Ist der Anstieg teilzeitbeschäftigter Frauen auf eine generell konservative Haltung in Österreich zurückzuführen? Studienergebnisse der ÖAW könnten diese Vermutung zu bestätigen.
Dass in Österreich deutlich mehr Frauen als Männer in Teilzeit arbeiten, ist alles andere als unbekannt. Dass die Teilzeitquote vor allem bei Frauen eher ansteigt als abnimmt, ist zwar auch kein streng gehütetes Geheimnis, bei vielen Menschen aber noch nicht stark genug im Bewusstsein verankert, um die Auswirkungen dieses Trends realistisch abschätzen zu können. Österreich ist bei diesem Trend ein Vorzeigeland – und zwar nicht gerade im positiven Sinne. Die Teilzeitquote bei Frauen liegt inzwischen nämlich bei fast 50 Prozent. Eine Zahl, die uns im europäischen Vergleich einen wahren Spitzenplatz beschert hat.
Für einen weitaus größeren Überraschungseffekt dürften hingegen folgende Zahlen sorgen: Die Generation der zwischen 1970 und 1979 geborenen Frauen stieg nach der Karenz zwar deutlich häufiger wieder ins Berufsleben ein als die Generation davor, arbeitete bei einem Wiedereinstieg aber weniger Stunden. Teilzeit war bei der Generation der zwischen 1940 und 1949 geborenen Frauen kaum verbreitet. Zu dieser Erkenntnis kamen Wissenschafter*innen vom Institut für Demografie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und vom Institut für Soziologie der Universität Wien. In der Fachzeitschrift »European Sociological Review« wurden die Ergebnisse veröffentlicht.
Auf den ersten Blick erscheint diese Entwicklung paradox, gab es doch damals deutlich weniger Kinderbetreuungsplätze und weniger Alternativen zu klassischen Kindergärten. Die Gründe für diese anhaltende Entwicklung gehen aus der Studie direkt auch nicht hervor, betont Soziologe und Studienautor Bernhard Riederer gegenüber dem Standard. Persönlich würde er spekulieren, dass Großeltern und andere Verwandte eine größere Rolle bei der Kinderbetreuung eingenommen haben. Außerdem lagen Arbeitsplatz und Wohnort früher meistens näher zusammen bzw. waren, bei Familienbetrieben zum Beispiel, gar nicht voneinander getrennt.
Der Studienautor betont gegenüber dem Standard, dass Teilzeit per se nichts Schlechtes sei, sondern eine Möglichkeit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Zu kritisieren sei allerdings schon, dass das Thema der Vereinbarkeit immer noch zu solch großen Anteilen auf den Schultern der Frauen lastet. Auch das kam bei der Studie nämlich klar heraus: Die Teilzeitquote von Vätern mit Kindern unter 15 Jahren beträgt aktuell sechs Prozent. Damit ist sie sogar geringer als die Teilzeitquote von Männern ohne Kinder, die bei elf Prozent liegt.
Nachteile würden in der Teilzeit vor allem dann entstehen, wenn diese über längere Zeit andauert. Weil es dadurch deutlich schwieriger wird auf der Karriereleiter nach oben zu klettern und sich die Gehälter dadurch in einem Bereich bewegen, der eine gute Altersvorsorge nur sehr schwer möglich macht. Neben der Dauer macht es aber auch einen großen Unterschied, ob jemand 12, 20 oder 32 Wochenstunden arbeitet.
Dabei drängt sich auch die Frage auf, ob der Anstieg teilzeitbeschäftigter Frauen auf eine generell konservative Haltung in Österreich zurückzuführen ist, die längst noch nicht der Vergangenheit angehört. Die Studie zeigt nämlich auch, dass Berufstätigkeit insbesondere von Müttern mit kleinen Kindern in Österreich nach wie vor sehr kritisch gesehen wird. Unter den zwischen 1970 und 1979 geborenen Frauen waren im Alter von 35 bis 44 Jahren nach wie vor rund 50 Prozent der Ansicht, dass ein Vorschulkind unter der Berufstätigkeit der Mutter leidet.