StartBusinessSuccess„In großen Stadien, vor vollen Rängen“

„In großen Stadien, vor vollen Rängen“

Nach mehr als 28 Jahren als Leiterin der FC Bayern Frauen verabschiedete sich Karin Danner im Frühjahr 2023 von professionellen Frauenfußball. Im Interview mit Sheconomy Herausgeberin Yvonne Molek spricht sie über die wachsende Bedeutung von Frauenfußball gegenüber Sponsoren – und zieht erfüllt Bilanz

Wenn Sie sich zurückversetzen und sich Ihre ersten Tage im FC Bayern heute noch einmal vor Augen führen könnten – hatten Sie damals eine Vision, wie sich der Frauenfußball entwickeln könnte? Sind Sie heute zufrieden mit dem Stand der Dinge, ernüchtert oder desillusioniert?

Karin Danner: Es war sehr ernüchternd, wie lange es gedauert hat, den Frauenfußball gesellschaftlich zu etablieren. Der Frauenfußball, damals noch als „Damenfußball“ bekannt, wurde in seiner Anfangszeit oft als Belustigung gesehen. Zuerst ging es um die Akzeptanz, dass Frauen überhaupt Fußball spielen durften, dann um die Anerkennung der Leistung und letztendlich um die Wertschätzung für diesen Sport.

Es waren Meilensteine, die in all den Jahrzehnten in die Geschichte eingegangen sind. Umso erfreulicher ist der heutige Stand. Wir haben in gut 50 Jahren beim DFB die gleichen Strukturen wie im Männerfußball geschaffen, es gibt einen Bundesliga-Spielbetrieb, den Pokal-Wettbewerb und die Champions-League-Gruppenphase, die in der letzten Saison eingeführt wurde. Somit bin ich sehr glücklich und zufrieden, wie sich der „Damenfußball“ in den letzten 50 Jahren hin zum Frauenfußball“ entwickelt hat.

Wie sieht der Frauenfußball in zehn Jahren aus? Können Sie sich vorstellen, dass der Frauenfußball eines Tages den gleichen oder ähnlichen Stellenwert haben wird wie der Männer-Fußball?

K.D.: Der Frauenfußball ist längst in der Gesellschaft angekommen und angenommen worden, es geht Schritt für Schritt in die richtige Richtung und Professionalität wird immer öfter großgeschrieben. Frauenfußball wird weiterhin und zukünftig einen noch größeren Stellenwert in der Gesellschaft und in allen Lizenzvereinen einnehmen und in zehn Jahren in großen Stadien und vor vollen Rängen stattfinden.

Was müsste geschehen, um den Frauenfußball für Sponsoren noch populärer zu machen?

K.D.: Wichtig ist die Sichtbarkeit, und da sind wir auf einem guten Weg. Mit der TV-Rechtevergabe für die kommenden vier Jahre kann man die Frauen-Bundesliga national, als auch international live im TV und über viele Medien-Kanäle weltweit verfolgen.

Sichtbarkeit ist für Sponsoren eine Grundvoraussetzung, beide Seiten profitieren davon, die Spielerinnen bekommen mehr Aufmerksamkeit, werden populärer und Sponsoren begleiten und unterstützen diese auf ihrem Weg. Die Anfragen im Sponsoring häufen sich, unser Fußball ist facettenreich und bietet viele Möglichkeiten einer Partnerschaft.

Wie wichtig sind große Turniere wie eine EM oder eine WM für den Frauenfußball?

K.D.: Sehr wichtig! Das hat die großartige EM in England im letzten Jahr gezeigt. Die Frauen-Nationalmannschaft hat mit Leidenschaft und großartigen Leistungen die Herzen der Fans erobert – auch jene, die noch nicht für den Frauenfußball schlugen. Die Einschaltquoten waren gigantisch, die Spielerinnen waren in Interviews und den Fans gegenüber sehr authentisch und nahbar.

Diese Euphorie konnte in die Bundesliga mitgenommen werden und die Zuschauerzahlen sind rapide gestiegen. Es gab einige Highlight-Spiele, die in großen Fußball-Arenen gespielt wurden. Die Zuschauerzahlen haben bestätigt, dass das ein sehr wichtiger Schritt in die richtige Richtung war. Es kamen bis zu 35.000 Zuschauer und Fans, die die Heldinnen von London live in den Spielen der Frauen-Bundesliga sehen wollten.

Sie sitzen am Tisch, wenn mit möglichen Kooperationspartnern, mit Sponsoren oder anderen Werbetreibenden verhandelt wird. Im Vergleich zu den ersten Jahren beim FC Bayern: hat sich die Atmosphäre bei diesen Verhandlungen verschoben?

K.D.: Die Professionalisierung wurde über die Jahre mehr und mehr vorangetrieben, die Erfolge mit drei Meisterschaften und regelmäßigen Teilnahmen in der Champions League haben neue Voraussetzungen geschaffen. In den letzten Jahren haben sich Sponsoren allgemein vermehrt für ein Sponsoring im Frauensport ausgesprochen. Der Frauenfußball entwickelt sich rasant, steht für eine steigende Sichtbarkeit und ist eine starke Marke, die Sponsoren für sich erkannt haben.

Würden Sie sagen, dass Männer die Entwicklung den Frauenfußball über Jahre spürbar „blockiert“ haben? Werden Frauen und Männer im Fußball möglicherweise in Konkurrenz gegeneinander um Marketingetats „buhlen“?

K.D.: Ich muss immer wieder daran denken, dass Frauenfußball bis in die 1970er Jahre sogar verboten war. Viele Pionierinnen haben während dieser Zeit für ihren Sport gekämpft, bis der DFB das Verbot aufgehoben hat. Was waren das für Zeiten – heute unvorstellbar!

All diesen Pionierinnen gebührt mein größter Respekt, ohne diesen Kampf könnten wir heute nicht so über Frauenfußball sprechen. Von vielen Vereinen wurde in den letzten Jahren erkannt, wie wichtig das Thema „Frauen im Sport und im Fußball“ geworden ist und dass darin eine große Chance liegt.

Sie haben eine beeindruckende Karriere hinter sich. Hand aufs Herz: Gibt es im Nachhinein Entscheidungen, die Sie heute anders fällen oder möglicherweise bereuen?

K.D.: Niemand ist perfekt, aber ich stand zu jeder Entscheidung und habe diese im Grunde auch nie bereut. Wichtig war zu Beginn meiner sportlichen Karriere und meiner anschließenden Arbeit im Management beim FC Bayern, dass es um den Frauenfußball ging und nie um einzelne Personen.

Mein Lebensmotto über all die Jahrzehnte: „Bleib dir treu, glaube an deine Stärke.“ Auch wenn man nicht immer alles richtig machen kann, musst du weiter nach vorne schauen und neue Ansätze und Lösungen finden. Ich habe mich für den Frauenfußball beim FC Bayern praktisch ein Leben lang eingesetzt und dafür gekämpft, das Team aus der Bayernliga in die Bundesliga und international in die Champions League geführt.

Nun heißt es Abschied nehmen, es war ein glückliches und erfülltes Arbeitsleben und ich kann mit Stolz auf eine emotionale, großartige und historische Zeit zurückblicken.


Zur Person

Als 18-jährige Fußballerin stieß Karin Danner zum FC Bayern, der damals mit seinem Frauen-Team in der Bayernliga spielte. Unter der Führung der früheren Nationalspielerin erspielten sich die Frauen einen festen Platz in der Bundesliga. Zu den sportlich größten Erfolgen in ihrer zweiten Karriere als Managerin des FC Bayern zählt der mehrfache Gewinn der deutschen Meisterschaft und dem DFB-Pokal. Zum Abschluss ihrer Karriere gewannen die Frauen des FC Bayern im Mai 2023 ihren fünften deutschen Meistertitel.


Unter dem Titel „Wo Frauen kicken, herrschen neue Sitten“ lesen Sie hier und in der aktuellen Print-Ausgabe (erhältlich in unserem Sheconomy-Shop) einen Report über den Wirtschaftsfaktor Frauenfußball. Anlass ist die Frauenfußball WM 2023, die diesmal in Australien stattfindet, am 20. Juli startete und einen Monat lang dauert.

Wo Frauen kicken, herrschen neue Sitten

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