StartBusinessMadlaina Dosch: „Wein als Genussmittel ist etwas Verbindendes“

Madlaina Dosch: „Wein als Genussmittel ist etwas Verbindendes“

Mit Vinodea hat die gebürtige Schweizerin die erste Weinhandlung Österreichs gegründet, welche ausschließlich Weine von Frauen verkauft. Wie es zur Idee kam und warum es auf Weingütern noch immer zu Mansplaining kommt, verriet sie im Interview.

Sie haben die Welt bereist und unter anderem in England, der Mongolei, in Island, Deutschland und in China gelebt. Wie hat Sie diese Erfahrung geprägt?

Sehr. Vor allem die Mongolei. Ich habe in der Westmongolei in einer ganz kleinen Stadt mit sehr einfachen Mitteln gelebt. Die Einfachheit des Lebens in dieser Gegend hat mich geprägt und auch das zwischenmenschliche mit den Bewohnern der Gegend. Ich habe gelernt, materielle Bescheidenheit leben zu können.

Später sind Sie nach Wien übersiedelt und haben Ihre Liebe zum Wein und zu den Wiener Weinbergen entdeckt. Was ist für Sie das Besondere am Wein?

Wein als Genussmittel ist etwas Verbindendes und vor allem gesellschaftlich etwas, das die Menschen zusammenführt. Ich fand die Weinkultur in Wien und um Wien herum mit den vielen schönen Kellergassen spannend. Ich komme ja ursprünglich aus der Schweiz und diese Wiener Lockerheit war für mich daher etwas ganz Neues. In dieser Zeit, wurde in mir das Interesse geweckt, herauszufinden, wie Wein hergestellt wird.

In einem Kellerwirtschaftskurs haben Sie eine Winzerin kennengelernt und ihr auch gleich für einige Monate bei ihrer Tätigkeit unterstützt. Wie war diese Zeit für Sie?

Während des Kurses habe ich Feuer für die Materie gefangen und wollte mein Wissen zusätzlich vertiefen. Ich habe sie im Weingarten unterstützt und mitgearbeitet. Da habe ich auch gesehen, wie es für sie als junge Winzerin ist. Oft sind ältere männliche Winzer bei ihr angekommen und haben ungefragt Tipps gegeben. Es war spannend, zu sehen, wie sie damit umging. Sie hat im Prinzip zugehört, aber schlussendlich trotzdem ihr eigenes Ding durchgezogen.

Warum ist es so schwer, ohne familiären Hintergrund in der Winzerei Fuß zu fassen?

Ich habe nach der Zeit bei der Winzerin nach Weingärten umgesehen, aber sie wurden viel zu überteuert angeboten. Man müsste entweder über genug Geld und Zeit verfügen, um sich die Jahre des Ausprobierens mit dem Wein zu leisten oder schon auf einem Weingut aufgewachsen sein. Aufgrund dieser Ausgangslage schien mir die Idee eine Vinothek für Winzerinnen aufzubauen sinnvoll. Über meinen ersten Kontakt habe ich weitere Kontakte von Winzerinnen bekommen, die sehr positiv auf die Idee reagiert haben.

Wie gestaltete sich der Prozess von der Idee hin zur Vinothek, die ja auch als Plattform für Winzerinnen dient?

Dadurch, dass ich Quereinsteigern bin, hatte ich anfangs noch kein großes Netzwerk. Ich habe einfach über Google recherchiert und bin zu den Winzerinnen gefahren, dadurch kenne ich sie auch alle persönlich. Bei meinen Besuchen habe ich dann wieder weitere Empfehlungen und Kontakte bekommen. Zusätzlich habe ich Kurse in der Weinakademie und Wirtschaftskurse besucht und auch eine Standortanalyse darüber geführt, wo es Sinn ergeben würde eine Vinothek zu eröffnen.

In Wien habe ich gesehen, dass das Interesse an einem Shop wie meinem im 7. und 8. Bezirk relativ groß ist und bin schlussendlich im 8. Bezirk gelandet. Fast jede Woche kommt am Donnerstag eine Winzerin vorbei und stellt ihre Weine im familiären Rahmen vor. Es finden auch Lesungen bei mir statt. Zusätzlich habe ich auch einen Online-Shop.

Wie viele Winzerinnen sind bei Ihnen vertreten?

Nach der Eröffnung wurde viel über mich und einen Shop berichtet, daher sind auch immer mehr Winzerinnen auf mich zugekommen. Ich habe mit 20 begonnen und bin jetzt bei 40. Ich schaue jedoch darauf, dass gewisse Kriterien erfüllt werden. Es muss sich schon um Winzerinnen handeln, die selbst die Entscheidungen im Weingarten und Keller treffen. Sie soll nicht einfach nur ihr Gesicht für die Marke hergeben. Für meine Weine habe ich zwei Lager, das eine sind die Pionierinnen – sie waren schon vor vierzig Jahren als Winzerinnen tätig. Das andere Lager sind die Jungwinzerinnen.

Die Winzerei ist noch immer sehr von Männern besetzt. Woran liegt das?

Es ist eine über Jahrhunderte von Männern geprägte Domäne, dadurch hat sich eine gewisse Vormachtstellung ergeben. Viele junge Winzerinnen müssen sich immer noch dagegen wehren, dass sie nur als Gesicht für den Wein dienen sollen, während beispielsweise ihre Väter das Produkt herstellen. Erfreulicherweise findet aber in der Branche ein riesiger Umbruch statt. Viele Frauen übernehmen mittlerweile die Weingüter ihrer Familien. Wobei gesagt werden sollte, dass sie nicht immer als erste Wahl dafür gesehen werden und ihnen oft erst das Vertrauen gegeben wird, wenn beispielsweise die Söhne kein Interesse an der Winzerei haben.

Wie reagieren Kund:innen auf Ihre Weinauswahl?

Vor allem junge Männer stehen dem Konzept sehr offen gegenüber. Die männliche Generation 55 Plus kommt schon hin und wieder ins Geschäft und haben eine eher kritische Sichtweise. Ihnen stellt sich oft die Frage, warum es eine rein weibliche Winzerinnen-Auswahl braucht. Mittlerweile werde ich, aber immer öfter von älteren Herrschaften überrascht, die anders denken.


Mehr Infos über Vinodea „Vinodea – Weine von Winzerinnen“ finden Sie hier.

Fotomaterial© Bjørn Willerth

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