StartBusinessKarriereSelbstfürsorge und (Höchst-) Leistung – ein Konflikt?

Selbstfürsorge und (Höchst-) Leistung – ein Konflikt?

In unserer leistungsorientierten Gesellschaft vergessen viele von uns, wie wichtig es ist, auf sich selbst zu achten. Selbstfürsorge-Expertin Katharina Thorn teilt in diesem Gastbeitrag ihre persönlichen Erfahrungen und zeigt auf, warum Selbstfürsorge kein Zeichen von Schwäche ist, sondern der Schlüssel zu langfristiger Leistungsfähigkeit und Lebensfreude.

Wenn man, getrieben durch den Wunsch, Leistung erbringen zu wollen, nicht auf sich selbst achtet, geht das meistens schief. Wir verlieren an Leistungsfähigkeit. Und nicht selten auch unsere Gesundheit und Lebenslust. Dennoch sind viele von uns in genau diesem Hamsterrad gefangen und verlangen sich jeden Tag schier unmögliches ab, ohne einen so wichtigen selbstfürsorglichen Umgang mit sich selbst, denn:

Wir haben es anders gelernt. Sind anders geprägt. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Und beim Begriff Selbstfürsorge denken wir oft direkt an Schwäche und daran, ein vielleicht hohes Arbeitspensum zu reduzieren, was sich für die meisten intuitiv falsch anfühlt.

Und ja, genau so habe ich auch gedacht und gefühlt. Bis vor etwa 10 Jahren, als bei mir eine unheilbare Krankheit diagnostiziert wurde. Seither beschreite ich meinen Lebens- und Karriereweg selbstfürsorglicher und bin trotz „Handicap“, leistungsfähiger und erfolgreicher als je zuvor.


Career Session am 14. Oktober

Wenn ihr mehr zum Thema Selbstfürsorge erfahren und lernen wollt, wie ihr eure ersten Schritte setzen könnt, laden wir euch zur Career Session mit Katharina Thorn am 14. Oktober um 17:00 via Zoom ein. Meldet euch hier kostenfrei an!


Eine Gesellschaft zwischen Prägung und Fortschritt

Wir leben in einer absoluten Leistungsgesellschaft mit stetig steigenden Anforderungen und Erwartungen. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen – ein Klassiker unter den deutschen Sprichwörtern. Wir definieren unseren Wert also (nicht selten ausschließlich) anhand unserer Leistungen und das kann abhängig machen. Wir arbeiten, bekommen dadurch Anerkennung und fühlen uns in unserem „Sein“ bestätigt. Dabei kompensiert die „Sucht“ nach Arbeit eine innere Leere, denn der Mensch bleibt hinter der Leistung auf der Strecke.

Darüber hinaus wird die Welt immer komplexer. Mehr und mehr Informationen prasseln täglich auf uns ein und wir neigen dazu, uns in dieser Komplexität zu verlieren. Denn unendlich viele und ständig offerierte Möglichkeiten, erschweren es uns herauszufinden, was uns wirklich guttut. Und das hat Auswirkungen auf mentaler, körperlicher, persönlicher und beruflicher Ebene.

Der Domino-Effekt – Wenn der erste Stein fällt, fällt auch der letzte…

Die Folgen kennen wir alle: das Gefühl der dauerhaften Überforderung, unterschwellige Unzufriedenheit, mangelnde Leistung, gesundheitliche Probleme (körperlich als auch physisch) bis hin zu schweren Erkrankungen und komplettem Ausfall im beruflichen, aber auch im privaten Kontext. Wir gefährden nicht nur unsere Gesundheit und Mitmenschen, sondern entfernen uns langfristig auch von einem erfolgreichen und erfüllten Leben. An Leistungssteigerung ist kaum noch zu denken, was ein Blick auf die jährlich erscheinenden Statistiken zu Krankenständen in Unternehmen belegen.

Ein Rekordwert jagt den nächsten. Wie der aktuelle DAK-Gesundheitsreport 2024 zeigt, sind die krankheitsbedingten Ausfälle gegenüber dem Vorjahr um 13 Prozent gestiegen. Insgesamt lag der Krankenstand in den Unternehmen in Deutschland bei 5,5 Prozent. Weit über die Hälfte der Beschäftigten hatte von Januar bis Dezember 2023 mindestens eine Krankschreibung. Im Durchschnitt zeigen sich 20 Fehltage pro Kopf. In Österreich ist es mit durchschnittlich 15,4 Krankenstandstage je Beschäftigter bzw. je Beschäftigte ganz ähnlich. Dabei sind insbesondere psychische Erkrankungen der Grund für den explodierenden Krankenstand. In Deutschland erfüllt mehr als jeder vierte Erwachsene im Zeitraum eines Jahres die Kriterien einer psychischen Erkrankung. Damit ist die Zahl der Fehltage durch psychische Belastung/Erkrankungen laut DAK Psychreport in den letzten zehn Jahren um 48 Prozent gestiegen. Ein gefährlicher Trend, auf vielen Ebenen.

Negative Glaubenssätze – Was hält uns zurück?

Warum fällt es uns so schwer, selbstfürsorglich durchs Leben zu gehen? Natürlich ist die Antwort auf diese Frage nicht pauschalierbar und dennoch höre ich in der Arbeit mit Menschen immer wieder die selben fünf oder ähnlich gelagerte Antworten auf diese Frage. Nämlich:

1) Ich habe keine Zeit dafür.

2) Ich kann doch nicht alles stehen und liegen lassen.

3) Durchhaltevermögen, ich schaffe es nicht am Ball zu bleiben.

4) Ich weiß schlichtweg nicht wie. Ich weiß nicht, was mir guttut und warum das wichtig sein soll.

5) Mich um mich selbst zu kümmern, ist doch egoistisch. Ich bin es mir nicht Wert.

Mensch vor Leistung – 6 Learnings für den Start in die Selbstfürsorge

Der Gamechanger liegt also darin, sich als Mensch wieder vor die Leistung zu stellen. Was nicht bedeutet, dass Leistung komplett vernachlässigt wird. Ganz im Gegenteil: Denn durch den selbstfürsorglichen Umgang mit den eigenen Ressourcen gelingt es einem langfristig sogar, die eigene Leistung zu steigern, ohne dabei auszubrennen.

Alles beginnt mit dem Bewusstsein

Langfristig in die Veränderung kommt nur der, der lernt wieder bewusst zu sein. Die Lösung liegt also nicht in der Aufnahme und dem Verstehen von Informationen, sondern darin, sich selbst wieder zu spüren und eine Wichtigkeit einzuräumen. Höchstleistung und Erfolg folgen immer einem gesunden Geist und Körper, niemals umgekehrt.

Nicht das Symptom behandeln, sondern die Ursache

Leichte und schnelle Lösungen sind „en vogue“. Man hat Kopfweh, man nimmt eine Tablette und temporär ist der Schmerz weg, bis er nach kurzer Zeit oft noch schlimmer zurückkommt. So ist es leider oft auch mit der Selbstfürsorge. Wir lenken uns ab, konsumieren oder betäuben uns, anstatt uns wichtige Fragen zur Ursache zu stellen. Für einen nachhaltigen und langfristigen Erfolg ist jedoch genau das notwendig: Wir müssen das Problem an der Wurzel packen.

Mut,, die Vergangenheit zu betrachten, und negative Glaubenssätze aufzulösen

Wir alle werden in unserer Kindheit und Jugend geprägt. Durch das familiäre Umfeld, Bekannte, die Schule etc. Und nicht selten hadern wir damit, auf diese Zeiten zurückzublicken. Manchmal sind sie negativ besetzt oder wir haben Angst, Fehler unserer Eltern zu entdecken. Welche negativen Glaubenssätze und inneren Dialoge bestimmen uns? Diese aufzuschreiben oder bei tieferliegenden Themen professionelle Hilfe von einem/einer Coach/Berater:in in Anspruch zu nehmen, sind erste wichtige Schritte.

Selbstfürsorge ist wie das Erlernen von Fahrradfahren

Richtig, Selbstfürsorge muss schrittweise erlernt werden, eben wie Fahrradfahren. Wenn man sie dann einmal richtig beherrscht, erscheint sie kinderleicht und man kommt ins Machen, kann sie immer und immer wieder anwenden. So wird die Selbstfürsorge mit der Zeit auch zur Routine. Man wendet sie ganz unterbewusst und ohne nachzudenken an, fast wie Zähne putzen. Es ist ein Prozess. Ein Lernprozess.

Jeder hat eine andere Selbstfürsorge

Selbstfürsorge ist hochindividuell. Es geht darum seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche herauszufinden. Eine Reise zu sich. Sich kennenlernen. Hier geht es darum, Körper- und Stresswarnzeichen zu erkennen, Gefühle zu identifizieren. Erst wenn ich weiß, wie ich mich fühle, weiß ich was ich brauche. Wie fühle ich mich? Was tut mir gut? Was klaut mir Energie? Wann bin ich im Leistungskeller?

Anwendung im Alltag

Wenn man an das Thema Selbstfürsorge denkt, dann kommt schnell der Gedanke auf, ich muss einmal alles auf den Kopf stellen. Darum geht es nicht. Es geht um darum, die richtigen Stellschrauben zu drehen. Und das in kleinen Schritten. Mit Hilfestellung der richtigen Routinen und Strategien an der Seite. Mit Hilfestellung der richtigen Routinen, Strategien und manchmal eben auch einer versierten Person an der Seite.

Selbstfürsorge  und Höchstleistung – Eine Synergie!

Am Ende ist es wie bei jedem Thema der berühmte erste Schritt, den wir uns trauen müssen. Also sollten wir nicht auf den perfekten Moment warten, an dem wir Zeit haben Selbstfürsorge anzuwenden. Denn Überraschung, diesen gibt es nicht! Vielmehr sollten wir einfach anfangen Selbstfürsorge anzuwenden und so sukzessiv mehr Zeit, aber auch Kraft zur Verfügung zu haben! Zeit und Kraft für die Familie, Zeit und Kraft für den Job, Zeit und Kraft für EUCH und ein erfülltes Leben.


Zur Person

Katharina-Louise Thorn ist Botschafterin und Keynote-Speakerin für das Thema „Angewandte Selbstfürsorge“. Sie setzt sich für eine Arbeitswelt ein, die uns stärkt. Eine Arbeitswelt, die auf Nachhaltigkeit setzt und unsere Gesundheit wertschätzt. Angewandte Selbstfürsorge ist nicht nur der Schlüssel für eine nachhaltige Aufrechterhaltung und Förderung der Gesundheit, sondern führt unabdinglich zur Steigerung der eigenen Leistung und entfaltet neuen Raum für Lebenslust.

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