StartRolemodelsGut für die Ohren und das Klima

Gut für die Ohren und das Klima

Birgit van Duyvenbode denkt Lärmschutz neu: Mit ihrem Start-up REEDuce entwickelt die junge Gründerin innovative Lärmschutzwände, die nicht nur Lärm abschirmen, sondern auch mit den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft im Einklang stehen.

Während konventionelle Lärmschutzwände Anwohner:innen schon lange vor Lärm und gesundheitlichen Beeinträchtigungen schützen, verursachen sie bei der Herstellung und Entsorgung erhebliche Umwelt- und Klimaschäden. Diese Problematik erkannte auch Birgit van Duyvenbode und setzt sich seit 2021 mit ihrem Start-Up für eine „Lärmschutz-Wende“ ein. Mit großem Erfolg: Kürzlich wurde REEDuce im Rahmen der #glaubandich Challenge der Ersten Bank sowohl als „Start-Up des Jahres“ als auch als „Female Start-Up des Jahres“ ausgezeichnet. Seit 2022 zählt die Gründerin und CEO zudem zu den Forbes 30 under 30 und gewann im Jahr zuvor mit ihrem Unternehmen den Climate Launchpad-Wettbewerb.

Natürlicher Mehrwert durch heimische Materialien

Der Mehrwert für die Umwelt entsteht vor allem  durch die Verwendung von nachhaltigen Materialien. Schilf, Holz und Lehm sind nicht nur erneuerbare und heimische Rohstoffe, sie produzieren am Ende der Lebensdauer auch keinen Sondermüll. Birgit van Duyvenbodes Wände entsprechen also ganz den Prinzipien einer Kreislaufwirtschaft. Die Verwendung der umweltfreundlichen Alternative sorgt zudem dafür, dass pro Quadratmeter Lärmschutzwand mindestens 60 Kilogramm CO2 eingespart werden können. Van Duyvenbode spricht zudem von ihrer Entwicklung als CO2-Senke. Über die Jahre würden die Wände aus Schilf, Holz und Lehm also weitere Emissionen aus der Umgebung aufnehmen.

Nachhaltiger Lärmschutz auf der S 33

Der Erfolg des grünen Start-ups zeigt sich auch in der jüngsten Zusammenarbeit mit der ASFINAG auf der S33 Kremser Schnellstraße bei Herzogenburg. Im Mai 2023 wurde dort der erste Testabschnitt der Lärmschutzwand von REEDuce errichtet. Obwohl es sich bisher nur um ein Pilotprojekt handelt, lassen die vergangenen Erfolge des Unternehmens auf weitere Kooperationen und Projekte hoffen. Der Prototyp von van Duyvenbodes Entwicklung ist bereits 15 Jahr alt und wurde im Rahmen eines EU-Forschungsprojekts, an dem auch ihr Vater beteiligt war, an der A22 errichtet. Die Erwartungen hat die nachhaltige Lärmschutzwand übertroffen und ist immer noch im Einsatz. Die Tochter entwickelt seit das Produkt nun seit einigen Jahren weiter – unter anderem mit Forschungseinrichtungen der FH Salzburg.

Dass sich viele kritische Stimmen zum Thema Haltbarkeit von Naturmaterialien wie Schilf und Holz an Autobahnen zu Wort melden, weil das aggressive Gemisch aus Wind, Salz und Wasser den Lärmschutzwänden zusetzen würde, lächelt Birgit van Duyvenbode weg. „Wir sehen, dass es funktioniert. Seit 2008 halten die Wände super, sie haben alle unsere Erwartungen übertroffen. Menschen sind immer skeptisch, wenn etwas Neues kommt.“

Impact für die Wirtschaft – und fürs Tier

Die junge Unternehmerin will mehr als nur Produkte aus Schilf vermarkten. Eine Skalierung ihres Projekts hätte auch eine Wiederbelebung der Schilfindustrie im Burgenland zur Folge. Bis in die 70er-Jahre florierte am Neusiedlersee der Handel mit Schilf. Heute wird das Gras kaum mehr verwendet. Ein wenig davon landet auf Schilfdächern. Das meiste Schilf, das in Baumärkten zu bekommen ist, sei aber aus China und weise keine sonderliche hohe Qualität auf, sagt Birgit van Duyvenbode. Eine Wiederauferstehung des Schilf-Business wäre doppelt gut fürs Klima: Erstens, weil Schilf als schnell nachwachsender Rohstoff auch mehr CObinden könnte, wenn das Schilf regelmäßig geschnitten wird und daher jährlich frisch austreibt. Und zweitens als Boost für Biodiversität. Denn Vögel brüten am liebsten in einjährigem Schilf. Steht das Rohrgewächs zu lang, wird es brüchig, die Nester wären somit in Gefahr. Wird es jedoch rechtzeitig geerntet, kann Schilf lange gelagert werden, ohne Qualitätseinbußen aufzuweisen.

Rosiger Ausblick für grüne Technologie?

Die Fördermittel von REEDuce waren bisher eher von geringer Höhe. Van Duyvenbode finanziert viel selbst, zahlt sich aus dem Startup kein Geld aus. Sie will mit Ihrer Entwicklung, auf die sie auch ein Patent hält, auch weiterhin das Sagen haben. In den kommenden fünf Jahren will sie die Lärmschutzwände von REEDuce im DACH-Bereich bekannt machen und vertreiben.

Innovation in den Genen

Innovation liegt van Duyvenbode im Blut. Ihr Vater hatte in Oberösterreich ein Verfahren zu Herstellung von Thermoholz entwickelt, das Holz ohne Einsatz von Chemie auch im Nassbereich haltbar macht, bevor er sich an die ersten nachhaltig gefertigen Lärmschutzwände aus Schilf machte. Die Geschichte von Birgit Duyvenbodes Familie ist auch eine, die von weiblicher Führung geprägt ist. Das Familienunternehmen, in dem über den Lauf der Zeit das vielbeachtete Thermoholz entstehen sollte, wurde von van Duyvenbodes Großmutter aufgebaut – die sich als alleinerziehende 27-Jährige ins Holzbusiness wagte, und dafür anfangs belächelt wurde. Sich Wissen selbst aneignen zu müssen, um mitreden zu können und für voll genommen zu werden, das musste auch Birgit van Duyvenbode lernen. Heute bezeichnet sich die gerade einmal 30-Jährige als Lärmschutzexpertin. Ihre Expertise ist jedoch nicht nur auf ohrenschonende Wände beschränkt. Die Oberösterreicherin hat viel internationale Erfahrung gesammelt und war bereits in Shanghai, Brüssel und Jakarta tätig. Die letzten Jahre führten sie jedoch wieder zurück zu ihren Wurzeln, und jenen ihrer Familie.

https://www.reeduce-noise.com/

 

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