StartBusinessRäuberleiter für die Karriere. Teil 4: Räuber ohne Leiter

Räuberleiter für die Karriere. Teil 4: Räuber ohne Leiter

Ist eine Kolumnen-Serie in vier Teilen von Gabriele Strodl-Sollak, Kommunikationsberaterin, Business-Coach und Autorin des Buches „Boost your career, Sister! Jeden Montag im Jänner auf SHEconomy.

Räuber ohne Leiter

Wie praxistauglich ist die Ermutigung, aufeinander zuzugehen, nach Unterstützung zu fragen, sie anzubieten, sich gegenseitig die Räuberleiter zu machen?

Oft funktioniert es gut. Viel öfter, als es schief geht. Allerdings – es ist nicht immer so. Manchmal erzählen mir Coachees von Situationen, in denen sie brutal vor den Kopf gestoßen werden. In denen unter Frauen bewusst gelogen, verleumdet, verraten und ausgeschlossen wird.

Über Feindschaften, Konkurrenz und Aggression zwischen Frauen zu schreiben ist recht heikel – und deshalb auch nicht besonders beliebt. Wenn wir uns allerdings mit der Räuberleiter beschäftigen, lohnt sich auch ein Blick darauf, wie es ist, wenn Frauen sich gegen Frauen wenden.

Unternehmensberater Peter Modler erklärt in seinem Buch „Die freundliche Feindin“ was hier abgeht – und beschreibt die Eskalationsstufen der Aggression so:

Eskalationsstufe 1: Die High-Talk-Täuschung

Der Angriff erfolgt indirekt. Oft ist er nur verzögert erkennbar, weil er maskiert stattfindet. Gegenüber der betroffenen Frau wird mit einem subjektiven Unterton und moralisierend – aber inhaltlich – argumentiert. Die Sätze kommen sachlich daher, sind es aber ganz und gar nicht. Ziel ist eine Bloßstellung und schlechtes Gewissen hervorzurufen.

Die methodische Steigerung ist die Nadelstich-Politik. Wie der Name indiziert, die kleinen Demütigungen sind schmerzhaft. Die Spielregel lautet: Spricht man die ausübende Person auf die Demütigung an, wird der aggressive Akt einfach abgestritten.

Als einzige nicht eingeladen?
„Wie, du hast von dem Meeting nichts gewusst? Das war doch vereinbart. Na ja, nächstes Mal klappt es bestimmt.“

Die Betroffene wehrt sich?
„So war das doch gar nicht gemeint, was du immer hineininterpretierst!“

Für sämtliche Situationen gut:
„Oh, das war ein Missverständnis …“

Weiter in der Eskalationsstufe geht’s mit der Verknappung der Kommunikation, dem Sprachentzug – Modler bezeichnet dies als Minus-Talk, gesteigert durch Ignoranz, so tun als wäre die Person gar nicht anwesend sowie abwertender Mimik. Im Kill-Talk wird gnadenlos Krieg geführt mit Falschbehauptungen und gezieltem Streuen unwahrer Informationen, hemmungslos werden die persönlichen Lebensumstände instrumentalisiert – „Seit der Scheidung ….“, „Die pubertierenden Kinder ….“, „Burnout ….“

Im horizontalen Kommunikationssystem – das häufig von Frauen bevorzugt wird – ist die Aggression meist relational und wird auf der Ebene von Nähe-Distanz ausgetragen. Die schlimmste –verklausuliert ausgedrückte – Botschaft: „Du gehörst nicht zu uns.“

Im Pendant, dem vertikalen Kommunikationssystem, das mehrheitlich Männern bevorzugen wird – wird Aggression vornämlich situativ ausgetragen, über den Rang der Beteiligten. Damit ist ihnen das horizontale System mit der ungewohnt ausgedrückten Aggression recht fremd.

Was tun mit diesem belastenden Thema?

Wenn Sie mitbekommen, dass jemand diese Spielchen spielt, stärken Sie bitte die Ausgeschlossene in ihrem Selbstwert und seien Sie misstrauisch bei allen Beteuerungen, das alles in Ordnung wäre. Rituelle Höflichkeit und Lächeln gehört zum Repertoire der horizontalen Aggression. Achtung: Den Selbstwert zu stärken bedeutet nicht, vor der Gruppe zu loben. Sonst setzt der Bestrafungsmechanismus der Gruppe mit Ausschluss umso heftiger ein. Hilfreich ist, die Person beispielweise mit anderen Teams zusammenarbeiten zu lassen und übers Tun ein Erfolgsgefühl zu ermöglichen.

Wenn Sie selbst betroffen sind, dann bringen Sie sich aus der Schusslinie! Überprüfen Sie, wer noch auf dem Spielfeld steht und ob Sie dort Anschluss, Kooperation und Unterstützung bekommen. Männliche Chefs – die meist vertikal kommunizieren – bemerken dieses Gebrodel oft viel zu spät und unterschätzen meist die Situation. Gleichrangige Kollegen hingegen wirken oft unbewusst neutralisierend – genau aus demselben Grund – der prinzipiellen Ahnungslosigkeit gegenüber dieser Aggressionsform.

Wenn Sie betroffen sind, suchen Sie wohlwollende Freundschaften und berufliche Netzwerke außerhalb der Situation – jeder Sport, jedes Hobby, jedes liebevolle Familienmitglied, alles was sie stärkt und ihren Selbstwert wieder hebt, ist gut. Mit noch mehr Arbeit werden sie die Fouls nicht in den Griff bekommen. Was Sie jetzt brauchen sind Freude und Freunde außerhalb der Firma. Und/oder einen professionellen Blick von außen. Dann können Sie auch planen, wie Sie mit dieser Situation weiter umgehen wollen.

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