In einer Welt, in der Umweltkatastrophen zunehmen und die soziale Ungleichheit wächst, tauchen immer öfter zwei Worte auf, die auf eine bessere Zukunft und das Gute im Menschen hoffen lassen: Impact Investing. Auf Deutsch: wirkungsorientiertes Anlegen. Das Investment soll messbare soziale oder ökologische Wirkung haben und gleichzeitig eine finanzielle Rendite einspielen.
Impact-Investment braucht es. Denn in Bereichen, in die aus ethischen und nachhaltigen Gründen besonders viel investiert werden sollte, versagt oft der Markt. Sie werden von der Wirtschaft und Investoren aus dem Mainstream oft links liegen gelassen. Auch Regierungen können den gestiegenen Investitionsbedarf in soziale und ökologische Entwicklung nicht immer stemmen. Impact-Investoren versuchen, diese Lücke zu schließen. Und das auf ganz unterschiedliche Weise.
Lesen und partizipieren
Ohne die Serviceleistungen von Walburga Fröhlich aus Graz hätten viele Österreicherinnen und Österreicher Probleme damit, Texte des österreichischen Parlaments, etlicher Bundesministerien und Behörden sowie des ORF, der ÖBB oder der ASFINAG sinnerfassend zu lesen. Fröhlich ist Geschäftsführerin und Mitgründerin von Capito. Das Unternehmen bietet Lösungen für die Implementierung von „Leichter Sprache“ an: „Aus OECD-Studien wissen wir, dass 50 Prozent der Menschen wichtige Informationen von Unternehmen und Behörden nicht verstehen, weil diese zu kompliziert für sie verfasst sind“, sagt Fröhlich.
Seit 2016 kommt für Capitos Serviceleistungen auch Künstliche Intelligenz (KI) für die Vereinfachung der Texte zur Anwendung. Möglich wird das mit der Hilfe von Impact-Investments, die vor allem für die Skalierung nötig waren und sind. So war für den Aufbau von Capitos Franchisesystem im DACH-Raum das Kapital von Impact-Investments extrem wichtig, so Fröhlich. Die Welt zu verbessern allein reicht jedoch nicht: „Unsere Investorinnen und Investoren erwarten gesellschaftlichen Impact und wirtschaftlichen Erfolg“, sagt die Unternehmerin. Die ersten Investor:innen haben ihren Exit bereits gemacht: Mit sozialem als auch mit wirtschaftlichem Gewinn.
Sozial im Süden, klimawirksam in Europa
Impact-Investment wird auf der ganzen Welt betrieben. Seine Ausrichtung ist breit gefächert und kann sich lokal stark unterscheiden. Während im globalen Süden eher auf sozialen Impact gesetzt wird, sieht das in Europa anders aus: „Die meisten Impact-Investments fließen derzeit in ökologische Projekte, wie zum Beispiel in erneuerbare Energien und nachhaltige Landwirtschaft“, sagt Susanne Bregy, Geschäftsführerin der deutschen Bundesinitiative Impact Investing (BIII). Das liegt laut Bregy daran, dass grüne Themen durch das Pariser Klimaabkommen 2015 und die europäische Taxonomie stärker ins Bewusstsein gerückt und oft leichter messbar sind.
Zu Start-ups, die sich zu den Empfängern dieser grünen Investments zählen, gehören etwa Airmo, das mit Satellitenaufnahmen die Emissionen von Industrieanlagen misst, oder Resourcify, das Unternehmen mit SAAS-Lösungen dabei unterstützt, aus ihren Abfällen Geld zu machen. In beide Start-ups investiert der Impact-VC Ananda. 2009 in München gegründet, will Gründer und Impact-Investor Johannes Weber heute mit dem Kapital der Anleger:innen Transformationen vorantreiben, die sonst auf der Strecke bleiben würden. Auch in Webers Fall gilt: Die Liebe zum Menschen, zu Gleichberechtigung und Umweltschutz allein wäre für Weber kein guter Anlageberater.
Geld regiert auch die Impact-Welt
Ananda-Chef Weber will mit seinen Investments zwar den höchstmöglichen Impact erzielen – ohne ordentliche Rendite würden ihm Investor:innen ihr Geld jedoch nicht anvertrauen. „Wir zielen auf eine Verdoppelung bis Verdreifachung des investierten Kapitals ab“, sagt Weber. Eine Verdoppelung müsse angestrebt werden, denn Venture Capital, das auf Deutsch bezeichnenderweise Wagnis- oder Risikokapital heißt, führt regelmäßig zu Totalverlusten in einzelnen Investmentprojekten. Das Portfolio muss also Start-ups beinhalten, die richtige Überflieger werden, um die Rohrkrepierer abzufedern. Anleger:innen können sowohl Banken und wohlhabende Familien sein als auch Unternehmer:innen, die ihr Geld sinnvoll einsetzen wollen.
Den Markt für Impact Investing sieht Weber stark im Wachsen begriffen. Auch „No harm“-Investitionen, also solche, die keinen riesigen positiven Impact bewirken, aber immerhin keinen Schaden anrichten, bezeichnet der Gründer als „gigantischen Markt“. Tatsächlich wachsen die Volumina, die als Impact-Investment bezeichnet werden. Teilnehmer:innen einer Studie der Bundesinitiative Impact Investing aus dem Jahr 2022 weisen 38,9 Euro selbstdeklariertes Volumen an Impact Assets aus. Das liegt zwar deutlich über dem Volumen früherer Studien, so der Bericht der BIII, bloß lässt sich nur knapp ein Drittel als wirkungskompatible beziehungsweise wirkungseffektive Investitionen klassifizieren.
Die BIII ortet Probleme in den Bereichen der Impact-Dokumentation und der Datenverfügbarkeit, der Messung und dem Management von Impact. Allgemeingültige Kriterien für Impact-Investments gibt es (noch) nicht, ein erstes Regelwerk liefert das Global Impact Investing Network (GIIN), doch lange nicht alle halten sich daran.
Wenig Rendite, viel Schummelei?
Wachstum hin oder her – Impact-Investments seien derzeit, gemessen am Gesamtinvestitionsvolumen, in der absoluten Minderheit, unterstreicht Alexandra Bolena, die in Österreich Investor:innen mit Impact-Projekten verknüpft: „Dezidierten Impact-Charakter haben in Österreich sehr, sehr wenige Investments. Bestenfalls im niedrigen einstelligen Prozentbereich, wenn nicht sogar im Promillebereich.“ Warum? Renditen sind oft nicht so hoch wie bei konventionellen Geldanlagen. Nicht jede:r Impact-Investor:in vergibt Wagniskapital an Start-ups, die entweder Mega-Erfolge feiern oder Totalausfälle werden. Es wird genauso in etablierte Unternehmen investiert, die ihren Gewinn nicht innerhalb kürzester Zeit verdoppeln.
Bolena moniert zudem, „dass die EU-Regulatorik das Thema ‚Transition‘ noch viel zu wenig auf dem Radar hat.“ – trotz Green Deal, Lieferkettengesetz und strengen ESG-Auflagen. Anlagevorschriften und auch die nationale Gesetzgebung nehmen laut Bolena zu wenig Rücksicht auf Impact und Transition. Diese Incentives bräuchten Investor:innen, um auch in Projekte zu investieren, die keine gigantischen Renditen liefern. Außerdem hat sich die Praxis des Impact Washings herumgesprochen: Viele Start-ups, Investor:innen oder Fonds schmücken sich wie bereits angemerkt mit dem Wort „Impact“, obwohl sie die Kriterien dafür nicht erfüllen. Und da beißt sich die Katze in den Schwanz, weiß BIII-Geschäftsführerin Susanne Bregy. Denn Impact – allen voran sozialer Impact – ist schwer messbar.
Impact Washing tritt daher laut Bregy „häufig in Bereichen auf, in denen es an klaren Standards und transparenter Berichterstattung mangelt.“ Die Gründe dafür seien vielfältig, so Bregy: „Unternehmen und Investor:innen möchten oft ihre gesellschaftliche Verantwortung betonen und sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, ohne die notwendigen Maßnahmen für echte Wirkungen zu ergreifen. Manchmal fehlt auch schlichtweg das Verständnis für fundierte Wirkungsindikatoren.“ Für die Branche und „echten“ Impact hat das fatale Folgen. Vertrauen und Glaubwürdigkeit werden untergraben. Start-ups und Unternehmen, die aktiv zu einer inklusiveren Gesellschaft oder einer sauberen Umwelt beitragen wollen, wird es erschwert, die nötige Unterstützung zu finden.
Kleiner Nutzerkreis, größte Auswirkung
Je puristischer ein Projekt ausgerichtet ist, je enger also der profitierende Personenkreis, desto spürbarer sind positive Auswirkungen auf Einzelpersonen. Desto weniger Wachstumschancen bedeute das aber oft für die Kapitalgeber:innen. Ananda-Gründer Weber bringt als Beispiel Auticon, eine Unternehmensberatung, in der ausschließlich Menschen aus dem Autismus-Spektrum arbeiten. Wer bei Auticon Arbeit findet, profitiert enorm, der Impact ist riesig.
Aber: Obwohl Auticon einen beeindruckenden Wachstumskurs vorweisen kann, lässt es sich als Consulting-Unternehmen nicht einfach um eine Milliarde Euro verkaufen. Dasselbe gilt für Mikrokredite, damit sich Frauen in Entwicklungsländern selbstständig machen und wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen können – oder für die Unterstützung von Schulprojekten für benachteiligte Kinder: Großer persönlicher Impact, wenig Renditen. Darin, so Weber, liege die Schwierigkeit, wenn man mit viel Geld hantiert – der Impact muss über eine kleine Gruppe von Profiteuren hinausreichen, und der Markt muss groß genug sein.
Daher investiert Ananda heute in technologieorientierte Unternehmen, die hohe Bewertungen einfahren. 200 Millionen Euro werden von Ananda zurzeit verwaltet, rund 400 Millionen Euro wurden seit der Gründung investiert. Wer sich von den Renditen ein Scheibchen abschneiden möchte, muss über ordentlich liquide Mittel verfügen: Bei Ananda ist ein Investment von einer Million Euro die Untergrenze.
Investieren mit Sinn ist weiblich
Geld und Investitionen sind Männersache. Klingt platt und sexistisch, ist aber in der Investorenwelt die Realität. An den Fähigkeiten liegt das freilich nicht, sondern am „Boys Club“: Männer mit Geld bleiben unter sich, Frauen partizipieren weniger. Dass weiblich geführte Start-ups unterdurchschnittlich wenig Funding bekommen, ist mittlerweile bekannt. Eine aktuelle Studie von EY stellt den Gender Funding Gap in alarmierenden Zahlen dar: 37 Prozent der Existenzgründer:innen sind Frauen, sie bekommen aber lediglich zwei Prozent des Gesamtkapitals. Das liegt auch daran, dass Frauen als Investorinnen stark unterrepräsentiert sind: Fast 80 Prozent der europäischen Venture-Capital-Fonds werden von rein männlichen Partnerteams geführt, und 87 Prozent der europäischen sowie 95 Prozent der österreichischen Business Angels sind Männer, zeigt ein Report des Gründungszentrums der Wirtschaftsuniversität Wien. Auf eine weibliche Investorin kommen also bis zu 95 Männer.
Bei Impact-Investments und Impact- Start-ups sind Frauen jedoch die treibende Kraft. Und das nicht nur in der Relation zu anderen Themenbereichen, sondern in absoluten Zahlen. Bei Ananda ist etwa die Mehrzahl der Investor:innen weiblich, sagt Gründer Johannes Weber. Und das hat den doppelten Effekt: Denn auch bei Start-ups führen weibliche Gründerinnen die Impact-Schiene an. Sie profitieren von Frauen am Cap-Table. Vielleicht gilt also immerhin in der Domäne der Impact-Start-ups und Impact- Investments nicht immer: „This is a man’s world“.