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70 Jahre Selbstverpflichtung

Eigentlich spielten bereits die ersten Höhlenmalereien vor 75.000 Jahren, ob in Afrika, Indonesien oder Frankreich, mit dem umgebenden Raum, verknüpften „Architektur“ und Kunst. In allen frühen Kultstätten, Tempeln, Moscheen, Kirchen wurde nicht unterschieden zwischen Kunst und Handwerk. Selbstverständlich war der Anspruch höchster Qualität an Form und Ästhetik für das angestrebte Gesamtkunstwerk.

Umso mehr als sich die jeweiligen Priester:innen oder Herrschenden so auch selbst repräsentierten. Über reich geschmückte Wandbilder, Säulen, Figuren. Verschlungene Ornamente. Prachtvolle Fassaden. Farbige Mosaiken.

Mit dem Fortschritt demokratischer Bewegungen verlieren die Künste ihre Hauptauftraggeber Kirche, Kaiser, Könige und Adelshäuser. Sie gewinnen die Möglichkeit, ihre Themen selbst zu setzen. Und beklagen sich in den neuen Salon-Ausstellungen mit dem „gewöhnlichen Volk herumschlagen zu müssen“. Sind vernichtenden Kommentaren ausgesetzt. Von Menschen, die oft zum ersten Mal in ihrem Leben mit neuen Strömungen und Stilrichtungen konfrontiert werden.

Zu Beginn des 20. Jh. entstehen die ersten Kunst-am-Bau-Initiativen des Staates. Interessanterweise muss ab 1934 jeder öffentliche Bau während der Zeit der Nationalsozialisten bildende Künstler beschäftigen. Die ideologische Doktrin stand auch hier im Vordergrund.

Nach dem Krieg bestand die Vorgabe bei Neubauten des Bundes sowohl in der BRD als auch in der DDR, ein bis zwei Prozent der Bausumme für Aufträge an bildender Künstler:innen zu vergeben. Zunehmend engagierten sich auch private Unternehmen. Grossartige Corporate Collections entstanden. Unverwechselbare Visitenkarten für ihre Kunden, Mitarbeitenden und die Öffentlichkeit.

Seit 2006 gibt es nun einen verbindlichen Leitfaden Kunst am Bau für öffentliche Gebäude oder Organisationen mit staatlicher Beteiligung. Ich schätze ihn sehr. In verschiedenen Modellen des Auswahlverfahrens gewährt er in einem aufwändigen Prozess wirklich sachlich begründete Entscheidungen. Als Wettbewerbsbetreuerin achte ich besonders darauf, dass die Entwürfe der Künstler:innen bis zuletzt anonym bleiben. So kann sich die Jury, zusammengesetzt aus den Auftraggebern und jeweils einer Fachexpertenstimme mehr, wirklich für die überzeugendste Lösung entscheiden.

Manches ist Ihnen sicher schon im Stadtraum begegnet. Vieles in den Ämtern bleibt jedoch verborgen. In der Wanderausstellung des Bundesministeriums des Innern, Bau und Heimat und Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung lassen sich nun die Projekt aus 70 Jahren Selbstverpflichtung ab 3. Mai in Wuppertal entdecken.

Mit herzlichem Gruss
Ihre Eva Mueller

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