Es gibt mehr als schwarz und weiß und graue Zwischentöne verdienen in Zeiten der Diskursmüdigkeit besondere Beachtung. Daher wage ich einen Zwischenruf in einer Causa, die in Deutschland breit diskutiert wird. Vorausschicken möchte ich, dass wir bei sheconomy dank meiner engagierten Kollegin Simone Fasse feministische Außenpolitik bereits propagiert haben, als diese noch nicht staatstragend war. Außerdem haben wir vor ein paar Jahren Glückskekse verteilt, in deren Inneres Zettelchen mit einem Zitat der ehemaligen US-Außenministerin Madeleine Albright versteckt waren: „In der Hölle gibt es einen speziellen Platz für Frauen, die andere Frauen nicht unterstützen.“
Außenministerin, feministische Außenpolitik … richtig! Ich taste mich an das Thema deutsche Außenministerin Annalena Baerbock und ihrem künftigen Posten bei der UN heran.
Der Reihe nach: Sie wird noch in diesem Jahr die Rolle der Präsidentin der UN-Generalvollversammlung einnehmen und dafür mit ihren Kindern nach New York ziehen. Die Position ist zwar nur auf ein Jahr befristet und nicht mit dem Einfluss des UN-Generalsekretärs zu vergleichen, sie gilt aber dennoch aufgrund des Prestiges als Top-Job und meist glanzvoller Abschluss einer Karriere im auswärtigen Dienst.
So hätte es auch für die verdiente Spitzendiplomatin Helga Schmidt sein sollen. Sie war für den Job ursprünglich vorgesehen und gilt aufgrund ihrer beruflichen Stationen und Erfolgen als Idealbesetzung.
Doch dann mussten politische Verschiebungen in Betracht gezogen werden. Annalena Baerbock wird der nächsten Regierung nicht mehr angehören und der Plan die Fraktionsführerin der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, zu ersetzen scheiterte an deren Widerstand. Haßelmann verfügt möglicherweise über mehr Hausmacht als Baerbock. Bei Helga Schmidt war die Außenministerin im Vorteil. Der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz und wohl auch sein Nachfolger segneten die Rochade ab. Warum, wieso, weshalb wird in den politischen Kreisen Berlins sicher aus unterschiedlichsten Blickpunkten interpretiert werden.
Sie denken jetzt: Na und, das machen Männer doch seit eh und je so! Nur Frauen wird sofort Machthunger ohne Fairplay vorgeworfen.
Annalena Baerbock sieht das wohl ähnlich. Sie meinte: „Würde man diese Fragen auch einem Mann stellen?“
Ich persönlich sage: Ja. Vielleicht noch nicht oft genug und nicht in der Deutlichkeit, die sie verdienen würden. Daran müssen wir arbeiten und nicht als Frauen jene Spielregeln übernehmen, gegen die wir ursprünglich aufgestanden sind. Wie wäre es mit: Respekt vor der Leistung der anderen zeigen, sich gegenseitig unterstützen, nicht nur die Lauten, sondern auch die Leiseren beachten, keine Intrigen spinnen und die Ellbögen nicht gegen Kolleginnen auspacken? Karma is a bitch und man begegnet sich im Leben meist zwei oder drei Mal. Mit gelebtem wertegeleiteten Feminismus sollte man sich davor nicht fürchten müssen.