StartInnovationTech und Umwelt: Drei Trends "to watch"

Tech und Umwelt: Drei Trends „to watch“

Was können das Metaverse oder Pilze für die Umwelt tun? Warum ist jetzt die Zeit für Circular Economy? Wir zeigen aktuelle "Trends to watch".

Entwicklungen rund um Künstliche Intelligenz stehen derzeit im Fokus des Interesses. Doch auch andere aktuelle Tech-Trends lohnen einen näheren Blick, gerade im Hinblick auf die Klimakrise. Wir haben drei für Sie zusammengestellt.

Metaverse – viel mehr als Spielerei

Für viele Anwender:innen ist das Metaverse noch nicht greifbar, was auch mit dem Namen zusammenhängt – denn die aktuellen Möglichkeiten im Web3 gehen weit über das hinaus, was Meta-Chef Mark Zuckerberg plant. Kurz gesagt verbindet diese nächste Web-Generation mit einer Sammlung verschiedener Technologien und Spaces die digitale und die physische Welt. „Das Metaversum ist nicht nur eine Idee oder ein virtueller Spielplatz“, sagt Web3-Unternehmerin und Keynote-Speakerin Annette Doms. „Es wird bleiben, denn es steht für unsere kollektive Sehnsucht nach Wachstum und grenzenloser Erkundung.“ Aber auch im Hinblick auf die Umwelt sieht Doms trotz eines teilweiser hohen Energieverbrauchs rund um NFT viele Chancen: „Gerade im Industrial Metaverse gibt es extrem sinnvolle und auch Energie einsparende Anwendungsfälle: „Die Digital Twin-Technology in der Simulation spart teilweise den Bau ganzer Fabriken ein, Spatial Learning wird das Bildungssystem revolutionieren, Klaustrophobie oder Höhenangst lassen sich im Metaverse therapieren, Geschichte im Metaverse erleben ist mehr als beeindruckend“, führt die Münchner Expertin weiter aus, die unter anderem die Digital-Galerie xcircle mitgegründet hat.

Diese Bedeutung speziell für das Industrial Metaverse unterstreicht auch Prof. Claus Oetter, Geschäftsführer des Fachverbandes Software und Digitalisierung sowie Leiter der Abteilung Informatik beim VDMA: „Der Maschinen- und Anlagenbau sieht im Industrial Metaverse riesiges Potenzial, um auf dem Weg zu einer klimaneutralen und ressourcenschonenden Wirtschaft weiter voranzukommen. In einem Industrial Metaverse als Abbild und Ergänzung der realen Wirtschaft können mit digitalen Zwillingen Wertschöpfungsketten optimiert werden und Menschen in virtuellen Räumen zusammenarbeiten, um neue Problemlösungen zu finden.“

Wie das aussehen kann, zeigt die Modebranche zum Teil schon jetzt. „Im Modebereich hat das Metaverse das nachhaltige Potenzial, die Modeindustrie zu revolutionieren, indem es die mit der physischen Produktion und dem Konsum verbundenen Umweltauswirkungen reduziert“, erklärt Juliane Kahl, CEO des in München von ihr gegründeten Responsive Fashion Institute. „Der im Juni dieses Jahres veröffentlichte Cornell Cronicle stellt z.B. fest, dass die Metaverse-Industrie die Treibhausgasemissionen um 10 Gigatonnen bis zum Jahre 2050 senken könnte.“

Laut Kahl bietet das Metaverse eine virtuelle Plattform, auf der physische Kleidung entworfen, beworben und gehandelt werden kann. „Dies gilt auch für digitale Kleidung, wodurch zusätzlich der Bedarf an physischen Materialien entfällt und Abfall reduziert wird“, so Kahl. Das Responsive Fashion Institute entwickelt dafür schon heute digitale Modeanwendungen und baut Prototypen für diese neuen Fragestellungen. „Durch die Anwendung von KI können XR-Technologien mit datengesteuerten Modeanwendungen zusammengeführt werden“, sagt die Web3-Expertin.

Pilze der Hoffnung – für Natur und Seele

Sie zählen weder zu Tieren noch zu Pflanzen und sind zum größten Teil noch gar nicht erforscht – Pilze. Unterirdisch bilden sie über das so genannte Mycelium meist unsichtbare Pilzfäden-Netzwerke. Diesen werden viele Eigenschaften zugeschrieben, die vielleicht den Schaden, den wir Menschen gerade auf der Erde anrichten, in Grenzen oder sogar rückgängig machen könnte – so jedenfalls die große Hoffnung zahlreicher Expert:innen, wie etwa Pionier und Mykologe Paul Stamets („Fantastic Fungi“, „Fungi Perfecti“). Pilze können beispielsweise Giftstoffe umwandeln oder CO2 in Böden einlagern – sie gelten als Meister der Biochemie.

Auch das Fraunhofer Institut beschäftigt sich mit diesen Prozessen. Hier unter anderem an neuen Materialien und Baustoffen gearbeitet. Die Künstlerin Mara Sandrock kooperiert in dem Projekt „Materialperformance unter Verwendung lebender Substanzen“ dafür mit den Fraunhofer-Forscherinnen Sabrina Schreiner und Julia Krayer der Abteilung Nachhaltigkeit und Partizipation des Fraunhofer-Instituts UMSICHT, ihre Arbeit stellten sie kürzlich beim Festival der Zukunft von 1E9 im Deutschen Museum vor.

Und die Rolle der Pilze für die für die Seele? Pilze mit dem Wirkstoff Psilocybin, so genannte „Magic Mushrooms“ werden beispielsweise in wenigen US-Bundesstaaten legalisiert und können bei einer professionell begleiteten Behandlung teilweise schwerste und bislang nicht behandelbare Depressionen lindern. Daran forschen Institute wie die Johns Hopkins University. Doch der Wirkstoff kann auch unberechenbare Erlebnisse auslösen, eine engmaschige psychologische Unterstützung ist deshalb erforderlich, die Forschungen dazu sind noch nicht ausgereift.

Circular Economy – von Verbraucher:innen zu Gebraucher:innen

Pilze sind die besten Beispiele für natürliche Kreisläufe. Auch immer mehr Unternehmen arbeiten in Richtung „Circular Economy“. „Eine funktionierende Circular Economy ist einer der Schlüssel zur Lösung der drei existenziellen Krisen, die wir Menschen verursacht haben: Klimawandel, Verschmutzung und Artensterben“, so lautet beispielsweise das Statement von Circular Republic, einer Plattform, die Unternehmen in diesem Feld vernetzen und Innovationen voranbringen will.

Susanne Kadner, Mitgründerin und Head of Ecosystems von Circular Republic sprach sich auf dem jährlichen Forum UnternehmerTUM in München für ein rasches Umdenken aus. „Wenn wir Treibhausgasneutralität erreichen wollen, gibt es jetzt keinen Weg um die Kreislaufwirtschaft herum. Wenn wir unseren Wohlstand erhalten und unsere aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen bewältigen wollen, führt kein Weg an einer Kreislaufwirtschaft vorbei. In Europa sind wir bestens aufgestellt und verfügen über alle relevanten Komponenten: digitale Expertise und jahrzehntelange Führungskompetenz im Bereich Umwelttechnologien. Wer sonst, wenn nicht wir, sollte diesen Übergang vorantreiben.“ Diese Sicht stützen immer mehr Start-ups, Deutschland liegt hier laut Circular Republic europaweit sogar vorn. Und auch die Zahl der Gründerinnen in diesem Segment wächst. Etablierte Unternehmen wie etwa die Kirchhoff-Group sehen ebenfalls wachsende Chancen durch neue Betriebsbereiche in der Kreislaufwirtschaft.

„Die Circular Economy und der damit verbundene nachhaltige Umgang mit Materialien und Ressourcen ist ein entscheidender Ansatz, der Klima- und Rohstoffkrise entgegenzuwirken. Materialkreisläufe zu schließen muss das Gebot der Stunde unseres Wirtschaftens sein und die notwendige Bildung von Stoffkreisläufen in der Zukunft bewirken. Hierzu ist auch ein Sinneswandel aller Marktteilnehmenden erforderlich. Auch unser Sprachgebrauch sollte sich wandeln. Der „Verbraucher“ ist Vergangenheit, wir sind Nutzer und Gebraucher. Masse bleibt uns auf unserem Erdball erhalten. Zur Bewahrung der Schöpfung müssen wir alle Stoffe im Kreislauf führen“, sagt Dr. Johannes F. Kirchhoff, Managing Partner der Kirchhoff Group.

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