Die neue Albright Studie bringt es mal wieder auf den Punkt: In deutschen Vorstandsetagen sind Männer mit dem Vornamen Christian häufiger vertreten als Frauen insgesamt. Dieses Faktum klingt wie ein abgeschmackter Witz aus einer längst vergangenen Zeit – ist aber bittere Realität. Warum aber bleiben die Türen zu den Führungsetagen für Frauen immer noch halb verschlossen? Was braucht es, um das endlich zu ändern?
Haha, sehr witzig, werden Sie vielleicht süffisant anmerken – als ob wir diese Fragen nicht schon tausendmal, und das seit Jahrzehnten, gestellt hätten. Klar, haben wir. Und wir kennen alle Antworten dazu, nur vermögen sie offenbar wenig an der Situation zu ändern. Dazu fällt mir eine Geschichte ein, die unlängst in meinem Umfeld kursierte.
Eine Frau und ein Mann gründen ein Start-up; sie ist für die Konzipierung und Herstellung des Produkts zuständig, die Koordinierung der Mitarbeiter:innen, Kommunikation nach außen. Er hingegen kümmert sich ums Geld – interne Kosten, Kundenbeziehungen und die Erweiterung der Geschäftsfelder. Das geht einige Jahre gut, bis die Gründerin bemerkt, dass sich ihr Partner ein Vielfaches von ihrem Honorar ausbezahlt. Als sie ihn damit konfrontiert, bekommt sie Antworten wie: „Der, der das Geld bringt, verdient nun mal mehr“. Und jetzt das Interessante: Würde er zu Equal Pay, Chancengleichheit und Male Allyship befragt, wäre er ein glühender Befürworter, der sich gar keine andere Realität mehr vorstellen wollte und könnte.
Zurück zur Großwetterlage – wie kommt es zu diesem Mind-Gap? In dem Moment, in dem Männer paritätische Glaubensbekenntnisse abgeben, sind sie fast immer davon überzeugt, dass sie diese auch leben würden. Manche tun es tatsächlich, aber es sind eher die Ausnahmen, sonst wären die Zahlen andere. Gleichzeitig tragen Männer die tiefe Überzeugung in sich, dass sie als Geld- zugleich die Segensbringer sind und daher alle Rechte bei ihnen liegen. Eine Frau, die von ihrer Sozialisierung her wahrscheinlich teamorientierter und gesamtheitlicher denkt, gilt in solchen Runden oft als Störfaktor.
Während sich Muster Nummer eins über Generationen hindurch ungehindert einspielen durfte, muss das andere, das neue noch erlernt werden. Anstrengend – jetzt, wo die Zeiten ohnedies schwierig sind. Besser man verzichtet also gleich auf Frauen in der Führung oder schwächt sie, indem man sie in irgendeiner Form herabstuft. Klar, ist man trotzdem für Diversität, aber hallo. Nur bitte nicht heute, nicht bei uns.
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Abschließend einige Ergebnisse des Berichts der Albright-Stiftung: Die Vorstandsposten der 160 börsennotierten Unternehmen Deutschlands sind mit 559 Männern und 137 Frauen besetzt. Ein einziger der 40 großen DAX-Konzerne wird von einer Frau geführt: Belen Garijo, CEO bei Merck. Bei den Vorsitzen in Aufsichtsräten sieht es nicht besser aus: 95,6 % sind männlich belegt. Lediglich bei den Aufsichtsratsposten haben die Frauen aufgeholt und sind mit 37 % Prozent vertreten. Die österreichischen Zahlen sind ähnlich desaströs. Angeführt wird das Ranking übrigens von Großbritannien mit einem Vorständinnen-Anteil von 32,1 % in mehr als der Hälfte der Unternehmen. Nicht nur was den Humor betrifft, lässt sich von den Briten viel lernen.