»Sachen gibt’s, die gibt’s gar nicht« ist ein beliebter Füllsatz, der sich vor allem in Smalltalk-Gesprächen gut einsetzen lässt. In der Regel geht es dabei nur sehr selten um Einhörner. Obwohl der Satz in diesem Zusammenhang ja schon sehr gut passen würde, vor allem dann, wenn damit nicht das Fabelwesen aus dem Märchenwald, sondern das Berliner Kondom Start-up mit dem fabelhaften Markennamen gemeint ist. Dort spielen sich nämlich Dinge ab, von denen viele, die an klassische Arbeits- und Unternehmensstrukturen gewöhnt sind, nicht vorstellen können, dass es sie tatsächlich gibt.

Im vergangenen Jahr überraschte der Hersteller von nachhaltigen Kondomen und Menstruationsprodukten zum Beispiel mit der Nachricht, dass man ArbeitnehmerInnen kostenlos psychologische Beratung bei einer Therapeutin oder einem Therapeuten zur Verfügung stellen möchte. »Zum Wohl der Mitarbeiter und damit auch zum Wohl des Unternehmens müssen wir das Thema endlich enttabuisieren, schrieb Mitgründer und Geschäftsführer Waldemar Zeiler damals in einem Xing-Post. Außerdem ist das Unternehmen, das vor fünf Jahren von Waldemar Zeiler und Philip Siefer gegründet wurde, sich aber immer noch als Start-up bezeichnet, Vorreiter, wenn es um New Work geht. Urlaub und Gehalt werden von den MitarbeiterInnen selbst bestimmt und jede und jeder darf mitsprechen und entscheiden. Die Selbsteinstufung fiel vielen Mitarbeitern schwer, wie auf der Einhorn-Website nachgelesen werden kann, und die Berücksichtigung der individuellen Lebenssituation zeigte, dass Sonderfälle und Ausnahmen die eigentliche Norm sind.

Nun erklärte Zeiler in einem Interview mit der deutschen Zeitschrift Absatzwirtschaft, dass schwangere Teammitglieder eine Gehaltserhöhung bekommen. Und zwar aus den folgenden Gründen: »Wenn man Kinder bekommt, hat man einen ganz anderen Sinn im Leben. Dann fragt man sich ja: Zu was für einer Welt trage ich bei? Und die sind umso froher, dass sie bei Einhorn arbeiten, weil da diese Sinnfrage zum Teil schon beantwortet ist. Wir sind jetzt alle um die 30 und es ist klar, dass eine ganze Kinderwelle auf uns zu rollt. Und wir haben relativ früh gesagt, dass wir uns als Firma da mitentwickeln wollen, und deshalb bekommt jede, die ein Kind bekommt, automatisch 400 Euro netto mehr.« Damit möchten die beiden Gründer auch mit der immer noch anhaltenden, gesellschaftlichen Misskonzeption aufräumen, dass die Betreuungspflichten alleine in den Händen der Frauen liegen, weil Frauen grundsätzlich auch weniger verdienen als ihre männlichen Partner. »Wir wollen diese Spirale der Ungleichheit auflösen, die dazu führt, dass eher die Frau zuhause bleibt, weil sie ja weniger verdient, als der Mann. Bei uns bekommt sie eine Gehaltserhöhung.« Ein gesamtes, gesellschaftliches Umdenken findet damit leider noch nicht statt, aber es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Und ein Aufzeigen von Dingen, die es tatsächlich gibt, an die aber niemand so wirklich glauben kann.

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