Aus dem Future Today Institute ist das Future Today Strategy Group geworden, CEO Amy Webb steht auch beim FTSG an der Spitze. Die Zukunftsforscherin stellte den Trend Report des Instituts in diesem Jahr wieder bei der South by Southwest (SXSW) vor. Mit Blick auf die weltpolitische Lage startete Webb ihre Keynote mit einem Zitat von Vladimir Ilyich Lenin: „There are decades where nothing happens; and there are weeks where decades happen.“ Auch im Technik-Bereich gehen die Entwicklungen aus ihrer Sicht sprunghaft voran. Webb blickte unter dem Motto „The Beyond“ auf 2024 auf die Ausweitung menschlicher Fähigkeiten durch Technologien und die Herausforderung des „Stein im Schuh“ – denn durch die immer neuen Schlagzeilen zu KI-Entwicklungen würden Entscheider:innen eher reagieren als agieren und nur Iterationen statt echter Innovationen wagen. Sie warnt auch: „Living Intelligence“ dürfe nicht unterschätzt werden. Jetzt sei nicht die Zeit, sich zurückzulehnen. Einzelne könnten die Technologie geschickt für ihren speziellen Nutzen einsetzen, der nicht den bisherigen Regeln folgen müsse. Strategische Vorhersagen, wie im Trend-Report, könne dabei unterstützen, von den Entwicklungen nicht komplett überrascht zu werden. Ein Auszug:
Living Intelligence – KI, Sensorik und Biotech verschmelzen
Was steckt dahinter?
„Living Intelligence“ bezeichnet das Zusammenwachsen von künstlicher Intelligenz, fortschrittlichen Sensoren und Biotechnologie, um Systeme zu schaffen, die ihre Umwelt wahrnehmen, lernen und sich weiterentwickeln können. Neue Vorhersagen werden möglich.
Warum ist das wichtig?
Unternehmen, die nur auf KI fokussiert sind, laufen Gefahr, den größeren Zusammenhang zu übersehen. Dank Sensorik und Biotech interagieren diese „lebenden“ Systeme direkt mit ihrer Umgebung – etwa durch das kontinuierliche Sammeln von Gesundheitsdaten oder die Optimierung industrieller Prozesse in Echtzeit. Aber: Grenzen verschwimmen
- Chance: Echtzeit-Anpassung von Produkten und Services an das Nutzerverhalten.
- Risiko: Die technologische Konvergenz lässt Grenzen verschwimmen und kann für neue Zwecke eingesetzt werden.
Large Action Models – Mehr als nur Sprache
Was steckt dahinter?
Sprachmodelle (LLMs) wie ChatGPT haben für viel Buzz gesorgt. Doch der nächste Schritt sind Action Models, die nicht nur Text generieren, sondern auch Handlungsabläufe eigenständig vorschlagen und ausführen können.
Warum ist das wichtig?
Diese Modelle lernen aus Verhaltensdaten statt nur aus Texten. Sie sagen nicht bloß vorher, was gesagt werden soll, sondern welche Schritte als Nächstes folgen – zum Beispiel in der Produktionssteuerung, Logistik oder Kundeninteraktion.
- Chance: Effiziente Automatisierung komplexer Abläufe ohne manuelles Eingreifen.
- Risiko: Datenschutz und Sicherheit gewinnen massiv an Bedeutung, wenn KI-Systeme eigenständig handeln.
Robotics – Biohybride statt Fabrikhalle
Was steckt dahinter?
Roboter verlassen ihre starren Produktionsumgebungen und werden dank KI und verbesserter Sensorik anpassungsfähiger: vom Zustellroboter in der Fußgängerzone bis zum robotischen OP-Assistenten im Krankenhaus – oder zum Biohybriden, mit einer Mischung aus Pilz und Tech.
Warum ist das wichtig?
Vor allem in Branchen mit Personalengpässen oder gefährlichen Arbeitsbedingungen sind lernfähige Roboter ein entscheidender Faktor, um Produktivität und Sicherheit zu steigern.
- Chance: Schnellere Abläufe in Logistik, Bauwesen und Medizin.
- Risiko: Höhere Anforderungen an Mitarbeitende (z. B. für Überwachung und Wartung) und mögliche Akzeptanzprobleme.
Agentic AI und Multi Agent Systems
Was steckt dahinter?
„Agentic AI“ geht einen Schritt weiter als bloße Automatisierung. Diese Systeme definieren eigene Ziele, entwickeln Strategien und führen komplexe Aktionen weitgehend autonom durch. Multi Agent Systems arbeiten zusammen.
Warum ist das wichtig?
Im Unternehmensalltag bedeutet das die Übergabe kompletter Geschäftsprozesse an KI – vom Bestandsmanagement über die strategische Ressourcenplanung bis hin zu Marketingkampagnen.
- Chance: Enorme Effizienzsteigerung, da repetitive Entscheidungen entfallen und KI-Agents selbstorganisiert zusammenarbeiten können.
- Risiko: Kontrolle und Transparenz werden zu zentralen Themen, um Fehlentscheidungen oder Missbrauch zu vermeiden.
Metamaterials – Materialien jenseits natürlicher Grenzen
Was steckt dahinter?
Metamaterialien sind auf mikroskopischer Ebene so konstruiert, dass sie physikalische Eigenschaften aufweisen, die in der Natur nicht vorkommen. Völlig neue Produkte und Kombinationen werden möglich.
Warum ist das wichtig?
Diese Innovation kann Gebäuden helfen, sich selbst zu kühlen, Flugzeuge leichter machen oder Schallbelastungen drastisch reduzieren. Auch in der Telekommunikation eröffnen sich neue Möglichkeiten, beispielsweise für hochpräzise Signalübertragung
- Chance: Größere Energieeffizienz und neue Produktdesigns.
- Risiko: Hohe Entwicklungskosten und fehlende Standards könnten die breite Anwendung verzögern.
Unlikely Alliances – Wenn Rivalen kooperieren
Was steckt dahinter?
Die gewaltigen Rechenleistungen, die KI-Anwendungen fordern, zwingen selbst marktführende Unternehmen, verstärkt zusammenzuarbeiten.
Warum ist das wichtig?
Viele Innovationen entstehen inzwischen nur noch durch gemeinsames Nutzen von Cloud-Infrastrukturen, Datensätzen und Forschungskapazitäten. So teilen sich Unternehmen etwa Serverparks oder investieren gemeinsam in spezialisierte Chips.
- Chance: Schnelleres Vorankommen in Forschung & Entwicklung durch geteilte Ressourcen.
- Risiko: Neue Abhängigkeiten und potenzielle Wettbewerbsverzerrungen, wenn nur wenige Giganten den Markt dominieren.
Climate Innovation – Extremer Klimawandel als Treiber
Was steckt dahinter?
Zunehmende Naturkatastrophen und Wetterextreme beschleunigen die Entwicklung neuer Technologien in Energie, Agrarwirtschaft und Infrastruktur. „Green Tech“ avanciert vom Nischenthema zum geschäftskritischen Faktor.
Warum ist das wichtig?
Unternehmen müssen ihre Lieferketten absichern, Produktionsstätten schützen und sich an strengere Klimaregulierung anpassen. Innovative Lösungen – von smarten Frühwarnsystemen bis zu klimafesten Materialien – boomen.
- Chance: Neue Märkte für resiliente Infrastruktur, erneuerbare Energie und Adaptionsmaßnahmen.
- Risiko: Versäumnisse bei der Anpassung können zu Produktionsausfällen und Fehlentwicklungen führen.
Quantum – Vom Labor in die Praxis
Was steckt dahinter?
Fehlerkorrektur und hybride Systeme ermöglichen endlich konkrete Anwendungsfälle in der Quantencomputing-Welt. Optimization, Simulation und Krypto-Analysen werden deutlich schneller und effizienter.
Warum ist das wichtig?
Unternehmen in Branchen wie Finanzen, Pharmazie oder Materialforschung können die Rechenleistung von Quantencomputern für komplexe Simulationen nutzen.
- Chance: Revolutionäre Durchbrüche bei der Entwicklung neuer Medikamente, beim Risikomanagement und in der Materialkunde.
- Risiko: Sicherheitsstandards müssen dringend neu gedacht werden, da Quantencomputer gängige Verschlüsselungsverfahren knacken können.
Die Präsentation von Amy Webb können Sie hier auf Youtube abrufen.
Hier können Sie den Livestream der SXSW noch bis zum 15. März 2025 verfolgen.
Hier ist der Report zum Download (nach Anmeldung) abrufbar. Es gibt auch eine Executive Summary.