StartBusinessEntrepreneur„Das Wichtigste ist das Dranbleiben“

„Das Wichtigste ist das Dranbleiben“

Zuhören können, die richtigen Expert:innen um sich sammeln, auf loyale Geschäftspartner:innen bauen. Carina Rahimi-Pirngruber, die vor fünf Jahren ihre Nussyy-Snacks lancierte, widmet sich nun auch der Kosmetik und plant nächste Schritte im Interior-Bereich. Die Unternehmerin über persönliche Weiterentwicklung, Weiterbildung und ihr Bestreben, dabei Gutes zu tun.

Als Sie vor fünf Jahren die Nussyy- Snacks-Linie lancierten, stand eine persönliche Geschichte dahinter – nämlich eine relevante Lebensmittelunverträglichkeit. Was ist nun die Story hinter der Kosmetiklinie?

CARINA RAHIMI-PIRNGRUBER: In Wirklichkeit ernährt man sich ja nicht nur über das Essen, sondern auch über die Haut. Die Haut, das größte Organ, nimmt entsprechend viel auf, daher wollte ich ursprünglich immer etwas mit Kosmetik machen. Grundsätzlich hatte ich ja etwas ganz anderes gelernt: Ich habe erst eine Modeschule besucht, dann Medientechnik und Design studiert. Das sieht man vielleicht ein bisschen an den Verpackungen meiner Kosmetiklinie. Aber als mich eine Nahrungsmittelunverträglichkeit ereilte, habe ich mich mehr oder minder gezwungenermaßen auf Lebensmittel konzentriert.

Wie sind Sie zu Ihren Produzenten gekommen? Gerade im Nachhaltigkeitsbereich ist es schwer, an die richtigen Anbieter zu kommen und keinem Greenwashing aufzusitzen.

C.R.-P. Ich wusste ja von Anfang an, dass die Handelskette Spar mit mir zusammenarbeiten möchte, daher habe ich von Anfang an starke Unterstützung von dieser Seite bekommen. Bei den Lieferketten ging es mir darum, ein nachhaltiges Konzept aufzubauen und in Österreich Lieferanten zu finden. Anfangs liegt die Schwierigkeit eher darin, dass man auch in geringerem Maß Ware bekommt, denn man hat ja nicht vom Start weg gleich die großen Mengen. Mittlerweile ist es aber so, dass ich mit offenen Armen empfangen werde (lacht, Anm.).

War es Ihre Idee, an den Spar-Konzern heranzutreten, oder sind die zu Ihnen gekommen?

C.R.-P. Ursprünglich habe ich meine Snacks für meine Familie gemacht, für die Freunde und für ein Charity-Event, das mein Mann, Ali Rahimi, für die Verhaltensforscherin Jane Goodall veranstaltete. Bei dem war auch die Spar-Geschäftsführung eingeladen. An diesem Abend gab es auch meine Nüsschen (lacht). Ich hatte für kurze Zeit die Möglichkeit, mit Jane Goodall zu sprechen. Sie hat mich gefragt, was ich mache, und ich habe ihr erzählt, dass ich an einer Nahrungsmittelunverträglichkeit leide und ihr mein Konzept dargelegt. Sie war so begeistert, dass ich auf Regionalität, Nachhaltigkeit, auf das Wohl von Tier, Mensch und Umwelt achte. Wir waren da auf der gleichen Linie. Anfänglich gab es ja in meinem Umfeld schon einige, die das, was ich gemacht habe, ein bisschen belächelt haben – so nach dem Motto: Jaja, die Carina mit ihren Nüsschen und ihrer Bio-Linie … Aber Jane Goodall hat immer zu mir gesagt: Lass dich bloß nicht abbringen, das ist der richtige Weg! Sie hat mir damals vorgeschlagen, etwas Gemeinsames zu machen. Das hat mich so wahnsinnig gefreut, dass ich ihr gleich angeboten habe: Wenn ich etwas für dich machen darf, dann auf Charity-Basis.

Das bedeutet: Ein Teil des Verkaufs geht an Jane Goodall?

C.R.-P. Genau. Sie kommt einmal im Jahr deswegen nach Wien, damit wir ihr für ihre Foundation eine Geldsumme übergeben können. Ich habe ihr versprochen, meinem Weg treu zu bleiben.

Die Kosmetik ist wieder ein anderer Bereich. Da mussten Sie sich komplett neu einarbeiten, oder?

C.R.-P. Ja, natürlich. Auch da war es anfänglich nicht so leicht, Lieferanten aus Österreich zu finden, weil es nicht so viele Produzenten in diesem Bereich gibt. Auch für die Spar-Handelskette war dies ein neues Projekt, weil es zuvor noch keine Naturkosmetik als Eigenmarke gab.

Welche Kriterien haben Sie angesetzt? Das ist ja ein komplexes Ding …

C.R.-P. Man baut auf Fachwissen. Denn es gibt gewisse Vorgaben für Rezepturen und Rohstoffe, was wichtig ist. Von Vornherein sind Tierversuche ausgeschlossen. Keine Parabene, keine Silikone, kein Mikroplastik! Daran haben wir uns orientiert. Dazu kamen meine persönlichen Recherchen. Ich kenne viele Ärzte, bei denen ich mir Rat geholt habe – auch von Müttern, die mir geschrieben haben, wie begeistert sie von den Lebensmitteln sind und dass sie wünschten, eine Kosmetiklinie zu haben, bei der sie ebenfalls gewissen Grundsätzen vertrauen könnten. Ich habe ja nicht das große Geld für eine Marktrecherche. Umso wichtiger ist es, dass ich auf das höre, was mir Kundinnen und Kunden mitteilen. Teilweise rufen mich sogar Leute an und geben mir ihr Feedback.

Einstiegs haben Sie von Produktdesign und Verpackung gesprochen. Haben Sie die Verpackungen selbst entworfen?

C.R.-P. Das hat für mich von Anfang an dazugehört. Ich habe als kleines Mädchen von meinen Eltern und meiner Oma viele Märchen vorgelesen bekommen, und in meinen Verpackungen spiegeln sich diese Erinnerungen an früher wider – etwa in Form von Eichhörnchen oder Pandabären. Heute gibt es Väter und Mütter, die zu mir kommen und erzählen: „Jetzt ist alles, was pink ist, bei meiner Kleinen total in“. Na, dann machen wir halt was Pinkes. So entwickle ich in der Zusammenarbeit mit Spar und dem Feedback meines Umfelds laufend neue Konzepte. Für mich ist es besonders schön, mich dieserart als Visionärin verwirklichen zu können.

(c) Spar | Marco Schlager

Beeindruckend ist die Vielfalt, mit der Sie vom Fleck weg gestartet sind. Mittlerweile umfasst das Sortiment an die 70 Produkte …

C.R.-P. Wir versuchen, bei allem, was wir machen, Ganzheitlichkeit darzustellen. Es soll auch schon bald wieder was Neues dazukommen. Mein eigentliches Ziel wäre, in jedem Lebensbereich ein Nachhaltigkeitsbewusstsein zu schaffen für Frauen wie Männer, für Kinder wie Ältere. Meine nächsten Ideen gehen in Richtung Kleinkinder und Einrichtung.

Der Handel ist gerade in letzter Zeit medial immer wieder unter Beschuss gekommen, weil ihm vorgeworfen wird ein Inflationstreiber zu sein. Wie sehen Sie, durchaus auf Ihr eigenes Produktsortiment bezogen, diesen Punkt?

C.R.-P. Das Besondere an der Strategie, die wir verfolgen, betrifft ja nicht nur die Inhalts- und Rohstoffe, sondern auch die Leistbarkeit. Das war mir immer wichtig. Es gibt viele Bio-Produkte, die teuer sind. Und wir sind auch nicht günstig, in dem Sinne, dass wir unterpreislich wären. Aber wir sind leistbar für alle. Es wäre für mich schrecklich, wenn sich nur jene bio leisten könnten, die viel verdienen. Wir haben immer versucht, den Aufschlag so gering wie möglich zu halten, sodass Nussyy wirklich auch für den Menschen leistbar bleibt. Das Schönste für mich wäre, wenn jeder ein Nussyy-Produkt zuhause hätte. Das wäre mein Wunsch, meine Vision. Denn: Ja, natürlich, das Reinkommen ins Sortiment ist ein großes Glück – noch wichtiger aber ist das Dranbleiben, das Sich-im-Sortiment-Behaupten. Auch unser Anfang war schwer, weil man eine gewisse Produktmenge benötigt, um gefunden zu werden. Aber es ist uns gelungen, Visibility zu schaffen.

Welche Herausforderungen werden in den nächsten Jahren die dringlichsten sein, wenn man unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit ein Unternehmen führt?

C.R.-P. Dass die Regulierungen rund um das Thema Nachhaltigkeit immer strenger werden, finde ich gut. Das soll schon so sein. Ein gewisser Kontrollmechanismus ist wichtig, davor scheue ich mich nicht. Wichtig ist nur, dass die Bürokratie drumherum nicht zu sehr ausartet. Schon jetzt wendet man als Unternehmer:in sehr viel Zeit für diese Dinge auf.

Waren Sie schon in „Vor-Nussyy-Zeiten“ selbstständige Unternehmerin?

C.R.-P. Nicht immer. Teilweise war ich auch angestellt. Ich habe mir das angeschaut, weil ich wissen wollte, wie das ist. Davor war ich im IT-Bereich selbstständig, habe mein Unternehmen aber verkauft und begonnen, das zu machen, was ich heute tue.

Ich habe mich auf ein neues Thema gestürzt und komplett naiv begonnen. Ich wollte anderen helfen.

Lustig, etwas ganz anderes …

C.R.-P. Ja, das war es. Aber dann hat mich diese Lebensmittelunverträglichkeit ereilt, und ich habe mich voll auf mein neues Thema gestürzt. Ich habe ja komplett naiv begonnen. Ich wollte nur anderen Menschen helfen. Wenn mich jemand gefragt hat, „Kannst du für meine Veranstaltung liefern?“, habe ich meine ganze Familie zusammengetrommelt. Und dann sind wir in der Küche gestanden, und jeder hat mitgeholfen. Und so ist aus Nussyy – auch aus einer glücklichen Fügung heraus – etwas geworden, was ich mir ursprünglich nie erträumt hatte.


Zum Unternehmen

Carina Rahimi-Pirngruber gründete vor fünf Jahren die Biosnackmarke „Nussyy“, die seither vom Spar-Konzern, der mit mehr als 91.000 Mitarbeitenden (international) und einem Marktanteil von 36,3 Prozent die Nummer 1 im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel ist, vertrieben wird. Gestartet hat Rahimi-Pirngruber mit gefriergetrockneten Erd- und Himbeeren sowie Nussmischungen. Heute um- fasst das Nussyy-Sortiment Drinks, Tees, Ready Meals, Müsliriegel und Cracker – kürzlich kam eine ganzheitliche Beauty-Linie dazu, die von der Zahnpasta über Haar- bis hin zur Hautpflege alles umfasst. Insgesamt sind an die 70 Produkte gereiht, die in Österreich, der Schweiz, Italien, Kroatien und Slowenien erhältlich sind. Carina Rahimi-Pirngruber konnte sich allein im Jahr 2022 über ein 50-prozentiges Wachstum freuen; sie beschäftigt fünf Mitarbeitende, der Unternehmenssitz ist in 1070 Wien. 

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