Abteilungsleiterin Nilab ist voller Tatendrang und leistungsorientiert. Sie ist konzernweit, auch bei einflussreichen Menschen für ihre Expertise bekannt, wird wohlwollend beobachtet und gilt als Potenzialträgerin. Im Selbstmarketing und Netzwerke-knüpfen ist sie richtig gut. Mehr als ärgerlich nur, dass ihr unmittelbarer Vorgesetzter ihr zunehmend Teilprojekte entzieht und ihre Vorhaben nicht fördert oder sogar blockiert. Stattdessen bekommt eine andere Abteilungsleiterkollegin Teilprojekte hinzu, also „mehr Verantwortung“, was gleichbedeutend ist mit mehr Ressourcen und Einfluss, während sie zunehmend das Gefühl hat, in einer Sackgasse zu landen.
„Blockieren“ ist eine Technik der Mikropolitik
Wie kann sich Nilab nun dagegen wehren? Denn nur der Vorgesetzte stört in der gesamten Versuchsanordnung. Unternehmen, Funktion, Aufgabe, Kolleg:innen, Branche, Standort, Gehalt… Alles sonst ist perfekt.
3 Schritte, um mehr Einfluss zu gewinnen
Schritt 1: Welche Interessen verfolge ich selbst?
Im Coaching leuchten wir gemeinsam die Szene aus und ergründen ihre eigenen Interessen. Was will sie denn überhaupt? Tatsächlich und wirklich. Wirklich, wirklich. Als das klarer wird, wechseln wir im zweiten Schritt die Perspektive.
Schritt 2: Was sind seine Interessen?
Jede Menge kann Nilab über aufmerksame Beobachtung herausfinden: Verhalten in verschiedenen Situationen: Welche Themen oder Aktivitäten scheinen ihn besonders zu interessieren oder zu begeistern? Was ruft eine negative Reaktion bei ihm hervor?
Kommunikationsvorlieben: Wie kommuniziert er am liebsten? Mag er direkte, kurze Nachrichten oder bevorzugt er ausführliche Berichte? In welcher Frequenz? Bevorzugt er persönliche Gespräche, Telefonate, E-Mails, Messenger?
Führungsstil: Ist er eher rangorientiert oder partizipativ? Wie reagiert er auf Herausforderungen oder Probleme im Team?
Viel aufschlussreicher und kniffliger ist es, die persönlichen Interessen zu erkennen. Das Leben ist nun mal mehr, als professionelle Abteilungsziele zu erreichen. Wirklich, wirklich also. Will er vielleicht nach Jahren des Getriebenseins einfach mal eine Phase der Konsultierung und ein wenig mehr Ruhe? Oder ist er im Karriere-Aufbau und will sich ein paar Denkmäler setzen? Oder will er den Einfluss von jemand anderem verhindern?
Selten können wir ohne sofortige Bestrafung offen über tatsächliche Interessen sprechen. Man kann schwer sagen: „Ich will mir nicht in die Karten schauen lassen.“ Stattdessen klingt es verbindlicher zu sagen: „Wir sind noch dabei, das zu erheben.“ Die eigentlichen Interessen werden in der Regel verborgen.
Interessens-Portfolio:
- Mir nicht in die Karten schauen lassen
- Widerstand leisten
- Abwechslung
- Mich beweisen
- Eine Schwäche überspielen
- Stärke demonstrieren
- Etwas Neues lernen
- Mehr Geld
- Eine bestimmte Person meiden…
- Mag mein Konzept nicht
- Mag das Budget nicht freigeben
- Und viele mehr
Schritt 3: Wie tragen wir zum Erfolg des anderen bei?
Im dritten Schritt geht es um die EINE wesentliche Frage: Wie nützt die Abteilungsleiterin ihrem Chef?
Das ist in unserem Beispiel der entscheidende Punkt. Die kompetente Nilab gibt Vollgas und scheut sich nicht, den Finger in Wunden zu legen. Sie weist darauf hin, was immer noch nicht läuft. Sie gibt ihrem Vorgesetzten zu häufig das Gefühl, viel zu langsam zu sein, eine miserable Fehlbesetzung.
Was Nilab in unserem Beispiel übersieht, ist das Interesse ihres Vorgesetzten, sein Gesicht zu wahren. In guter Absicht will sie auf der Sachebene rasch Verbesserungen vorantreiben. Weil er sich als rangorientierter Mann ständig angegriffen fühlt, begrenzt er ihren Einfluss, um seinen Leidensdruck zu mindern.
Als sie das erkennt, kann sie ihr Kommunikationsverhalten ändern und gleichzeitig ihre Interessen verfolgen. Sie fragt sich nun regelmäßig: Wie kann ich ihm zum Erfolg verhelfen? Was konkret tue ich dafür? Wie unterstütze ich seine Interessen? Wie kann ich ihn gut leben lassen? Wie drücke ich meine Loyalität aus?
Statt zu nörgeln kann sie ihn empowern und das liefern und im verbalen Geschenkpapier verpacken, was ihn voranbringt. So drückt sie ihre Loyalität aus und vergrößert ihre Hebelwirkung im Unternehmen. Schwächt sie hingegen ihr Team oder ihre eigene Führungskraft, schwächt sie sich selbst.
Ihr Ziel ist nun, seine und ihre eigenen Interessen – auch im Sinne des Konzerns – zu synchronisieren. Das bedeutet nicht duckmäuserisch zuzuarbeiten, sondern eine positive Arbeitsbeziehung aufzubauen, in der auch er sich in seiner Funktion wertgeschätzt fühlt. Darin ist nämlich die andere, bevorzugte Abteilungsleiterin Meisterin.
Fazit
Kenne deine eigentlichen Interessen und das Ergebnis, welches du konkret erreichen willst!
Wechsel die Perspektive: Welche Interessen verfolgt er/sie? Was will der andere eigentlich?
Wie nützt du der anderen Person? Gibt es eine Interessens-Schnittmenge?
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Samstag, 17. Juni 2023 | 9:30 -13:00 Uhr
Hier geht es zum ersten Teil der Serie