„Immer wieder werden Winzerinnen gefragt, wer denn ‚wirklich‘ die Weine macht – der Vater, der Mann, der Bruder? Es ist Zeit, dass sich das ändert“, sagt Madlaina Dosch und tut seit zwei Jahren das Ihre, um Winzerinnen sichtbarer zu machen.
Die Wahlwienerin hat mit Vinodea in der Langen Gasse im 8. Wiener Bezirk einen Traum in die Realität umgesetzt, der sie seit ihrer Ankunft in der Donaumetropole umtreibt: Frauen aus der Weinszene eine Bühne zu bieten. So viel habe sich getan in den letzten Jahren, so viel sei in Bewegung, aber die Aufmerksamkeit gelte weiterhin eher den Männern in der Branche, sagt Dosch.
Mit der neuen Artikel-Serie „Wein wird weiblich“ möchte das Team von sheconomy sie bei diesem Ansinnen tatkräftig unterstützten und auch unseren Teil zu einem Kulturwandel beitragen.
Wein wird weiblich durch Diskurs
Tatsächlich werden Weingüter immer noch eher an Söhne als an Töchter weitergegeben. Selbst wenn die Weingüter oft ohne den weiblichen Part gar nicht funktionieren würden, sind Frauen vielerorts nur das freundliche Gesicht hinterm Tresen oder in der Gaststube. Um bei Vinodea gelistet zu werden, reicht das nicht.
Dosch will, dass sich das Weibliche bis in den Weingarten zieht und nicht schon nach der Ausschank endet. Aber es tut sich etwas in der Weinbranche. Besuchten vor wenigen Jahren überwiegend Burschen die Weinbaufachschule in Klosterneuburg, ist das Verhältnis heute 50:50. „Die Jungen sind heute aus einer Generation, wo die Themen Weinbau, Nachfolge und Winzerkultur progressiver diskutiert werden“, sagt Dosch.
Sich mit ihrer eigenen Weinhandlung selbstständig zu machen, war indes kein leichtes Stück. Als Quereinsteigerin hat die Schweizerin erst Isländisch studiert, in England, der Mongolei und China gelebt und Deutsch unterrichtet, ehe sie in Wien in einem Kellergassenkurs dem Winzerinnentum näherkam. Die Heurigenkultur und das Zelebrieren des Weinmachens und -trinkens haben Dosch schließlich dazu gebracht, selbst mit Weinen arbeiten zu wollen.
Österreich ist für ein kleinen Weinladen jedoch kein einfaches Pflaster. Der Markt ist nicht riesig, der Onlinehandel sorgt für viel Konkurrenz. Das sei Knochenarbeit, sagt Dosch: „Es gibt schon Tage, da denke ich mir ‚was machst du da?‘ Aber die Leidenschaft fürs Geschäft ist da. Also bleibe ich dabei.“
Die Generation macht den Unterschied
Dass Winzerinnen die Weinszene anders prägen als ihre männlichen Pendants, will Dosch so nicht behaupten. Es gäbe auf beiden Seiten innovative und konservative Winzer:innen. Die Generation macht für die Schweizerin den eigentlichen Unterschied aus: neue Techniken und ein bewussterer Umgang mit der Natur.
Sie selbst bietet in ihrer Vinothek Lesungen, Musikabende und beinahe wöchentlich Verkostungen mit Winzerinnen, die sie im Sortiment hat. „Man kann die Weine probieren und die Winzerinnen alles fragen. Leute haben manchmal Angst, in eine Vinothek zu gehen, weil sie sich nicht mit Weinen auskennen. Bei mir ist alles niederschwellig und gemütlich, das Gegenteil von elitär.“
Ein weiterer Fokus von Dosch sind Frauennetzwerke und -vereine, die sie mit Weinen beliefert. Dieses Geschäft soll noch etwas anwachsen. Doschs innigster Wunsch? „Am liebsten würde ich in meinem VW-Bus von Weingut zu Weingut reisen und noch mehr Winzerinnen und ihre Weine kennenlernen. Mit dem eigenen Geschäft ist das immer ein Balanceakt.“
Noch mehr über Madlaina Doschs besonderer Liebe zu Wein und Wien, kann in diesem ausführlichen Interview, das unser Kollege Michael Lechner im Herbst 2022 geführt hat, nachgelesen werden.