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Nehmt die Rosen, aber fahrt die Stacheln aus!

Meine Inbox meint es seit Tagen gut mit mir, weil bald wieder einmal Muttertag ist: Von den Lieblingsstores trudeln massenweise Rabattcodes ein, neue, sorbetfarbene Tennisarmbänder des Tiroler Schmuckherstellers funkeln mich an und der Home & Living-Universalist aus München ermutigt mich, meine Vasensammlung zu überdenken. Obwohl das alles sehr klischeehaft ist, mag ich diese Anteilnahme an meinem Frauenleben; ich erfreue mich sogar an ihr.

Dazwischen tauchen jedoch News auf, die mir richtiggehend die Laune versauen. Etwa, wenn der österreichische Gesundheitsminister Johannes Rauch von „schwangeren Personen“ statt schwangeren Frauen redet. Ein schwangerer Mensch ist nun einmal im Regelfall eine Frau – was nicht bedeutet, dass Frauen über ihre Mutterschaft definiert gehören. Es sollte aber möglich sein, auch im Zusammenhang mit Schwangerschaft, weiterhin das Wort „Frau“ zu verwenden, ohne, dass sich andere Gruppierungen dadurch beleidigt fühlen.

Die zweite Nachricht, die mich irritiert, ist, dass neuerdings immer mehr Unternehmen ihre Frauenförderungsaktivitäten zugunsten von Diversitätsprogrammen hintanstellen. Als ob nach zwei, drei Jahren Gender Equity-Engagement und ein paar vorteilhaft gestiegenen Prozentpünktchen die Arbeitswelt endlich gerecht wäre. Weit gefehlt! Ich will nicht sagen, dass Diversität kein wichtiges Thema ist – aber irgendwie macht sich in mir die Befürchtung breit, dass das eine zunehmend gegen das andere ausgespielt wird. Und möglicherweise auf halber Strecke beiden der Atem ausgeht, weil dann eben ein neues Buzzword den Ton angibt.

Die dritte Meldung betrifft die jüngsten Umfragen zum Thema Gender-Sprache: Aufgrund überwiegender Ablehnung wurde sie beim deutschen TV-Sender WDR kürzlich eingestellt. Beim österreichischen ORF existiert das Binnen-I zwar noch, wird aber von zwei Drittel der Zuseher:innen abgelehnt. Auf Ämtern sieht es kaum anders aus. Nur die unter 30-Jährigen und Akademiker:innen bringen es auf eine höhere Zustimmung. Auch ich habe gebraucht, bis ich mich an den kurzen, luftleeren Raum zwischen Bürger und innen, Moderator und innen und Professor und innen gewöhnt habe. Aber Sprache schafft Bewusstsein und deshalb finde ich die Regelung im öffentlichen Raum weiterhin wichtig und richtig.

Drei Aspekte, die vordringlich nichts miteinander zu tun haben. Dennoch ein grummeliges Grundgefühl: Nachdem die Sichtbarmachung von Frauen als Role Models, Ermutigerinnen und Zusammenhalterinnen in den vergangenen Jahren endlich Fahrt aufgenommen hat, werden wieder Stoppschilder aufgestellt. Es sind nicht viele, aber sie sind ganz schön relevant. Lese ich dann in der „Gala“ über das tennisspielende Model Lena Gercke: „Während sie Bälle schlägt, holt Dustin als Babysitter Punkte“ oder höre von einer jungen Mitarbeiterin, dass beim Mädels-Polterabend eine der Freundinnen gleich wieder gehen musste, weil der Jungvater daheim mit dem weinenden Kind nicht fertig wurde, wird mir gleich nochmal anders.

Daher ein in Seide gebundener Tipp zum Muttertag: Nehmt die Rosen! – aber fahrt die Stacheln aus, wenn man versucht Euch auf jene Plätze zurückzudrängen, auf denen einst Eure Mütter als junge Frauen saßen.


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FotomaterialCopyright: Freepik

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