StartOpinionNeues Kabinett, alte Muster

Neues Kabinett, alte Muster

Noch bevor die neue Bundesregierung ihre Arbeit aufnimmt, stehen zwei Ministerinnen im Rampenlicht – nicht wegen ihrer Zuständigkeiten, sondern wegen privater Details. Über politische Kommunikation sagt das wenig, über unsere Debattenkultur umso mehr.

Liebe she Community,   

die gute Nachricht: die neue deutsche Bundesregierung steht. Die schlechte: Da haben die Ministerinnen und Minister noch nicht mal ihr, neudeutsch, Onboarding hinter sich gebracht, schon echauffieren sich (teils selbsternannte) Expert*innen und Journalisten-Kolleg*innen über Kompetenzen, Lebenspartner und Golf-Dates. 

Auf letztere will ich hier nicht eingehen, dafür auf erstere und zweitere, denn sie betreffen zwei Frauen: Dorothee Bär, die künftig das Forschungs-, Technologie und Raumfahrtministerium leitet, und Katherina Reiche, designierte Wirtschafts- und Energieministerin. 

An CSU-Politikerin Bär kleben seit Jahren zwei, ähem, Labels: Flugtaxis und ein „Lack-und-Leder“-Look der österreichischen Designerin Marina Hoermanseder. Achja: außerdem ein Paar Valentino-Pumps und ein Dirndl. Mehr sage ich dazu nicht, außer: Sich schlecht anzuziehen, ist auch eine Entscheidung. Darüber hinaus habe ich noch keine Frau getroffen, deren Hirn, Bildung und Überstunden mit der Höhe des Absatzes schrumpfen. 

Zu den Flugtaxis, nun ja … Dorothee Bärs, ähem zum zweiten, Sternstunde war das nicht. Umso bemerkenswerter, wie kreativ ihre damalige, sieben Jahre alte (!) Aussage nun von einem Medium mit ihrem Schuhwerk und neuen Ministerium verknüpft wird: „Dorothee Bär macht mit ihren Stöckelschuhen Schlaglöcher in die Milchstraße“, lautet da eine Headline. Ist als lustiger? satirischer? zynischer? Kommentar gemeint vermutlich, ich erinnere mich aber an keine Titelzeile Richtung, „Minister XY stampft mit seinen ausgelatschten Gummisohlen-Anzugschuhen das BIP ein“. Nun lasst die Frau doch erstmal ihren Job machen.  

Und Katherina Reiches Privatleben ist einem öffentlichen Sender auf deren Website folgende Info, als „Gut zu wissen“ tituliert, wert: „Reiche ist mit dem früheren Wirtschafts- und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg liiert.“ Dabei hätte die Wahl ja auch auf „Reiche ist eine von drei ostdeutschen Minister*innen, somit ist die proportionale Repräsentanz zum Bevölkerungsanteil (20 %) gerade so erfüllt“ (Danke an Franzi Kühne für den Input) fallen können. Bei keinem Minister wird in dem Bericht auf das Privatleben eingegangen, dafür bei einer weiteren Ministerin: Reem Alabali-Radovan, ebenfalls eine jener drei ostdeutschen Politiker*innen und ebenfalls mit einem (Sport-) „Promi“ liiert.   

Ob Katherina Reiche ihre vorherige Karriere in der Energieversorgung vielleicht sogar für ihren neuen Job prädestiniert, oder es da Lobbyismus-Konflikte geben könnte, das werden wir nicht herausfinden, wenn wir uns darüber Gedanken machen, ob „KT“ ihr Abendessen kocht.  

Selbstverständlich werden wir die Arbeit dieser Ministerinnen, aller weiteren und aller Minister beobachten. Nehmen Sie mich beim Wort! Die Frauen im Kabinett stellen wir Ihnen morgen vor. 

Ihre Lara Gonschorowski  

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