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„Echte Motivation kommt von innen“ – Nadine Rass über mentale Stärke, Rückschläge und neue Wege

In dieser Ausgabe von „Hätte ich das bloß früher gewusst“ spricht Nadine Rass darüber, wie sie vom Profisport ins Business wechselte, warum echte Performance mit Regeneration beginnt – und wieso Intuition oft der Gamechanger ist.

In unserer Serie „Hätte ich das bloß früher gewusst“ verraten uns Gründerinnen, Unternehmerinnen und Top-Managerinnen, welche Erkenntnisse den Unterschied gemacht hätten – jene Lektionen, die sie erst im Laufe ihrer Karriere gelernt haben, aber schon zu Beginn gebraucht hätten.

Nadine Rass kennt Höchstleistung – und weiß, was sie kostet. Als Profisportlerin reiste sie schon als Kind um die halbe Welt, wurde später Trainerin auf Weltklasseniveau und wechselte schließlich ins Business. Heute coacht sie Führungskräfte und Unternehmen im Stressmanagement – mit Methoden, die aus dem Spitzensport stammen, aber für jeden Menschen im Alltag funktionieren.

Sie ist Gründerin der Respire Academy, Mutter von drei Kindern und Unternehmerin mit einem Team von 15 Mitarbeitenden. Gemeinsam mit ihrem Mann Christoph Rass entwickelt sie digitale Tools für mentale Gesundheit – bekannt wurde sie unter anderem durch ihren Auftritt bei „2 Minuten 2 Millionen“ (Puls4, März 2025). Ihr erstes Buch „Mindmonkeys – Der Affenzirkus in deinem Kopf“ erscheint im Herbst 2025.

Wir haben mit ihr über Wendepunkte, Bauchgefühl und den Mut gesprochen, alte Pfade zu verlassen – auch wenn’s unbequem wird.

Hätte ich das bloß früher gewusst – Nadine Rass

Gab es einen Moment, in dem Sie dachten, „hätte ich das doch nur früher gewusst“?

Ja – die ernüchternde Erkenntnis, wie viele Entscheidungen rein aus finanziellen Motiven getroffen werden. Oft ging es nicht um moralische Werte, besondere Menschen oder eine gemeinsame Vision, sondern schlicht ums Geld. Ich war manchmal naiv, habe Projekte unterstützt, ohne die Kostenstruktur oder die Absichten der Beteiligten zu hinterfragen. Unternehmerisch bin ich mehrfach in Vorleistung gegangen, habe Goodies verschenkt – aus dem Wunsch heraus, anderen eine Freude zu machen.

Ich habe versucht, selbst die Stursten zu motivieren, an das Gute geglaubt – doch heute weiß ich: Bemühe dich, aber reiß dir für die Falschen kein Bein aus. Echte Motivation kommt von innen.

Schon als Athletin war ich der disziplinierte „wollmilchsaugende Goldesel“ – neben Bewunderern gab es auch Mitläufer, die profitierten, aber wenig beitrugen. Plötzlich hast du viele neue Freund:innen, die Großes versprechen, solange die Sonne scheint – doch oft geht es nur darum, dein Know-how abzugreifen, ohne selbst Einsatz zu zeigen. Das faire Prinzip von Geben und Nehmen mit gleichen Werten gilt zwar im Sport, aber als junge Unternehmerin musste ich erst lernen, zwischen Blendern und echten Partner:innen zu unterscheiden.

Erfolg ist leise, langsam und voller Demut – wie im Profigolf: Kaum glaubst du, es geschafft zu haben, fängst du wieder von vorn an.

„Entscheidend ist ein gemeinsamer Wertekatalog.“

Welche falschen Annahmen über Ihre Branche oder Karriere mussten Sie erst durch Erfahrungen widerlegen?

Während meiner aktiven Sport- und Trainerzeit waren Frauen in der Minderheit. Schon in meiner Kindheit war ich vor allem von männlichen Vorbildern, Trainern und Mitspielern umgeben. Im Sport gibt es wenig Raum für Interpretationen – man lernt früh, mit Niederlagen umzugehen, wieder aufzustehen und weiterzumachen.

Diese Klarheit, die ich aus dem Sport kannte, prägte mein Bild – und führte zu einer verzerrten Wahrnehmung gegenüber Frauen, die ich oft als stärker von persönlichen Befindlichkeiten geprägt empfand. Später, im beruflichen Kontext, besonders in der Managementebene, begegnete mir dann ein vertrautes Muster: ein sachorientiertes, vorausschauendes Handeln, das weniger geschlechtsabhängig ist, sondern von Professionalität und Leistung geprägt.

Heute ist der „Draht zueinander“ für mich geschlechtsneutral. Entscheidend ist ein gemeinsamer Wertekatalog – ich spreche vom Kodex der König:innen: jede:r für sich stark, aber gemeinsam Seite an Seite nach vorn.

Wenn Sie an den Beginn Ihrer Karriere zurückdenken, welchen Rat hätten Sie Ihrem jüngeren Ich gegeben?

Suche gezielt nach Menschen mit ähnlichen Werten – nach diesen „Wertekönig:innen“. Spüre, wer dir wirklich gut tut. Du musst nicht alles allein schaffen. Manchmal hilft es, abzuwarten und darauf zu vertrauen, dass das Leben dir zur richtigen Zeit das Richtige vor die Füße legt.

Lerne, Hilfe anzunehmen, frage um Rat, und stell dein Ego hintan. Geh mit Demut, aber ohne Selbstzweifel durch die Welt – durch die reale Welt, nicht im digitalen Beobachtermodus mit geschönten Bildern und oberflächlichen Kontakten.

Die meisten Konflikte entstehen zwischen Menschen. Hör in den ersten Minuten auf dein Bauchgefühl – wenn dir jemand von Anfang an nicht ganz geheuer ist, hat das meist seinen Grund. Unter Druck zeigt sich ohnehin das wahre Verhalten – und dann wird klar, ob es wirklich passt.

Je mehr Menschen zusammenarbeiten, desto herausfordernder wird Harmonie. Unterschiedliche Motive oder Tempi bringen schnell Unruhe – und ehe du dich versiehst, tobt der innere Zirkus: Gedanken rasen, die inneren Affen werfen mit Bananen.

Welche Fehler oder Rückschläge waren rückblickend entscheidend für Ihren Erfolg – und warum?

Ich bin im Golfsport groß geworden, war schon als Kind international unterwegs und habe später als Athletin und Trainerin viele Ausbildungen und Erfahrungen gesammelt. Doch mein Wunsch, Familie und Beruf auf hohem Leistungsniveau zu vereinen, ließ sich mit der intensiven Reisetätigkeit nicht vereinbaren. Ich musste eine Entscheidung treffen – und habe mich für die Zeit mit der Familie entschieden.

Der Übergang war jedoch herausfordernd: Vom Weltklasseniveau plötzlich mit Anfängern und Freizeitgolfer:innen zu arbeiten, erfüllte mich nicht. Dann kam die Chance, mit Top Performern aus einem anderen Bereich – dem Management – zusammenzuarbeiten. In diesem neuen Rahmen, in Unternehmen, habe ich eine tiefe Sinnhaftigkeit und große persönliche Wertschätzung erfahren.

Auch die Entwicklung unserer Respire Academy brachte wichtige Erfahrungen. Wir haben uns bewusst gegen eine Finanzierung durch Banken entschieden – und damit auch gegen die üblichen Sicherheiten. Stattdessen haben wir jeden Ertrag ins Unternehmen reinvestiert, unser Privathaus nicht belastet und alternative Wege gefunden, um unabhängig vom klassischen Bankensystem zu agieren.

Gerade im Dienstleistungsbereich mit internationalen Projekten stößt man bei traditionellen Banken oft auf Skepsis. Wir waren gezwungen, kreativ zu werden – und haben es trotz Höhen und Tiefen geschafft, weiterzukommen. Diese Rückschläge waren letztlich Weichensteller für nachhaltigen Erfolg und echte unternehmerische Freiheit.

Gibt es einen Gamechanging Moment in Ihrem Leben? 

Ja, definitiv. Nachdem wir bei mehreren internationalen Unternehmen mit Entscheidungsträger:innen gesprochen hatten, wurde uns klar: Nicht alle entscheiden im Sinne ihrer Mitarbeitenden. Oft ging es mehr um die Absicherung der eigenen Position als um echte Fürsorge oder Prävention. Trotz hervorragendem Feedback von zahlreichen Coachees und nachweislich erfolgreicher Arbeit mit Respire wurden wir mehrfach abgelehnt – nicht aus Budgetgründen, sondern weil Stressmanagement schlichtweg nicht in das persönliche Kalkül der Verantwortlichen passte.

Was der Ausfall von Fachkräften durch Burnout kostet, schien plötzlich keine Rolle mehr zu spielen. Dieser Frustmoment war für uns der Wendepunkt. Ab 2025 richten wir uns mit unserem digitalen Stressmanagement-Programm erstmals direkt an den Endkunden – als App. Nach dem Motto: Wenn dein Arbeitgeber nicht investiert, dann nimm deine Stressfitness selbst in die Hand.

Nach fast zehn Jahren B2B-Fokus ist dieser Schritt in den B2C-Markt ein Neuanfang – aber einer, der sich richtig anfühlt. Auch wenn wir uns nun erst eine neue Bekanntheit beim Endkunden aufbauen müssen, glauben wir an die Kraft unserer Lösung – und die sozialen Medien geben uns die Bühne dafür, europaweit sichtbar zu werden.


Ihr wollt mehr über Stressmanagement aus dem Profisport erfahren?

Dann seid bei der Career Session mit Nadine Rass am 14. April dabei und erlebt live, wie Stressmanagement aus dem Spitzensport euch helfen kann, im Job fokussiert, leistungsfähig und gleichzeitig in Balance zu bleiben. Egal ob Führungskraft, Unternehmer:in oder ambitioniertes Talent – diese Session liefert euch praxisnahe Impulse, neue Denkansätze und sofort umsetzbare Tools für mehr mentale Stärke im Alltag. Jetzt kostenlos anmelden!

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