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Sopranistin allein zuhause

Trauma oder wie sich Künstler „über Wasser“ halten – ein Gespräch mit Margriet Buchberger über ihre Rolle als Künstlerin und Solounternehmerin

Von Alter Musik bis hin zu zeitgenössischen Kompositionen: Mit ihrem breiten Repertoire ist Margriet Buchberger auf den Bühnen und in den Konzertsälen Europas zu Hause. Die bekannte Sopranistin ist regelmäßiger Gast der Associazione Mozart Italia und der Mozartwochen des Salzburger Mozarteums. Sie singt in internationalen Reihen wie den Händelfestspielen Halle, Festival Galuppi Venedig, Schubertiade in Dänemark/Roskilde, dem Mittelrhein Musikfestival, und der “Stagione Sinfonica Concertistica” der Arena di Verona. Die passionierte Gesangspädagogin lebt in München und ist Solounternehmerin. Wir trafen Margriet Buchberger und sprachen über die verordnete Zwangspause.

Frau Buchberger – von einem Auftritt zum anderen – Sie sind in ganz Europa gefragt und entsprechend ständig unterwegs. Wie erleben Sie diese Zeiten?

Man muss bedenken wie lange im Voraus der Terminkalender einer international agierenden Musikerin geplant wird. Es ist ein enormer Vorlauf und eine lange Vorbereitungszeit nötig, bei der auch zahlreiche Hürden genommen werden müssen. Umso mehr freut man sich natürlich, wenn endlich alles in „trockenen Tüchern“ scheint und die künstlerische Arbeit beginnen kann. Werden große Konzerte an den schönsten Auftrittsorten Europas und mit hervorragenden Orchestern in letzter Minute und in der Generalprobe abgesagt, ist die Enttäuschung natürlich enorm.

Der erste Lockdown im März 2020 hat Ihnen quasi die Bühne unter den Füßen weggerissen. Seit dieser Zeit können Sie nicht auftreten. Wie kommen Sie wirtschaftlich über die Runden?

Das ist genau richtig formuliert. Man befand sich im freien Fall und während zum Beispiel meine Schweizer Kollegen eine gewisse Ausfallgage für jeden abgeschlossenen Vertrag bekommen haben, waren die Soforthilfen für freiberufliche Musiker in Deutschland nur unter sehr speziellen und unrealistischen Voraussetzungen zu erhalten.
Ich bin nun wieder zum Unterrichten zurückgekehrt, was ich eigentlich aus Zeitmangel aufgegeben hatte. Aber ich unterrichte zum Glück wirklich sehr gerne und es stellt für mich eine wirkliche Alternative dar. Auch wenn online Gesangsunterricht natürlich nicht ganz unproblematisch ist.

Haben Sie Verständnis für die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie?

Selbstverständlich muss man sich an die momentanen Gegebenheiten anpassen.
Aber viele Aktionen der Entscheidungsträger erscheinen mir unausgegoren und ausgerechnet Deutschland ist mit seiner Impfpolitik extrem hinterher.

Wie muss man sich Ihren „normalen“ Arbeitstag in diesen Zeiten vorstellen?

Ein normaler Arbeitstag existiert derzeit nicht.
Es finden natürlich keine Proben oder Konzerte statt und das Studio, oder die Orte an denen ich normalerweise übe sind geschlossen.
Es ist eine sehr schwierige Situation und eine echte Herausforderung das persönliche künstlerische Niveau zu erhalten.
Einsingübungen und Training im Bad, im Keller oder auch im Auto sind an der Tagesordnung. Ein unmöglicher Zustand. Stellen Sie sich vor ein Profisportler,

zum Beispiel Manuel Neuer, trainiert ein Jahr nur noch bei sich im Garten …

Hat Ihre Stimme durch diesen erzwungenen Stillstand „Schaden erlitten“?

Auftrittstermine stellen natürlich auch ein gewisses „Korsett“ dar. Man plant von Termin zu Termin, folgt seiner Vorbereitungsroutine, weiß wie lange man braucht um die Muskulatur des Stimmapparates auf das jeweilige Repertoire einzustellen und richtet, gerade als Sänger, sein komplettes Leben danach ein. Da läuft die ganze Maschinerie physisch wie auch mental „wie geschmiert“.
Hatte man gut zu tun und diese Termine fallen plötzlich weg, muss man sich wirklich komplett neu sortieren. Es ist extrem schwer im Lockdown die Motivation für einem sehr strengen Trainings – und Übungsplan aufrecht zu erhalten. Das kann man in etwa mit dem Training bei Hochleistungssportlern vergleichen.
Ich kämpfe mich langsam wieder zurück, aber es ist nach einem Jahr Pause nicht einfach. Ich kenne viele Kollegen die aufgegeben haben.

Wie ergeht es den Musikern, mit denen Sie arbeiten? Treffen Sie sich virtuell?

In diesen Zeiten ist das Internet wirklich ein Segen und es hat sich fast alles in den virtuellen Raum verlagert. Nicht nur gestreamte Konzerte, auch virtuelle Rundgänge durch Museen und andere Veranstaltungen wurden qualitativ immer hochwertiger auf virtueller Ebene veranstaltet.
Gemeinsames Musizieren und Proben, stößt da allerdings wirklich schnell an seine Grenzen. Das macht musikalisch nur bedingt Sinn. Ist aber freilich eine Möglichkeit.

Wie bereiten Sie sich auf „die Zeit danach“ vor?

Ich arbeite in den letzten Jahren viel in der Schweiz und von dort wurden bereits Wiederaufnahmetermine ab Mai für das Theater Basel ausgegeben. Auch die Händel-Festspiele in Halle werden wohl stattfinden. Nun bin ich natürlich wieder täglich am üben und vorbereiten des Repertoires und hoffe bald wieder auf die Möglichkeit mit einem Korrepetitor am Klavier oder Cembalo meine Partien studieren zu können. Alleine im stillen Kämmerlein kommt nur schwer wieder auf das angestrebte und selbstverständlich auch geforderte Niveau.

Es gibt Künstler und Kollegen von Ihnen, die bei der anhaltenden Pandemie eine Traumatisierung des Publikums befürchten. Tenor: stell Dir vor die Konzertsäle öffnen wieder und das Publikum bleibt aus Angst vor Nähe weg. Teilen Sie die Befürchtung?

Gerade erst wurde ein Testkonzert unter einem strengem Hygienekonzept in der Berliner Philharmonie veranstaltet. Die Karten waren innerhalb weniger Minuten ausverkauft. Ich denke das Publikum, wie auch die Künstler warten sehnsüchtig auf einen Neustart des kulturellen Lebens.

Im Gespräch mit Kollegen, Agenten und Veranstaltern: wann wird es Ihrer Meinung wieder möglich sein, Sie auf der Bühne zu erleben?

Natürlich kann auch ich nur spekulieren. Ich hoffe die Vorstellungen am Theater Basel und die Händel-Festspiele in Halle werden stattfinden können. Generell hängt es natürlich zum großen Teil an den Impfungen. Ärzte in meinem Umfeld meinen, je länger es damit dauert und der Großteil der Bevölkerung nicht geimpft wird, umso leichter kann das Virus wohl mutieren und eine Eindämmung der Pandemie wird immer schwieriger.
Lassen Sie uns auf ein baldiges Ende dieses Zustandes und eine aufs Neue bunt belebte Kulturlandschaft hoffen.

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Foto: Margriet Buchberger

Fotocredit: Erich Hochmayr privat

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