Seit dem Start von ChatGPT Ende November 2022 kommt der Chatbot nicht mehr aus den Schlagzeilen. Entwickelt wurde das Programm von der kalifornischen Stiftung OpenAI Foundation. Die vielfältigen Eigenschaften von ChatGPT sind dabei sichtlich gefragt: So kann das Programm etwa durch die Eingabe weniger Worte ganze Texte erstellen oder Aufgaben lösen. Anhand der KI werden dazu Daten aus dem Internet kombiniert, um Antworten zu formulieren. Dies scheint auch zu gelingen. Mitte März bestand ChatGPT zum Beispiel große Teile der Zentralmatura in Österreich. In den USA legte der Chatbot im Mai eine Prüfung der Radiological Society of North America ab.
„Mit dem Start des Chatbots ChatGPT wurde die KI einer breiten Masse zugänglich gemacht.“
Sandra Straka, Executive Director, Goldman Sachs
Dabei ist die Anwendung der KI nichts Neues – und beschränkt sich längst nicht auf das Generieren von Texten. „Mit dem Start von ChatGPT wurde die KI jedoch einer breiten Masse zugänglich gemacht“, konstatiert Sandra Straka, Executive Director bei Goldman Sachs. Doch wie lässt sich die KI grundsätzlich definieren? Sheconomy wollte es genauer wissen und fragte bei Kathrin Kefer nach. Sie ist „Business Unit Solar Energy – Teamlead Data Science“ beim oberösterreichischen Technologiekonzern Fronius International. Und Mitglied bei Women in AI Austria – Teil von Women in AI Global, wobei AI für den englischen Begriff Artificial Intelligence steht. Der gemeinnützige Verein möchte die Geschlechterlücke in der KI-Welt schließen und das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Geschlechtervielfalt in der KI erhöhen.
Kefer meint, die KI sei grundsätzlich eine Kombination aus mathematischen Modellen und hoher Rechenleistung, um große Datenmengen beherrschbar zu machen und Wert im Sinne neuer Informationen daraus zu generieren. Überhaupt werde mithilfe der KI versucht, Maschinen beizubringen, menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen und Planen zu imitieren. „Eine allgemeingültige Definition gibt es nicht. Im Zuge der Erstellung des Artificial Intelligence Act der EU wird aber versucht, eine EU-weite einheitliche Definition zu erstellen.“Mit dem Gesetz, das vom Europäischen Parlament am 14. Juni abgesegnet wurde, soll zudem der verantwortungsvolle Umgang mit der KI in der EU sicher- gestellt werden.
„Mithilfe der KI wird versucht, Maschinen beizubringen, menschliche Fähigkeiten zu imitieren.“
Kathrin Kefer, Teamlead Data Science, Fronius International
Schließlich wirke sich die KI auf nahezu jeden Aspekt menschlicher Aktivitäten aus, fügt Amundi- Expertin Aysun Cifci hinzu. Sie verweist auf zahlreiche Beispiele, so etwa auf den Einsatz in der Landwirtschaft und dem Einzelhandel, aber auch in der Weltraumforschung sowie der Wissenschaft und dem Gesundheitswesen. So kann die KI große Mengen an Gesundheitsdaten auswerten und daraus eine präzise Krankheitsdiagnose erstellen.
Nahrungsmittel im Fokus
Immer öfter rückt aber auch das Thema Nahrung und Lebensmittelverschwendung in den Fokus. Und so fördert derzeit das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Deutschland 36 KI-Verbundprojekte mit einem Fördervolumen von 44 Millionen Euro. Ein Projektbeispiel ist der „Hack- roboter2“. Anhand dessen sollen beim Einsatz einer Hacke fast alle Unkräuter vom Feld entfernt werden. Die bisherigen kameragesteuerten Systeme können zwar zwischen Unkraut und Nutzpflanze unterscheiden, jedoch nur auf Basis einfacher Merkmale wie der Position der Pflanze. Die KI kann nunmehr jede Pflanze – so auch Unkraut – erkennen und die Hacke optimiert steuern.
In Österreich gibt es ebenso reichliche Neuheiten. Brantner Digital Solutions GmbH, das 2021 als Tochter des Abfallentsorgers Brantner Environment Group gegründet wurde, entwickelte den Scanner „Hawkeye“. Er erkennt Störabfälle bei der Müllentsorgung, wenn sie in der falschen Farbtonne landen. Circly aus Niederösterreich kämpft seit 2021 gegen Lebensmittelverschwendung im Einzelhandel. Dazu wertet dessen KI etwa Absatzdaten und Marketingaktionen der Lebensmittelhändler aus. Selbst Wetterdaten werden analysiert. Schließlich beeinflusst die Witterung das Kaufverhalten ebenso.
„Die KI kann als langfristiges Wachstumsthema angesehen werden und sollte Konjunkturzyklen überdauern.“
Frederike Bauer, Produktspezialistin, DWS Xtrackers
Auch börsennotierte Unternehmen mischen im Bereich der KI längst mit, ein Umstand, der Anlegerinnen langfristig Chancen eröffnet. Weil eine Vielzahl solcher Firmen im Technologiesektor angesiedelt ist, konnten sie sich den jüngsten Kursschwankungen in der Branche nicht entziehen. „Die KI kann jedoch als ein langfristiges Wachstumsthema angesehen werden. Sie sollte Konjunkturzyklen überdauern und zum nachhaltigen Erfolg der Unternehmen beitragen, die für die Weiterentwicklung der KI relevant sind“, betont Frederike Bauer, Produktspezialistin bei DWS Xtrackers.
Doch worin liegt der Schwerpunkt im Xtrackers Artificial Intelligence & Big Data UCITS ETF (IE00BGV5VN51) – einem börsengehandelten Indexfonds? 2019 wurden sieben Segmente identifiziert, die für die KI-Entwicklung maßgeblich sein sollten, wie es heißt. Dazu zählen etwa die Bild- und Spracherkennung, Big Data sowie die Cybersicherheit und Cloud Computing. Somit sei der Fokus des zugrundeliegenden Indexes verstärkt auf „KI-Produzenten“ und weniger auf „KI-Nutzer“, erklärt Bauer. „Insgesamt sind die für die KI-Welt relevantesten Unternehmen vor allem in zwei Bereichen angesiedelt: IT und Kommunikationsdienstleistungen, aus denen sich auch der zugrundeliegende Index zum Großteil zusammensetzt.“
Chiphersteller sind gefragt
Regional gibt es ebenso klare Aufteilungen: Rund 84 Prozent entfallen auf die USA, gefolgt von Südkorea und Irland. Die größte Einzelposition entfällt auf Nvidia. Der US-Hersteller von Grafikkarten und Hochleistungschips profitiert derzeit kräftig vom KI-Boom, da solche Produkte für die Verarbeitung großer Datenmengen benötigt werden. Auch Microsoft – ebenfalls Teil des Indexes – taucht zunehmend in die KI-Welt ein. So beteiligte sich der Konzern 2019 mit rund einer Milliarde US-Dollar an OpenAI. Anfang 2023 wurde bekannt, dass sich Microsoft über die nächsten Jahre mit weiteren zehn Milliarden Dollar beteiligen wird. Google-Muttergesellschaft Alphabet ist ebenfalls im Index enthalten. Zuletzt startete Google mit einer ChatGPT-Konkurrenz namens Bard.
Der WisdomTree Artificial Intelligence UCITS ETF (IE00BDVPNG13) bildet den NASDAQ CTA Artificial Intelligence Index ab. Darin sind die USA mit gut 62 Prozent gewichtet, gefolgt von Taiwan und Israel. Größte Einzelpositionen entfällt auf C3.Ai, das sich auf KI-Software spezialisiert hat. Illumina, das im Bereich der Genforschung tätig ist, möchte anhand seiner KI-Software Mutationen bei Patienten mit seltenen Krankheiten aufspüren. Die israelische Mobileye entwickelt wiederum Fahrerassistenzsysteme.
Die USA als KI-Hub
Anlegerinnen können auch Chancen mit einem Zertifikat nutzen. Bei solchen Produkten handelt es sich um Bankschuldverschreibungen, sie bilden die Wertentwicklung eines Indexes ab. Das „Künstliche Intelligenz Indexzertifikat“ von Alphabeta Access Products (DE000DA0ABV8) setzt zur Gänze auf Aktien aus den USA, so etwa auf Exscientia. Das Unternehmen entwickelt Arzneien mithilfe der KI, wozu unter anderem maschinelle Lernalgorithmen eingesetzt werden. Crowdstrike bietet Cybersicherheitslösungen an. Mit Hilfe der KI sollen virtuelle Angriffe besser erkannt und abgewehrt werden. In den Chiphersteller Advanced Micro Devices wird ebenfalls investiert. Einzig, wie bei allen Geldanlagen, können auch bei solchen Investments Verluste nicht ausgeschlossen werden.