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Wächst die Präsenz, steigt der Druck – und das Tempo  

Warum nur eine Woche lang? Warum nicht 365 Tage im Jahr? Und warum muss ausgerechnet bei Frauenthemen so oft ,gewartet‘ werden? Überlegungen zum 8. März.

Es ist die Woche der Frauen. Der Politiker*innen-Interviews zum Thema Equal Pay und Gendern. Der guten Unternehmen, die ihre Frauenquoten presseaussenden. Der Museen mit den speziellen Führungen zu Wissenschafterinnen, Vordenkerinnen und Avantgardistinnen. Der medizinischen Publikationen über und Apothekentipps für Frauengesundheit. Der kleinen Geschenke und Rabatte zum Shopping für Powerfrauen. „Säbelzahntigertag, Schnabeltiertag und Frauentag. Und täglich grüßt das Murmeltier“, fasste etwa Angelika Hager den alljährlichen Ausnahmezustand nicht ganz unsarkastisch im Nachrichtenmagazin profil zusammen. Sie merken eine gewisse Gereiztheit in meinem Ton?

Ja.

Denn viel lieber würde ich es sehen, wenn es das ganze Jahr so wäre wie in dieser einen Woche, in der man die Frauen ganz besonders in den Fokus rückt. Um gesellschaftlich etwas zu verändern, braucht es nämlich Kontinuität UND Permanenz. Weil es hier gut passt: Ich erinnere mich an eine Diskussion, die wir im Haus hatten, als wir unseren LinkedIn-sheconomy-Account änderten auf „SHEconomy. Die Wirtschaftsplattform für Frauen. 365 Tage im Jahr“. „Zu lang, zu sperrig“, waren da die Einwände (auch von mir) – und lustigerweise war es ein Mann im Team, Hermann Sporrer, der all seine Argumentationskünste ausfuhr, um uns zu überzeugen, dass dies der richtige Weg sei.

Es ist der richtige Weg. Fünf Erfahrungsjahre später weiß ich: Frauen brauchen vor allem Selbstverständlichkeit – und die lässt sich nur dann erreichen, wenn Werte wie Chancengleichheit, Entscheidungsfreiheit und faire Bezahlung daueranwesend sind. Also 365 Tage im Jahr. Behalten wir hingegen das aktuelle Tempo bei, dauert es weitere 280 Jahre, bis wir Gleichstellung erreicht haben. Oder zumindest 50 Jahre bis wir gleich bezahlt werden wie Männer – diese Daten stammen aus dem aktuellen „Work needs Women Report“, für den 14.000 Frauen in elf Ländern befragt wurden. So etwas muss nicht hingenommen werden.

Es gibt aber einen Hebel, den wir alle ansetzen können – das ist Präsenz. Wächst die Präsenz der zentralen Anliegen rund um Geschlechterparität, steigt der Druck und damit auch das Tempo.

Vor nicht allzu langer Zeit tauschte ich mit einer deutlich jüngeren Frau über die gesellschaftliche Entwicklung aus. Ich betonte, was sich gebessert habe in den letzten 30 Jahren: das allgemeine Standing, die Offenheit, mit der über viele Themen gesprochen wird, die Solidarität unter Frauen, das Role-Model-Phänomen oder die jüngere Männergeneration, die sich positiver einbringe als je eine Generation vor ihr. Sie erklärte mir, wie schlimm, wie „katastrophal“ alles sei – viel zu wenig geschehe, und das viel zu zögerlich. „Gesellschaft ist eine träge Masse, die sich nicht so leicht bewegen lässt wie Daten“, antwortete ich ihr. „Genau DAS ist es!“, rief sie. „Das Digitale hat dazu geführt, dass meine Generation es gewohnt ist, dass alles rasch geht – rasch ein Essen bestellt, rasch ein Buch gekauft, rasch Musik oder ein Film gestreamt, Flüge gebucht… ABER bei Frauen-Anliegen sollen wir jahrzehntelang warten?!?“

Stimmt. Warum eigentlich? Dass gesellschaftlicher Wandel nämlich sehr schnell gehen kann, hat uns die Lockdown-Phase während Corona gelehrt. Warum also weiter so lange warten? Nehmen Sie daher möglichst viele Themen, Gedanken, Werte und Zahlen von dieser Woche in Ihr restliches Jahr mit – laut und mit starker Stimme. Wie gesagt: Wächst deren Präsenz, steigt der Druck, Dinge ins Positive umzuwandeln, bleibt deren Präsenz, legt auch die Drehzahl zu. Let’s face it: Alles andere ist unzumutbar.


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Fotomaterial(c) Canva

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