Das Ergebnis: Über ein Drittel der Frauen orientiert sich – selbst als überqualifizierte Fachkraft – unterhalb ihres Niveaus, wohingegen Männer sich häufiger für Berufe bewerben, für die sie nicht genügend Fähigkeiten mitbringen. Das liegt daran, so das Fazit der Untersuchung, dass Frauen die eigenen Kompetenzen eher unterschätzen oder glauben, nicht in ein bestimmtes Berufsbild zu passen, weil alte Rollenbilder wirksam sind. Klingt vertraut für Sie?

Aber warum ist das so? Woran liegt es, dass wir Frauen sobald wir von einem Jobangebot hören uns »unterqualifizieren«? Als systemischer Leadership Coach beobachte ich: Dieses Thema macht selbst vor Frauen in Führungsetagen nicht halt. Mangelndes Selbstbewusstsein wird bei uns Frauen früh trainiert und leider immer noch gesellschaftlich genährt.

Lobt man einen Buben für seine Beharrlichkeit, sagt man dem Mädchen »sei nicht lästig«. Würdigt man die (körperliche) Stärke eines Burschen, wird der jungen Frau abgeraten »zu männlich« auszusehen. Und wenn eine Frau als Chefin selbstbewusst auftritt, ist sie »dominant«. Ein Mann an der Spitze eines Unternehmens wird hingegen für sein Leadership gelobt.

Natürlich sollten auch wir Frauen ein Leben lang unsere Qualifi kationen verbessern, offen bleiben für Neues, unser Wissen erweitern. Aber meinen Sie nicht auch, dass es zunächst sinnvoller wäre, unsere Kenntnisse, die Ausbildung, die wir bereits erworben haben, angemessen zu verinnerlichen und in gute Gehaltsverhandlungen und selbstbewusste Bewerbungen zu investieren?

Die Corona-Krise hat uns Frauen wohl auf der ganzen Welt gezeigt, dass systemrelevante Berufe, egal ob im medizinischen Bereich oder im Handel, ohne den Einsatz von Frauen einbrechen würden. Die Krise hat uns aber auch deutlich gemacht, wie schnell hoch-qualifizierte Frauen im Home-Office mit Home-Schooling der Kinder abgespeist wurden. Einer Sache bin mir sicher: An unserer Qualifi kation kann es nicht gelegen haben.