In Österreich sind Frauen und Männer rechtlich gleichgestellt. Dennoch zeigt die Realität weiterhin erhebliche Unterschiede in der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Teilhabe beider Geschlechter. Eine Gruppe von Fachfrauen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Zivilgesellschaft fordert deshalb die gesetzliche Verankerung eines unabhängigen Gleichstellungsrats. Ziel ist es, strukturelle Ungleichheiten zu analysieren und Maßnahmen für mehr Geschlechtergerechtigkeit vorzuschlagen.
Die Forderung: Eine unabhängige Institution für Gleichstellung
Der vorgeschlagene Gleichstellungsrat soll politische Maßnahmen daraufhin überprüfen, wie sie sich auf die Gleichstellung von Frauen und Männern auswirken. Ähnlich wie der Fiskalrat soll die Institution unabhängig arbeiten, um ihre Analysen und Empfehlungen frei von parteipolitischen Interessen zu formulieren. Neben finanzieller und organisatorischer Unabhängigkeit sollen die Mitglieder des Rats weisungsfrei agieren können. „Mangelnde Gleichstellung beeinträchtigt nicht nur die wirtschaftliche, politische und soziale Teilhabe von Frauen, sondern auch das ökonomische Potential Österreichs“, betont Christine Mayrhuber, eine der Initiatorinnen des Vorschlags.
Aufgaben des Gleichstellungsrats
Zu den zentralen Aufgaben eines solchen Gleichstellungsrats zählen die Analyse von Gender Gaps, also der Untersuchung von Ungleichheiten bei bezahlter und unbezahlter Arbeit, Einkommen und Vermögen sowie Entscheidungspositionen. Außerdem sollen politische Maßnahmen daraufhin bewertet werden, wie sie sich auf die Lebenssituation von Frauen und Männern auswirken. Auf Basis dieser Analysen sollen konkrete Empfehlungen für geschlechtergerechte Politik entwickelt werden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Sensibilisierung von Regierung, Parlament und Öffentlichkeit für die Bedeutung geschlechtergerechter Politik.
Fünf Schwerpunktbereiche
Der Gleichstellungsrat soll sich auf folgende Themenfelder konzentrieren: Erstens sollen Unterschiede in Arbeitszeiten, Beschäftigungsformen und beruflichen Hierarchien untersucht werden, die zu einem Gender Pay Gap führen und durch strukturelle Maßnahmen adressiert werden müssen. Zweitens ist die unbezahlte Arbeit – darunter Hausarbeit, Pflege und Kinderbetreuung – ein Schwerpunkt. Diese Tätigkeiten, die überwiegend von Frauen ausgeführt werden, bleiben oft unentgeltlich und finden wenig gesellschaftliche Anerkennung.
Drittens wird die ungleiche Vermögensverteilung analysiert, da Frauen deutlich weniger Vermögen besitzen als Männer, was ihre wirtschaftliche Sicherheit langfristig einschränkt. Viertens liegt ein Fokus auf der ungleichen Bewertung von Tätigkeiten in verschiedenen Branchen, die bestehende Einkommensunterschiede weiter verstärkt. Schließlich soll auch die Ausgestaltung von Transferleistungen und Sachleistungen überprüft werden, da sie oft nicht ausreichend zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit von Frauen beitragen.
Hintergrund der Initiative
Der Vorschlag eines Gleichstellungsrats wird von der Initiative Gleichstellungsboard unter der Leitung des ABZ*Circle getragen, einer Plattform für Frauen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und anderen Bereichen. Unterstützt wird die Forderung von einer breiten Allianz aus Organisationen und Netzwerken. Der Gleichstellungsrat soll dazu beitragen, strukturelle Ungleichheiten offenzulegen und konkrete Ansätze zu deren Überwindung zu entwickeln.
Ein Schritt in Richtung Geschlechtergerechtigkeit
Die Expertinnen betonen, dass der Gleichstellungsrat ein notwendiges Instrument sei, um bestehende Machtverhältnisse und Ungleichheiten zu analysieren und die Grundlage für politische Entscheidungen zu schaffen. Durch regelmäßige und fundierte Berichte könnte die Politik auf Basis von Daten und Fakten handeln, um Geschlechtergerechtigkeit in Österreich voranzutreiben.
„Die neue Regierung hat die Chance, einen historischen Schritt in Richtung Gleichstellung zu gehen“, betont Initiatorin Manuela Vollmann, und damit eine Vorreiterrolle in Europa einnehmen, um einen nachhaltigen Beitrag zur Geschlechtergerechtigkeit zu leisten. Ob diese Initiative umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Die Diskussion um die Notwendigkeit struktureller Veränderungen ist jedoch eröffnet.