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Wenn Werte wirken: Warum feministische Außenpolitik jetzt zählt

In Deutschland wurde sie von Annalena Baerbock geprägt, in Österreich greift die neue Außenministerin Beate Meinl-Reisinger sie auf, und selbst der neue Papst spricht überraschend feministische Prinzipien an: Außenpolitik lässt sich neu denken – mit Werten, Weitblick und einer klaren Absage an Machtmuskelspiele.

Es ist ja nicht so, dass wir in den letzten Jahren zu selten von feministischer Außenpolitik gehört oder gelesen hätten – aber was meint dieser Begriff wirklich? Kristina Lunz, Mitgründerin des Centre for Feminist Foreign Policy, bringt es auf den Punkt: „Feministische Außenpolitik kann auch von Männern gemacht werden – es geht darum, feministische Werte wie Gerechtigkeit, Gleichstellung und Frieden in den Mittelpunkt zu stellen.“

Es geht nicht um Identitätspolitik oder symbolische Gesten, sondern um eine tiefgreifende Neuausrichtung außenpolitischer Strategien. Weg von der reinen Machtpolitik, hin zu einem Politikverständnis, das menschliche Sicherheit, multilaterale Zusammenarbeit und strukturelle Gerechtigkeit ins Zentrum rückt.

In Deutschland hat Annalena Baerbock diesen Kurs 2021 eingeschlagen. Ihre feministische Außenpolitik stieß international auf Interesse – und auch auf Widerstand. Baerbock setzte auf Transparenz, Prävention und zivile Konfliktlösung. Sie stärkte Menschenrechte, vor allem die Rechte von Frauen und marginalisierten Gruppen und forderte ein Umdenken in der internationalen Diplomatie.

Dass dieser Ansatz kein „deutsches Projekt“ bleiben soll, zeigt der Blick nach Österreich: Die neue Außenministerin Beate Meinl-Reisinger kündigte an, diese Prinzipien ebenfalls zu verankern. Sie spricht von einer „wertegeleiteten Außenpolitik“, die weibliche Stimmen stärker einbezieht und langfristige Stabilität über kurzfristige Machtinteressen stellt. Erst kürzlich betonte sie: „Es muss uns klar sein, dass wir die globalen Herausforderungen nur gemeinsam bewältigen können – mit starken, entschlossenen Frauen an der Spitze.“

Feministische Außenpolitik fordert Machthinterfragung und -kritik statt Machtspiel – und stellt damit einen bewussten Gegenentwurf zur aktuellen Weltordnung dar, in der autoritäre „starke“ Männer wieder auf dem Vormarsch sind. Von Moskau bis Teheran, von Washington bis Peking: Die Bühne der Weltpolitik ist geprägt von männlicher Machtrhetorik und patriarchalen Gewaltstrukturen. Dagegen setzt der feministische Ansatz auf Kooperation statt Konfrontation, auf Fürsorge statt Furcht.

Spannend ist, wer sich alles als Verbündete*r dieser Idee entpuppt. Seit wenigen Tagen etwa auch der neue Papst – obwohl Amt und Rolle bislang selten mit dem Begriff „feministisch“ in Verbindung zu bringen waren. Doch in seinen jüngsten Aussagen zur Weltlage vertritt Robert Francis Prevost, Papst Leo XIV., zentrale Prinzipien einer wertegeleiteten Außenpolitik. Mit seinem Engagement für Gerechtigkeit, seiner klaren Haltung zum Klimaschutz und seiner Kritik an neoliberaler Ausbeutung steht er näher an einem feministischen Weltbild, als vielen bewusst ist.

Feministische Außenpolitik ist kein Nischenthema. Sie ist ein realistischer, notwendiger und zukunftsweisender Kurs – gerade in einer Welt, die dringend neue Antworten braucht.

Fotomaterial(c) European Union

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