funktioniert, wenn er ein Geben und ein Nehmen ist.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen schönen Sommeranfang. Vielleicht schaue ich mir zum Auftakt eine Folge der „Golden Girls“ an.


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FotomaterialCopyright: Freepik
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