StartBusinessEin Schritt nach vorne und zwei zurück

Ein Schritt nach vorne und zwei zurück

Rund ein Drittel der leitenden Positionen in mittelständischen Unternehmen weltweit sind derzeit von Frauen besetzt. Die aktuelle Wachstumsrate ist jedoch so gering, dass Geschlechterparität in weite Ferne rückt. Wir beleuchten globale Entwicklungen und den Status quo in Österreich.

Zwar ist der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Mittelstand weltweit in den letzten zwei Jahrzehnten von 19,4 Prozent auf 33,5 Prozent angestiegen, der aktuelle Wachstum von nur 1,1 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr ist jedoch ernüchternd. Die Zahlen stammen aus dem aktuellen Grant Thornton Women in Business Report, der seit 20 Jahren die globale Entwicklung von Frauen in Führungspositionen in mittelständischen Unternehmen untersucht. Bei der derzeitigen Steigungsrate wird eine Geschlechterparität im Senior Management frühestens im Jahr 2053 prognostiziert – vorausgesetzt es tritt keine weitere Verlangsamung ein.

Rückschläge und Lichtblicke

Ein noch größerer Rückschlag zeigt sich bei den Geschäftsführerinnen von KMUs: Der Anteil ist von 28 Prozent im Jahr 2023 auf alarmierende 19 Prozent gesunken. Wesentliche Gründe für das Ausscheiden weiblicher CEOs seien öffentlicher Druck, Betreuungsaufgaben und das Gefühl, sich in diesen Rollen wie Männer verhalten zu müssen. Positive Entwicklung sind hingegen bei der Personalleitung zu verzeichnen: 46 Prozent der KMUs haben eine weibliche Personalverantwortliche. Zuwächse gibt es auch bei Frauen in CFO Positionen mit einem Anteil von 39 Prozent sowie in der Vertriebsleitung mit 26 Prozent Frauenanteil.

Frauen an der Spitze börsennotierter Unternehmen

Blickt man auf den Status quo in Europas größten börsennotierten Unternehmen, beträgt der Frauenanteil laut European Institute for Gender Equality in den Vorständen 22 Prozent. In den 20 operativen Führungsgremien des österreichischen ATX liegt man mit zwölf Prozent sogar weit darunter, wie der aktuelle Frauen Management Report der Arbeiterkammer zeigt. Und: Von den größten 50 Unternehmen an der Wiener Börse haben 26 rein männliche Vorstände. Besorgniserregend ist zudem der Frauenanteil in Geschäftsführer-Positionen: In den 200 umsatzstärksten Unternehmen Österreichs waren Anfang Jänner 531 Männer von 605 an der Spitze.

Die Quote wirkt

Dass eine gesetzlich eingeführte Quote wirkt, zeigt der Frauenanteil in den Aufsichtsräten großer und börsennotierter Unternehmen in Österreich: dieser hat sich seit der Einführung 2018 von 22,4 auf 36,5 Prozent erhöht. Einen Einfluss auf den operativen Bereich hat die Quotenvorschrift für Aufsichtsräte aber offenbar nicht, auch, weil immer noch zu wenige Frauen in Ausschüssen vertreten sind respektive diese nicht leiten.

Die verpflichtende Quote zeigt also Wirkung, weshalb etwa die Arbeiterkammer eine gesetzliche Regelung für den Vorstand fordert. „Wir wissen sehr wohl, was wirkt. Warum werden diese Maßnahmen nicht verstärkt umgesetzt und ausgeweitet, zum Beispiel auf den Vorstand oder die Geschäftsführung, nach deutschem und französischem Vorbild?“, fragen auch WoMentor-Gründerin Désirée Jonek-Lustyk und WU-Lektor Christian Berger in ihrem sheconomy Gastbeitrag.

KMUs von EU-Quotenregelung ausgenommen

Eine neue EU-Richtlinie sieht eine EU-weite Geschlechterquote vor. Bis zum 30. Juni 2026 soll ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis von mindestens 40 Prozent Aufsichtsräte oder 33 Prozent Aufsichtsräte und Vorstand zusammen erreicht werden. Diese Regelung trifft vor allem Kapitalgesellschaften, KMUs sind davon ausgenommen. Dass es aber auch dort dringenden Handlungsbedarf gibt, zeigt der zuvor erwähnte Grant Thornton Bericht. Dieser liefert drei Empfehlungen für Unternehmen, um den Frauenanteil im Senior Management zu steigern:

  1. Verantwortung: Die Verankerung der Verantwortung für DE&I durch Führungskräfte wirke positiv. Besonders effektiv sei die Zusammenarbeit zwischen CEOs und weiblichen Führungskräften, was zu einem Anstieg des Frauenanteils in Führungspositionen auf 38 Prozent führe. Noch besser sei das Ergebnis, wenn ein CIO gemeinsam mit einer weiblichen Führungskraft zuständig ist.
  2. Strategie: Unternehmen sollten eine klare DEI-Strategie verfolgen, um konkrete Ziele zur Erhöhung des Frauenanteils im Senior Management zu erreichen. Im Optimalfall enthalte diese die regelmäßige Messung von DEI-Zielen.
  3. Flexibilität: Die Einführung flexibler Arbeitsregelungen zeige sich als wirksamer Hebel zur Steigerung des Frauenanteils in Führungspositionen. Unternehmen, die flexible Arbeitsgestaltung ermöglichen, weisen einen höheren Anteil von Frauen in leitenden Positionen auf.

Darüber hinaus gibt es weitere Handlungsfelder für mehr Frauen an der Spitze. Dazu gehören etwa freiwillige interne Frauenquoten, gezieltes Recruiting, Frauennetzwerke oder ein Wandel in der Unternehmenskultur. Für Simone Hudelist, Diversitätsexpertin der Arbeiterkammer, brauche es neben einer expliziten Quote die Möglichkeit einer haftungsfreien Mandatspause für Karenzen sowie an Diversitätsziele gekoppelte Bonuszahlungen für das Management.

Fotomaterial(c) Canva

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