Die Künstlerin Birgit Jürgenssen drückt sich in ihrem Werk »Ich möchte hier raus!« mit weit aufgerissenen Augen gegen eine Glasscheibe, Florentina Pakosta stellt die Ehe als Falle dar, in der einem der Kopf nicht nur verdreht, sondern gleich abgetrennt wird und Karin Mack ruft in ihrer Fotoserie »Bügeltraum« den Tod der Hausfrau aus. In einer großen Gruppenschau der Sammlung Verbund, die noch bis Anfang Juni in Wien gezeigt wird, wird der sogenannten feministischen Avantgarde Raum gegeben. Werke von insgesamt 16 österreichischen Künstlerinnen werden gezeigt, zu denen unter anderem VALIE EXPORT und Renate Bertlmann gehören.

Als reine »Frauenausstellung« soll die Schau jedoch nicht verstanden werden, hebt Gabriele Schor, Leiterin der Firmensammlung Verbund hervor. Es soll nicht einfach nur gezeigt werden, welche weiblichen Künstlerinnen es in Österreich gibt, sondern die Themen, die in ihren Werken kommuniziert werden, stehen im Vordergrund. Die Kategorisierung, die den Werken hier übergestülpt wird, ist zwar für die Kontextualisierung der Arbeiten wichtig, im Grunde aber nachrangig. Das sieht auch die Künstlerin Brigit Jürgenssen so. Im Gespräch mit Felicitas Thun-Hohenstein kurz vor ihrem Tod antwortete sie auf die Frage, ob sie sich selbst als feministische Künstlerin sehe, nur knapp so: »Nicht innerhalb einer Kategorisierung.« Wenig später erklärt sie aber, dass man als Künstlerin entweder als Girl oder als Über-60-Jährige akzeptiert würde, die Zeit dazwischen sei Schwerarbeit. Eines steht jedenfalls fest: Bei den meisten der gezeigten Künstlerinnen dauerte es sehr lange, bis ihre Stimmen gehört und ihre provokanten und poetischen Werke sichtbar gemacht wurden

Seit 16 Jahren widmet sich Schor als Gründungsdirektorin der Sammlung dem Thema feministische Avantgarde der 1970er-Jahre. Was abseits des Mainstreams und als Stöbern in alten Kisten und Kartons begann, wird nun in europäischen Kunsthäusern gezeigt. Schon 2017 stellte das Mumok in einer großen Schau Werke aus der Sammlung aus.